Verkehrsentwicklung/Kommunalpolitik Initiative warnt vor Messe-Verkauf

Saarbrücken · Wenn der Stadtrat dem Verkauf des Geländes am Deutschmühlental zustimmt, wird es keine Südumfahrung geben.

 Die Südumfahrung würde durchs Deutschmühlental, links das Calypso-Bad, führen.

Die Südumfahrung würde durchs Deutschmühlental, links das Calypso-Bad, führen.

Foto: BeckerBredel

Sie war eine Weile still, die Initiative Südumfahrung. Dass sie sich am Wochenende nach langem Schweigen wieder zu Wort gemeldet hat, liegt an einem Tagesordnungspunkt, den der Saarbrücker Stadtrat am Dienstag  im nichtöffentlichen Teil seiner ersten Sitzung in diesem Jahr behandelt. „Grundstücksangelegenheiten“ heißt es da unter Punkt 23. Dahinter verbirgt sich der Verkauf des ehemaligen Messegeländes an einen Investor. Aus Sicht der Initiative wäre es ein großer Fehler, wenn der Stadtrat diesem Plan der Stadtverwaltung zustimmt. Die Stadtverwaltung ist von ihrem Plan begeistert. Durch den Verkauf der 80 000 Quadratmeter großen Fläche an einen Investor soll nicht nur viel Geld in die Stadtkasse fließen, erklärt der Chef der städtischen Wirtschaftsförderun, Sebastian Kurth – ohne jedoch Zahlen zu nennen. Vor allem sollen durch den Investor Firmen angesiedelt werden, die Gewerbesteuer zahlen und rund 250 Arbeitsplätze schaffen (die SZ berichtete).

Die CDU-Stadtratsfraktion hatte sich bereits in der Ratssitzung Ende 2018 gegen den aus ihrer Sicht zu eilig vollzogenen Verkauf der Fläche ausgesprochen. Die FDP-Stadtratsfraktion hat bei ihrem Neujahrsempfang Mitte Januar für eine Nord- und Südumfahrung geworben, weil die allemal besser sei zur Lösung der Saarbrücker Verkehrsprobleme als ein Tunnel in der Innenstadt. Ähnlich hatte  in den vergangenen Jahren auch das Saarbrücker Bürgerforum argumentiert.

Eine Straße, die die Stadtautobahn vom Messegelände aus mit der Frankreich-Autobahn an der Goldenen Bremm verbinden und somit die Innenstadt entlasten könnte, sei aber nur machbar, wenn zumindest Teile des ehemaligen Messegeländes zum Bau dieser Straße zur Verfügung stehen, sagt die Initiative Südumfahrung. Deshalb weist die Initiative nun kurz vor der Stadtratsentscheidung darauf hin, „dass mit dem Verkauf und der vollständigen Nutzung des Messegeländes als Gewerbegebiet die von uns propagierte Südumfahrung als Alternative zu dem gescheiterten Tunnelprojekt  nicht mehr realisierbar sein wird“. Denn: „Der hintere Teil des Messegeländes würde zum Anschluss der Süd­umfahrung an die A 620 benötigt.“ Ein Stadtautobahn-Tunnel in der Innenstadt löse die Verkehrsprobleme Saarbrückens nicht, sagt die Initiative, der Friedrich von Oppeln, Wilfried Voigt, Wolfgang Grimm, Norbert Mendgen, Reinhard Wilhelm und auch der ehemalige Amtsleiter für Bauaufsicht, Planung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Regionalverband, Walter Delarber, angehören. Die Kapazität eines Tunnels reiche nicht „für die Aufnahme des jetzigen Verkehrs, geschweige denn des für die Zukunft vorausgesagten Verkehrs aus“, schreibt die Initiative in einem Brief an den Stadtrat. Die Lärmbelästigung der an der Saar liegenden Wohngebiete werde durch ihn nicht verringert. Während der Bauzeit des Tunnel entstünde in der Stadt „ein viele Jahre andauerndes Verkehrschaos mit Nachteilen für Bürger und Gewerbetreibende“.

Die Südumfahrung, im städtischen Verkehrsentwicklungsplan als „große Südumfahrung“ bezeichnet, nähme den Durchgangsverkehr vollständig auf, dazu einen Teil des innerstädtischen Verkehrs aus der Stadt, sagt die Initiative. „Sie würde das Deutschmühlental weitgehend intakt lassen und könnte ohne Belästigung der Innenstadt gebaut werden“, argumentieren die sechs Männer. „Egal wie man zur Idee einer Südumfahrung steht, mit dem Verkauf des Messegeländes wird eine noch gar nicht über sie geführte Diskussion vorzeitig beendet“, heißt es in dem Brief.

Die Stadtverwaltung hatte die Diskussion allerdings bereits Mitte 2014 für beendet erklärt. „Die Südumfahrung würde vom Verkehr angenommen, aber von Verkehr, der nicht in die Innenstadt will“, heißt es in einer „internen Untersuchung“. Die Stadt kam zu dem Schluss: Die Südumfahrung wäre baulich und finanziell eine mindestens so große Herausforderung wie ein Stadtautobahntunnel – und sie würde eher Verkehr „anlocken“ als vermeiden. Die damalige Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer befürchtete, dass Fernverkehr, der bisher das Neunkircher Kreuz nutzt, dann durchs Deutschmühlental rolle und Saarbrücken zusätzlich belaste.

Die Initiative Südumfahrung verweist derweil auf eine Stellungnahme der Architektenkammer des Saarlandes (AKS) aus dem Herbst. Die AKS teilte damals mit, dass sie „dem Verkauf des Saarbrücker Messegeländes an den meistbietenden Investor kritisch gegenübersteht“. Das Gelände soll nach Ansicht der Kammer „in stadtplanerischer Hinsicht zukunftsfähig entwickelt und vermarktet werden“. Die Einnahmen aus dem Verkauf seien zwar „leicht verdientes Geld für die Landeshauptstadt, das aber genauso leicht auch wieder ausgegeben ist“. Mit einer nachhaltigen Entwicklung des Geländes könne aber „ein Mehrwert für die Bürger der Stadt geschaffen werden“. „Saarbrücken braucht nicht noch ein Möbelhaus“, sagte AKS-Präsident Alexander Schwehm. „Die Stadt muss die Kontrolle darüber behalten, wie das Messegelände entwickelt wird.“ Und auch die AKS sah die Gefahr, dass mit dem Verkauf das Thema Südumfahrung vom Tisch ist.

 Die Kontrolle behalten werde die Stadt. Und es werde auch kein Möbelhaus angesiedelt, versicherte der städtische Wirtschaftsförder Sebastian Kurth im SZ-Gespräch. Es gehe um Gewerbe- und Industriebetriebe. Und der Stadtrat sei in die Suche nach einem Investor eingebunden gewesen. Die Stadtverwaltung gehe also davon aus, dass im Rat eine Mehrheit für den Verkauf zustandekommt.

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