Polizeireform vor der Nagelprobe

Saarbrücken · Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Reform der Polizei vor ihrer Bewährungsprobe. Wenn das Interventionskonzept für die Inspektionen scheitere, „haben wir ein Problem“, sagt GdP-Landeschef Schmitt.

. "Akute Personalnot und andauernde Einsatzbelastung auf höchstem Niveau", so beschreiben Reinhold Schmitt, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), und sein Stellvertreter Ralf Porzel die aktuelle Lage der Saar-Polizei, die derzeit noch 2740 Beamte zählt. Vier aktuelle Mordkommissionen, mehrere Sonderermittlungsgruppen und fast wöchentlich Großeinsätze bei Fußballspielen bringen den Sicherheitsapparat an die Grenze seiner Belastbarkeit. Zudem steht in den nächsten Wochen die Umsetzung der letzten, aber entscheidenden Schritte der am 1. März 2012 gestarteten Neuorganisation der Polizei ins Haus.

Schmitt und Porzel sehen die Reform, an deren Modell die GdP maßgeblich mitgearbeitet hat, vor einer echten Bewährungsprobe. "Wenn das scheitert, dann haben wir ein Problem", sagt der Gewerkschaftschef und verweist auf das Interventionskonzept, das ab Oktober für den Bereich der Inspektionen umgesetzt werden muss.

Seit der Neuorganisation gibt es elf sogenannte A-Inspektionen, die auch künftig rund um die Uhr besetzt sind, und neun B-Inspektionen. In diesen Dienststellen (Alt-Saarbrücken, Brebach, Köllertal, Bous, Dillingen, Wadern, Nohfelden-Türkismühle, Illingen und Blieskastel) werden pensionierte Beamte nicht mehr ersetzt, da bis zum Jahr 2020 insgesamt 300 Beamtenstellen im Polizeidienst eingespart werden müssen. In der Konsequenz bedeutet dies: Die B-Inspektionen werden - je nach Dienstplan und Einsatzlage - an einzelnen Tagen zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens nicht mehr besetzt sein. Dieser Fall kann durchaus in einigen Regionen bereits im letzten Quartal 2013 eintreten. Denn der Personalabbau in den B-Inspektionen schreite schneller voran als geplant, so Schmitt.

Benachbarte Dienststellen müssen künftig nach einem bestimmten Interventionsplan dafür sorgen, dass in dem Bereich der nachts geschlossenen Inspektionen stets Einsatzkräfte unterwegs sind. Bei einem Notruf aus dem Zuständigkeitsbereich dieser Reviere, der ohnehin in der Saarbrücker Führungs- und Lagezentrale aufläuft, kann die Zentrale dann den mit GPS-ausgestatten Streifenwagen, der dem Einsatzort am nächsten ist, beauftragen. Auch Kommandos der Bereitschaftspolizei sollen nach dem Interventionskonzept die Inspektionen unterstützen.

Die Neuorganisation nach diesem Modell bietet aus GdP-Sicht auch die Chance für Gestaltungsspielräume bei den Arbeitszeitregelungen.

"Wir müssen abwarten, ob es funktioniert, wenn nicht, müssen wir uns verändern", meint Schmitt zu dem Interventionsmodell, das der Personalnot geschuldet ist. Die personelle Unterbesetzung in einigen Großdienststellen sei derzeit "nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich". So fehlten etwa in Neunkirchen 19 Beamte, in der Saarbrücker Karcher Straße elf, und auch in Burbach klafften Lücken. Anfang Oktober sollen junge Kräfte, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, nachrücken.

Schmitt und sein Stellvertreter Porzel plädieren nachdrücklich dafür, dass im ersten Quartal 2014 die Personalausstattung der einzelnen Dienststellen und auch der Direktionen im Präsidium wieder auf den Prüfstand kommt. Die GdP gehe davon aus, dass von den 300 bis 2020 einzusparenden Stellen je die Hälfte zu Lasten der Dienststellen in der Fläche und den Direktionen im Präsidium geht. "Es darf nicht passieren, dass eine Seite mehr bringen muss", so Schmitt. Die Konsequenz wäre die Schließung von Dienststellen.

Der Gewerkschaftschef und Hauptpersonalrat spricht hier von der Nagelprobe der Reform. Und er verweist darauf, dass insbesondere aus "Sicht der operativen Ebene" in den Direktionen des Präsidiums die Bereiche für Grundsatzarbeit, Strategie und Fachaufsicht verhältnismäßig stark besetzt sind. Beim Start der Reform seien diese Stabsstellen sicher wichtig, so Schmitt, es sei aber zu hinterfragen, ob diese auf Dauer notwendig seien: "Wenn der Laden läuft, brauchen wir dort nicht mehr so viele Leute."

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