Hochwaldbahn Zoff um Leuchtturmprojekt im Hochwald

Türkismühle · Bürger-Initiative erneuert Kritik am geplanten Radweg zwischen Türkismühle und Bierfeld auf stillgelegter Bahntrasse.

 Ein Schienenbus auf der Hochwaldbahn. Noch bis ins Jahr 2012 wurde die Strecke im Güter- und Museumsbahnverkehr befahren. Bald soll das verbliebene Gleis herausgerissen und ein Freizeitweg gebaut werden.

Ein Schienenbus auf der Hochwaldbahn. Noch bis ins Jahr 2012 wurde die Strecke im Güter- und Museumsbahnverkehr befahren. Bald soll das verbliebene Gleis herausgerissen und ein Freizeitweg gebaut werden.

Foto: meyer/hochwaldbahn

„Die Aussage aus dem Bundesumweltministerium zeigt, dass ein Radweg auch parallel zur Bahn oder sogar ohne die Bahntrasse möglich ist.“ Das sagt Erhard Pitzius, Sprecher der Bürger-Initiative Plattform Mobilität SaarLorLux, die eine entsprechende Anfrage an das Bundesumweltministerium gestellt hatte. Die Plattform Mobilität kämpft gemeinsam mit der Bürgerinitiative (BI) Bahn + Rad im Hochwald und der Interessengemeinschaft (IG) Nationalparkbahn für den Erhalt des saarländischen Abschnitts der Hochwaldbahn. Und die Antwort aus dem Ministerium widerspricht laut Pitzius der Aussage der Projektplaner, wonach es Fördergelder vom Bund aus dem Programm „Klimaschutz durch Radverkehr“ nur dann geben könne, wenn der Radweg komplett auf der ehemaligen Bahntrasse verliefe – und daneben eben keine Bahn fahre.

Zum Hintergrund: Der Landkreis St. Wendel plant, gemeinsam mit den drei Anliegerkommunen und unterstützt vom Land, einen Freizeit- und Alltagsradweg zu bauen. Der führt von Freisen über Nohfelden bis Nonnweiler-Bierfeld – über eine stillgelegte beziehungsweise teilentwidmete Bahntrasse, die umgangssprachlich als Hochwaldbahn bezeichnet wird. Wobei die Gleise auf dem Gebiet der Gemeinde Freisen bereits vor längerem komplett herausgerissen wurden.

Anders zwischen Türkismühle und Bierfeld, beziehungsweise dem knapp hinter der Landesgrenze gelegenen Hermeskeil. Auf diesem ehemals zweigleisigen Teilstück liegt noch ein Gleis – samt Weiche im Bahnhof Türkismühle. Und das soll, geht es nach den Befürwortern eines parallel geführten Bahn- und Radwegs, auch so bleiben. Damit die Bahnstrecke 3131 für einen Tourismusverkehr beziehungsweise einen regulären Schienenpersonennahverkehr reaktiviert werden kann. Doch die Chancen dafür schwinden. Denn kürzlich haben die Bürgermeister der drei betroffenen Kommunen mit der Naturland Ökoflächen-Management GmbH (ÖFM) Erbbaurechtsverträge abgeschlossen.

Die ÖFM hatte zuvor die Trasse von der Bahn gekauft und wird nun alsbald damit beginnen, das noch vorhandene Gleis herauszureißen. Dann wird das komplette Planum asphaltiert. Im Herbst 2022 soll der von der Landesregierung im Koalitionsvertrag als Leuchtturmprojekt klassifizierte Weg fertig sein. Kalkulierte Gesamtkosten: 9,3 Millionen Euro. Geld, mit dem nach Ansicht der Befürworter eines Nebeneinanders von Bahn und Rad wertvolle Infrastruktur zerstört wird. Von einem Unternehmen, dessen Ziel eher die Ent- statt die Versiegelung von Flächen sein sollte.

Dass es nicht nur eine Handvoll Menschen sind, die das so sehen, zeigt eine Unterschriftensammlung der BI Bahn + Rad: 1300 Menschen haben sich per Signatur dafür ausgesprochen, dass die Schienen erhalten bleiben und der Radweg dort gebaut wird, wo früher das zweite Gleis lag. Beispiele, wo ein derartiges Nebeneinander problemlos realisiert wurde, gibt es etwa in Bayern, Baden-Würtemberg oder Thüringen – finanziell gefördert von der Europäischen Union. Doch im Nordsaarland soll das nicht möglich sein. Denn, wie Radwegplaner Bernd Zollhöfer vom Velo-Büro Saar kürzlich in einer Diskussionsrunde zum Freizeitweg anmerkte: „Wenn ich den Radweg parallel zur Bahn führe, dann liegt dieser ein paar Zentimeter tiefer als die Bahn und dann ist der Radweg nicht mehr barrierefrei.“

Dieses Argument scheint Pitzius von der Plattform Mobilität an den Haaren herbei gezogen. Falsch sei zudem die Aussage aus dem St. Wendeler Landratsamt, wonach das Bundesumweltministerium den Wegebau mit fünf Millionen Euro bezuschussen werde. Denn „da sich die Anträge aktuell in der Prüfung befinden, kann auch noch keine Aussage über die Höhe einer möglichen Bundeszuwendung getroffen werden“, beantwortet der im Bundesumweltministerium zuständige Referatsleiters Sven Reinhardt schriftlich die Anfrage der Plattform Mobilität.

Und es gibt weitere Kritikpunkte: Beispielsweise moniert die BI Bahn + Rad, dass nie auch nur erwogen worden sei, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, um zu eruieren, ob ein Nebeneinander von Bahn und Rad auf diesem Teilstück Sinn macht – oder eben nicht. Gerade auch hinsichtlich der Tatsache, dass sich das Nordsaarland mit Bostalsee, Nationalpark, Center-Parc und Naturpark mehr und mehr zum saarländischen Tourismus-Zugpferd entwickele. „Eine Überprüfung der Möglichkeiten, die in dieser Strecke stecken, hat nie stattgefunden“, moniert die ehemalige Linken-Landtagsabgeordnete und Sprecherin der BI Bahn + Rad, Heike Kugler. Eine solche Studie sei sogar kategorisch abgelehnt worden, „meist mit unwahren Behauptungen“. Von einem „Spiel mit falschen Karten“ war gar die Rede.

Doch für Radweg-Planer Zollhöfer ist die geforderte Machbarkeitsstudie schlicht Unsinn: „Die Idee der Reaktivierung ist so utopisch, dass es überhaupt keinen Sinn gemacht hat, dafür Geld in die Hand zu nehmen.“

9,3 Millionen Euro soll der geplante Radweg laut Landratsamt kosten. Fünf Millionen sollen vom Bund kommen, drei vom Land und 600 000 Euro vom Landkreis. 700 000 Euro sind von den drei Kommunen zu tragen, wobei das Innenministerium 50 Prozent übernehme.

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