Neue Folkmusik Johnny Cash trifft Bonnie Prince Billy

✮✮✮✮✮✮ Die drei Schotten überzeugen mit verschiedenen Neu-Interpretationen.

 Three Queens in the Mourning - „Hellow Sorrow, Hello Joy“

Three Queens in the Mourning - „Hellow Sorrow, Hello Joy“

Foto: Textile Records

Schon der Einstieg bezaubert augenblicklich. Die wabernden, bedrohlichen, repetitiven Klänge von „Stablemate“ werden von Jill O’Sullivans glasklarer Stimme gen Brit-Folk-Himmel getragen. Ein männliches Stimmen-Trio sorgt für tolle Gegenpole, ein präziser Saiten-Exzess reibt das ganze stimulierend auf.

Es war definitiv zu erwarten, dass dieses Album groß wird. Schließlich sind Three Queens In Mourning & Bonnie Prince Billy für jeden Folk-Liebhaber schon auf dem Papier eine extrem vielversprechende Zusammenkunft. Drei schottische Genre-Ikonen plus Lieblings-Songschmied – was sollte da schon schief gehen? „Lost Blues“ betört Streicher, veredelt, mit Besen-Schlagzeug und riesengroßer Hingabe. Der Hörer spürt, dass Alex Neilson (von den Trembling Bells, Schlagzeug und Gesang), Alasdair Roberts (Gitarre und Gesang) und Jill O’Sullivan (von Jill Lorean, Geige und Gesang) leidenschaftliche Fans des Mannes aus Kentucky sind. So interpretieren sie jedes Lied des Verehrten mit infizierender Wucht und Ehrfurcht gleichermaßen. „Madelaine Mary“ geriet zu treibendem Folk-Rock, der an die britische Band Fairport Convention gemahnt, „No More Workhouse Blues“ wiederum atmet den Schwermut des Originals. Kein Wunder, denn hier dominiert ausnahmsweise einmal der stimmliche Beitrag des Songschreibers. „No Such As What I Want“ ist mit seiner Geigen-Magie beinahe schon schmerzhaft intensiv. Anschließend kommt das bekannteste – weil von Johnny Cash gecoverte – „I See A Darkness“ zum Zuge. Vergleiche zum Original oder zur Cash-Variante sind müßig, dieser Klassiker steht als überragendes Statement für sich. Hier erlebt er ein erstaunliches Streicher-Upgrade und die Dynamik von vier sehr charismatischen, sehr unterschiedlichen Stimmen – gänsehauttreibend.

Fünf weitere Bonnie Prince Billy-Covers überzeugen restlos in fantastischen Neu-Interpretationen. Danach revanchiert sich der Prinz (der eigentlich Will Oldham heißt) mit je einem Cover seiner innigen Huldiger: Roberts’ „Coral & Tar“ und der Trembling Bells’ „Coward’s Song“ gelingen prächtig, „Dead Man’s Island“ unterbricht den fabelhaften Flow von „Hellow Sorrow, Hello Joy“ (Textile) mit einem allzu glatten Arrangement kurzfristig. Anschließend darf das Album mit „Wild Dandelian Rose“ fröhlich klimpernd, schrammelnd und orgelnd ausschunkeln. Dass die drei Schotten nicht erst für die Aufnahmen zu diesem Dream-Team-Meisterwerk zusammen fanden, sollte erwähnt werden. Seit einer Tour-Begleitung für Bonnie Prince Billy 2018 trifft man sich regelmäßig. Welch großes Glück für jeden Folk-Anhänger!

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