Die Tradition hat kaum noch Anhänger

Völklingen · Aschermittwoch, Beginn der Fastenzeit: Das war einst ein wichtiger Termin im Jahr. Heute offenbar nicht mehr – Völklingern, die wir gefragt haben, bedeutet die Fastenzeit kaum etwas. Allenfalls einen Anlass, etwas für schlanke Linie oder Gesundheit zu tun.

 Althea Vernier, Mitarbeiterin in einem Völklinger Naturkostladen, zeigt Kräutertee und Saft, die zum Fasten dienlich sein sollen. Oder eher zum Abnehmen? Bei unserer Umfrage merkten wir, dass hier die Grenzen rasch verschwimmen. Foto: Becker & Bredel

Althea Vernier, Mitarbeiterin in einem Völklinger Naturkostladen, zeigt Kräutertee und Saft, die zum Fasten dienlich sein sollen. Oder eher zum Abnehmen? Bei unserer Umfrage merkten wir, dass hier die Grenzen rasch verschwimmen. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Gestern, am Aschermittwoch, hat die traditionelle Fastenzeit begonnen. Sie hat ihren Ursprung in christlichen Überlieferungen (siehe "Hintergrund"). Wir haben uns in Völklingen umgehört und gefragt, ob die Menschen fasten und aus welcher Motivation heraus.

"Ich persönlich mag nicht mehr fasten", sagt Thorsten Speicher aus Völklingen . "Um etwas abzunehmen, habe ich das früher mal gemacht. Aber das ist mir dann doch zu radikal." Der 40-jährige Garten- und Landschaftsbauer findet eine Fastenzeit nicht notwendig, um sich etwas vorzunehmen, und verwirklicht seine Anliegen immer sofort.

René Goebel aus Gersweiler glaubt, dass die Menschen hauptsächlich aus religiösen Gründen fasten: "Für mich ist das nichts, aber jeder so, wie er es mag. Ich finde es unsinnig, die Fastenzeit zum Abnehmen zu nutzen", sagt Goebel beim Einkauf in Völklingen . Der 59-Jährige Mess- und Wartungstechniker meint, dass man keine bestimmte Zeit brauche, um sich etwas vorzunehmen.

Tochter Jenna Sarah, ebenfalls aus Gersweiler , fastet auch nicht. "Ich glaube, die Tradition des Fastens geht stetig zurück. Ich persönlich kenne auch niemanden aus meinem Freundeskreis, der fastet", erzählt die Verkäuferin. Die 25-Jährige ist der Meinung, dass viele nicht mehr wissen, was das Fasten überhaupt ist, weil sie nicht mehr so erzogen werden.

"Ich habe früher gefastet und entschlackt. Aber nicht wegen des Abnehmens, sondern weil ich meinem Körper etwas Gutes tun wollte", berichtet Ursula Löhl. Die 75-Jährige findet es toll, dass andere das Fasten noch komplett durchziehen. Allerdings glaubt auch sie, dass immer weniger die Tradition mitmachen. "Ich kenne mittlerweile keinen mehr aus meiner Familie, der fastet. Es liegt wohl an der moderneren Zeit", sagt die Rentnerin aus Ludweiler.

Studentin Stephanie Becker denkt durchaus positiv über die Menschen, die das Fasten noch ernst nehmen. "Ich faste nicht, und es ist jedem selbst überlassen, ob man es tut. Das Problem ist meiner Meinung nach, dass gerade wir jungen Leute nicht wirklich informiert werden, was das überhaupt ist und wo es seinen Ursprung hat", erklärt die 26-Jährige aus Ludweiler.

"Ich achte während der Fastenzeit auf das, was ich esse. Aber streng bin ich mit mir da nicht", schildert uns ihre Mutter Susanne Becker (48). "Mein Freund aber verzichtet bis Ostern komplett auf Alkohol und Süßigkeiten. Dabei unterstütze ich ihn natürlich." Die Krankenschwester aus Ludweiler glaubt, dass die Fastenzeit zum Abnehmen eher ungeeignet sei, da man durch das radikale Verzichten auf feste Nahrungsmittel eher Heißhunger bekomme.

Wer dennoch Lust auf Fasten hat, für den hat Althea Vernier folgenden Tipp: "Wer noch nie gefastet hat, sollte anfangen, auf Kleinigkeiten zu verzichten. Nur mit Wasser zu fasten ist schädlich für den Körper, da dieser irgendwann in den Notstand gerät und anfängt, alles in den Fettzellen zu speichern. Das raubt dem Körper die Kraft, und man fühlt sich müde und kaputt. Beim Abnehmen hilft das also recht wenig." Die Verkäuferin in einem Völklinger Naturkostladen sieht keinen Rückgang an Fastenden. "Wir sind im Laden immer gut für die Fastenzeit gerüstet und haben auch heute noch sehr viele Kunden, die sich über das Fasten erkundigen. Wir auf der Arbeit fasten immer noch gerne zusammen", sagt die 39-Jährige aus Saarbrücken. Wer nicht zu radikal faste, könne dennoch langfristige Erfolge beim Abnehmen erzielen.

Zum Thema:

HintergrundDie Fastenzeit erinnert an Jesus Christus , der 40 Tage in der Wüste betend und fastend verbrachte. Zudem dient die Zeit zur Vorbereitung auf das Hochfest Ostern . Früher beachteten Christen in dieser Zeit strenge Speise-Vorschriften, verzichteten beispielsweise auf Fleisch. Auch bei modernen Fasten-Varianten geht es um Verzicht auf Gewohntes - etwa aufs Auto oder das Fernsehen. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort