"Wir kommen schneller aus der Krise als andere"

Saarbrücken. Keine Atempause. Peter Müller braucht sie, will sie nicht. Zum Bilanzziehen ist er gestern zum Redaktionsgespräch der Saarbrücker Zeitung gekommen. Nächsten Mittwoch jährt sich erstmals die Amtszeit der Jamaika-Regierung, der der 55-jährige als Ministerpräsident vorsteht. Nein, überraschend wird man sein Resümee kaum nennen können

 Ministerpräsident Peter Müller gestern beim Redaktionsgespräch der Saarbrücker Zeitung. Foto: Robby Lorenz

Ministerpräsident Peter Müller gestern beim Redaktionsgespräch der Saarbrücker Zeitung. Foto: Robby Lorenz

Saarbrücken. Keine Atempause. Peter Müller braucht sie, will sie nicht. Zum Bilanzziehen ist er gestern zum Redaktionsgespräch der Saarbrücker Zeitung gekommen. Nächsten Mittwoch jährt sich erstmals die Amtszeit der Jamaika-Regierung, der der 55-jährige als Ministerpräsident vorsteht. Nein, überraschend wird man sein Resümee kaum nennen können. "Es gibt keine Krise der Koalition. Sie ist und bleibt handlungsfähig", sagt der CDU-Politiker - mit Nachdruck. Trotz aller Personal-Querelen beim liberalen Bündnispartner. Dass es just mit dem bürgerlichen Kompagnon schwerer werden könnte als mit den Grünen: Müller ahnte es vor Jahresfrist. Doch zu den "internen Problemen" schweigt er öffentlich beharrlich.

Die im Lande - durchaus auch in CDU-Reihen - kritische Wahrnehmung des schwarz-gelb-grünen Bündnisses ficht ihn anscheinend wenig an. Im ersten Jahr hätten CDU, FDP und Grüne sich zügig an die Umsetzung des Koalitionsvertrages gemacht, eröffnet Müller seine Rechnung. Wesentlich der Bildungsbereich zähle dazu: "Da sind wir erheblich voran gekommen". Zwar sei das höchst umstrittene fünfte Grundschuljahr gescheitert. Aber man habe die Ganztagsklassen ausgebaut, das Konzept gebundener Ganztagsschulen auf den Weg gebracht, das Kooperationsjahr zwischen Kindergarten und Grundschule eingeführt. Quasi für jedes Lern- und Ausbildungsalter etwas getan. Am oberen Ende markierten die Globalhaushalte der Hochschulen die Anstrengungen.

Selbst den Wegfall der Studiengebühren habe man "voll kompensiert, ohne die Schuldenbremse in Frage zu stellen", betont Müller. "Einen Kraftakt" nennt er dieses Projekt der Grünen allerdings auch, welches die Einführung der Uni-Abgabe durch die frühere CDU-Alleinregierung konterkarierte. Vor allem aber, so Müller, "haben wir die demographische Rendite komplett im Schulsystem belassen." Will meinen, trotz zurückgehender Schülerzahlen soll nicht bei den Lehrerstellen gestrichen werden.

Dazu gehe es mit der Wirtschaft nun spürbar aufwärts, unterstreicht der Ministerpräsident: "Knapp fünf Prozent Wachstum im Land, zwei Prozent mehr als im Bund." Gewiss profitiere man "als stark Export-abhängiges Land" von der gesamtwirtschaftlichen Genesung, räumt er ein. Die Landesregierung habe aber auch richtig agiert - etwa in puncto Kurzarbeitergeldregelung. So gelte es festzuhalten: "Wir kommen schneller aus der Krise als andere".

Zudem stehe noch die Umsetzung des "Masterplans Energie" als großes Jamaika-Projekt an. Auf 20 Prozent soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtenergiegewinnung im Lande bis 2020 wachsen. "Ein hoch ambitioniertes Ziel", sagt Müller, gerade für das traditionelle Energie- und Industrieland Saarland. Zudem wachse auch beim eigentlich doch positiv besetzten Thema erneuerbare Energien mehr und mehr Widerstand, wenn es um die konkrete Umsetzung gehe, wenn tatsächlich irgendwo Windrotoren errichtet werden sollen. Eben da liege eine der großen Chancen der schwarz-gelb-grünen Allianz, meint Müller. "Einer Regierung, bei der man weder fürchten muss, dass sie ökologische noch ökonomische Aspekte vernachlässigt, vertraut man bei solche Vorhaben eher." So bleibe Jamaika "ein Modellfall auch für andere Bundesländer", betont der Ministerpräsident. "Außerhalb sagt man, es läuft doch", hält er Kritikern im Lande entgegen. Darum will er auch nichts von Amtsmüdigkeit oder gar Aufhören hören. Oder einem Wechsel zum Bundesverfassunggericht nach Karlruhe. Sicher, das Richteramt habe ihm große Freude gemacht. "Früher" am Saarbrücker Landgericht, betont er - mehr aber auch nicht.

Alles bestens also? Nun, selbstredend kann auch Peter Müller die Kritik nicht leugnen. Ob es nun um den Protest gegen die Kürzungen im Sozialetat geht oder das Minus bei der Beamtenversorgung und die schlechtere Besoldung der Junglehrer. Die Zwänge der Schuldenbremse, argumentiert die Landesregierung, machen solche Einschnitte nötig. Und Müller ist überzeugt, dass man aus dieser ewigen "Schuldenspirale" raus müsse. Andererseits lässt die Schuldenbremse, die Jahr für Jahr 80 Millionen Euro Einsparungen fordert, weitere harte Schnitte befürchten. "Natürlich werden wir nicht jedes Jahr bei den Beamten sparen", entgegnet Peter Müller. Doch wo sonst wird dann der Rotstift angesetzt werden? Die Haushaltsstrukturkommission stelle dazu derzeit Vergleiche zu anderen Bundesländern an, antwortet der Regierungschef. Näher will er sich aber auch dazu nicht äußern. Ist sich aber gewiss, dass auch der Wähler irgendwann sehen werde, "dass das Projekt Jamaika gar nicht so schlecht für das Land ist".

Und die Opposition "stellt ohnehin keine Herausforderung dar", teilt er noch in Richtung der politischen Gegner aus. "Keine 30 Sekunden hat sich die Landesregierung bei der Haushaltsdebatte vergangene Woche unter Druck gefühlt", lässt Müller wissen.

Da könnte seine eigene Partei schon die größere Herausforderung sein. Wie die nämlich das erste Jahr der Jamaikaner sieht, wird der CDU-Landesvorsitzende Peter Müller spätestens Samstag kommender Woche genau wissen - wenn der Landesparteitag der CDU in Schmelz ansteht. "Keine

30 Sekunden hat sich die

Landes- regierung bei der Haushalts-

debatte unter Druck gefühlt."

Ministerpräsident Peter Müller

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