Zahl nimmt immer weiter zu Immer mehr Deutsche haben noch einen Nebenjob

Berlin · Immer mehr Deutsche können ihr Einkommen nicht mehr mit einem Job alleine erreichen. Sie müssen deshalb auch zu einem Nebenjob greifen.

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Foto: dpa-tmn/Mascha Brichta

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) stieg im Zeitraum der vergangenen 15 Jahre die Zahl der Mehrfachbeschäftigten von knapp 1,4 Millionen auf rund 3,4 Millionen Mitte vergangenen Jahres an. Im Saarland steig die Zahl der Beschäftigten mit Nebenjob innerhalb von 15 Jahren von 15 776 auf 37 436.

Zuvor hatte die Linke im Bundestag eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Zum Vergleich: Mitte 2017 waren es noch rund 150 000 weniger. Der Anstieg von 1,4 auf 3,4 Millionen vollzog sich im Zeitraum von Ende Juni 2003 bis Ende Juni 2018. Die häufigste Kombination ist mit rund 2,9 Millionen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens einem Minijob. In knapp 330 000 Fällen wurden mindestens zwei sozialversicherungspflichtige Jobs kombiniert.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, sagte zu den Ergebnissen: „Für immer mehr Beschäftigte reicht das Einkommen aus einem Job nicht mehr aus.“ Sie meinte: „Der überwiegende Teil dürfte aus purer finanzieller Not mehr als einen Job haben und nicht freiwillig.“

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Nebenjobber im Schnitt in ihrem Hauptjob deutlich weniger verdienten als Menschen ohne Nebenjob. Nach einer Studie des Instituts bekommen Nebenjobber demnach in ihrer Hauptbeschäftigung im Schnitt etwa 570 Euro im Monat weniger als Personen mit nur einem Job. IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber betont: „Das deutet darauf hin, dass relativ viele Nebenjobber auf das zusätzliche Geld angewiesen sind.“ Das treffe aber nicht auf alle zu.

Zweitjobs kämen nicht nur in bestimmten Branchen, bei bestimmten Personen oder im Fall bestimmter Motive vor, sagte Weber. „Nebenjobs streuen breit.“ Bei der Kombination einer sozialversicherungspflichtigen Stelle mit einem Minijob sind 28,5 Prozent der Zweitjobs in allgemeinen Dienstleistungsberufe.

Nach Angaben der IAB-Studie gibt es neben finanziellen Motiven auch andere Gründe für einen Zweitjob, etwa den Hauptjob um Tätigkeiten zu ergänzen, die Spaß machen oder Prestige einbringen. „Beispiele sind der Uniprofessor, der als Berater in Wirtschaft oder Politik tätig ist, oder der Fließbandarbeiter, der abends gegen Entgelt Konzerte mit der Band gibt.“ Der erste Minijob im Nebenjob sei für den Arbeitnehmer komplett steuer- und abgabenfrei, so Weber. „So eine starke Subvention möchten dann natürlich ganz verschiedene Personen nutzen.“

Linken-Politikerin Zimmermann fordert: „Minijobs müssen in sozialversicherungspflichtige existenzsichernde Beschäftigung überführt werden.“ IAB-Forscher Weber wies auch auf Nachteile der Begünstigung von Nebenjobs hin. Für diese Jobs werde meist nicht in die Rentenkasse eingezahlt, sie trügen nicht zur Alterssicherung bei.

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