Findet sich im Landtag Kläger gegen viele verkaufsoffene Sonntage? Viel Rückhalt in Mainz für Outlet-Extrawurst

Zweibrücken/Mainz · Von den sechs Landtagsfraktionen äußert sich auf Merkur-Anfrage nur eine kritisch dazu, dass das Zweibrücken Fashion Outlet zwölf verkaufsoffene Sonntage mehr haben darf als alle anderen Geschäfte in der Region.

 Die vielen Sonntags-Öffnungen des Zweibrücker Outlet-Centers ein Fall für das Verfassungsgericht? Diese OLG-Anregung stößt in Mainz auf viel Ablehnung.

Die vielen Sonntags-Öffnungen des Zweibrücker Outlet-Centers ein Fall für das Verfassungsgericht? Diese OLG-Anregung stößt in Mainz auf viel Ablehnung.

Foto: Lutz Fröhlich

Der Landtag nimmt den vom Pfälzischen Oberlandesgericht zugespielten Ball wohl nicht auf. Das OLG hatte am Donnerstag in einer Verhandlung angeregt, dass die Gegner der zwölf zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntage im „Zweibrücken Fashion Outlet“ eine Landtagsfraktion für eine Normenkontrollklage gegen die dies erlaubende Landesverordnung zu gewinnen versuchen.

Zunächst zum Hintergrund: Kommunen dürfen in Rheinland-Pfalz nur vier verkaufsoffene jährlich erlauben. Doch die 2007 vom damaligen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erlassene Rechtsverordnung erlaubt dem „Zweibrücken Fashion Outlet“, zusätzlich dazu an den (meist zwölf) Sonntagen in den Oster-, Sommer- und Herbstferien zu öffnen – also jährlich an insgesamt vier Mal mehr Sonntagen als alle anderen Geschäfte in der Region. Dagegen klagt ein Landauer Einzelhändler vor dem OLG. Die Zweibrücker Richter deuteten Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung an, insbesondere weil diese als Begründung für die Sonderregelung in den Ferien die Outlet-Nähe zum Flugplatz Zweibrücken nennt – wo allerdings der letzte Ferienflieger im Herbst 2014 (!) abhob. Die Zivilklage habe aber wahrscheinlich keine Aussicht auf Erfolg – denn der beklagte Outlet-Laden habe ja nur die Gesetzeslage befolgt, sein Öffnen könne schwerlich sanktioniert werden. Zudem würde selbst ein Urteil zugunsten des Klägers nur Wirkung für den Einzelfall entfalten, nicht für das gesamte Fabrikverkaufszentrum.

Weil in Rheinland-Pfalz nicht die direkt Betroffenen selbst (die in diesem Fall unlauteren Wettbewerb sehen) gegen die Outlet-Verordnung Normenkontrollklage beim Landes-Verfassungsgerichtshof einreichen können, hatte OLG-Vizepräsident Ulf Petry die Fraktionen als berechtigte Kläger ins Spiel gebracht. Doch: Auf Merkur-Anfrage stellt bislang keine Partei eine Klage in Aussicht. Lediglich eine Fraktion lässt sich diese Option noch offen.

Die gestellten Fragen an die Pressestellen der sechs Landtagsfraktionen, jeweils mit der Bitte um eine „kurze Begründung“:

„1.) Soll aus Ihrer Sicht die Verordnung mit den zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntagen für das Zweibrücken Fashion Outlet unverändert fortgesetzt, verändert oder aufgehoben werden? Sollen den Outlet-Geschäften also weiterhin mehr verkaufsoffene Sonntage als anderen Einzelhändlern erlaubt bleiben?“

„2.) Erwägt Ihre Fraktion eine Normenkontrollklage beim Verfassungsgerichtshof gegen die Verordnung?“

Hier die Antworten in der Reihenfolge der Größe der Fraktionen:

Für die SPD antwortet Fraktions-Pressesprecher Markus Kuhlen:

„1.) Zunächst handelt es sich um ein laufendes Verfahren. Daher gilt es, die endgültige Entscheidung des OLG und deren Begründung abzuwarten und dann in die Bewertung einfließen zu lassen. Grundsätzlich ist es so, dass eine etwaige Änderung der Verordnung der Landesregierung obliegt. Aus Sicht unserer Fraktion hatte und hat die Landesregierung die ausgewogene Durchführung der Verordnung stets im Blick. Innerhalb der Ampel-Koalition gibt es daher aktuell keine Bestrebungen, die Verordnung zum Ladenöffnungsgesetz zu ändern.“

„2.) Eine Normenkontrollklage erwägen wir nicht – sie erscheint in diesem Kontext auch nicht sinnvoll. Als regierungstragende Fraktion ist es naturgemäß unser Anspruch, Themen politisch zu bearbeiten und zu diskutieren.“

Für die CDU schreibt der „Leiter des Zukunftsfelds Wirtschaft, Verkehr und Arbeit“, Helmut Martin:

„Die CDU-Landtagsfraktion verfolgt natürlich intensiv die Entwicklung vor Ort. Es gilt nun, die Gerichtsentscheidung abzuwarten. Auf dieser Basis werden wir die Sachlage dann in der Landtagsfraktion beraten. Unabhängig davon ist es Aufgabe der Landesregierung als Verordnungsgeber, einen Interessenausgleich ohne teure und aufwendige Gerichtsverfahren herbeizuführen.“

Für Die Grünen mailt Fraktions-Pressesprecher Florian Sparwasser:

„Mit Blick auf den Schutz des Sonntags sind wir als GRÜNE Fraktion gegen eine weitere Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage. Über die Klage des Ladenbesitzers in Zweibrücken hat das Gericht zu befinden.“

Da eine weitere Ausweitung bislang nicht zur Debatte stand, hakte der Merkur noch einmal nach, wie denn die Position der Grünen zu einer Einschränkung der bereits existierenden zusätzlichen zwölf Outlet-Sonntage ist; eine Antwort blieb aus.

Die AfD antwortete überhaupt nicht auf die am frühen Freitagmorgen gemailte Merkur-Anfrage.

Für die FDP erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Steven Wink:

„1.) Die FDP-Fraktion setzt sich grundsätzlich dafür ein, Einzelhändlern zusätzliche verkaufsoffene Sonntage zu ermöglichen. Dies soll aus unserer Sicht aber im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern geschehen. Um dies zu ermöglichen, werden politische Mehrheiten benötigt. Diese gibt es derzeit im rheinland-pfälzischen Landtag nicht. Gleichzeitig wissen wir auch um den hohen verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags. Aktuell gibt es innerhalb der Koalition im Landtag keine Bestrebungen, die zugrundeliegende Durchführungsverordnung des Ladenöffnungsgesetzes zu ändern.“

„2.) Nein. Eventuelle Änderungen der Verordnung oder des Ladenöffnungsgesetzes würden wir politisch diskutieren und entscheiden. Als Teil einer Regierungskoalition ist es unüblich, Gesetze und Verordnungen auf dem gerichtlichen Wege prüfen zu lassen.“

Für die Freien Wähler antwortet der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Wefelscheid:

„1.) Der Landtag hat sich zuletzt intensiv mit der Frage befasst, wie insbesondere nach den Lockdowns die Innenstädte von Mittel- und Oberzentren wieder attraktiver für Besucher werden können. Die in diesem Zusammenhang durchgeführte Expertenanhörung kam aus meiner Sicht auch zu dem Ergebnis, dass der stationäre innerstädtische Einzelhandel nur überleben kann, wenn in den Innenstädten so angenehm und einfach eingekauft werden kann, wie dies ,auf der grünen Wiese‘ möglich ist. Da hinsichtlich des Parkraumangebotes und der Verkaufsfläche des Einzelhandels in den Innenstädten in der Regel eh schon ein Nachteil gegenüber Fashion-Outlet-Centern besteht, sollten wenigstens die Ladenöffnungszeiten nicht noch zum Nachteil des innerstädtischen Einzelhandels ausfallen. Ich erachte es daher als geboten, die Anzahl an verkaufsoffenen Sonntagen im ganzen Land einheitlich zu handhaben.“

„2.) Wir werden das Thema zunächst einmal zum Gegenstand der parlamentarischen Beratung machen. Ein diesbezüglicher Berichtsantrag für den nächsten Wirtschaftsausschuss ist bereits auf dem Weg.“

Das Mainzer Arbeitsministerium hatte bereits im Samstags-Merkur erklärt, zwar zu prüfen, ob die Verordnung bleibt oder nicht (dies hatte das OLG angemahnt) – allerdings erst, wenn das Raumordnungsverfahren für die Outlet-Erweiterung und das Planfeststellungsverfahren für die Verlängerung der S-Bahn-Strecke vom Raum Heidelberg über Homburg nach Zweibrücken abgeschlossen sind. Dabei sollten dann auch die Auswirkungen dieser beiden Projekte auf die Outlet-Arbeitsplätze berücksichtigt werden. OLG-Richter Petry allerdings hatte erklärt, Arbeitsplätze könnten wegen des verfassungsrechtlich sehr hohen Schutzes der Sonntagsruhe kein Prüfkriterium sein.

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