Stadtbibliothek unter Sparzwang

Völklingen · Die Schuldenbremse greift auch in der Völklinger Stadtbücherei. Lesestoff für E-Books ist dort nicht zu finden. Mit dem Geld, das noch da ist, bemüht man sich dennoch um ein aktuelles Bücher-Angebot.

 Besucher jeglichen Alters stöbern in den Angeboten, und Völklingens Stadtbibliothekar Helmut Pütz nimmt sich auch Zeit für ganz junge Leser. Foto: Angelika Fertsch

Besucher jeglichen Alters stöbern in den Angeboten, und Völklingens Stadtbibliothekar Helmut Pütz nimmt sich auch Zeit für ganz junge Leser. Foto: Angelika Fertsch

Foto: Angelika Fertsch

Die Schuldenbremse macht auch vor der Völklinger Stadtbücherei nicht halt. So fiel die geplante Einführung der digitalen Ausleihe dem Sparzwang zum Opfer. 10 000 Euro koste es, sich dem saarländischen Verbund Onleihe Saar anzuschließen, etwa 3000 Euro der Anschluss an den EDV-Kreislauf, erklärt Helmut Pütz, Leiter der Bibliothek und Herr über insgesamt 43 660 Medien. "Als das Geld noch da war vor zwei Jahren, gab es endlose Probleme mit der Technik", sinniert er. Und scheint ein wenig melancholisch. Denn auch auf die Häufigkeit der Zugriffe und damit auf die Statistik hat das fehlende Online-Angebot Einfluss. Pütz: "Mir haben Besucher ins Gesicht gesagt, sie haben jetzt ein E-Book und müssten sich dann anderweitig ihren Lesestoff besorgen."

Insgesamt hatte die Bücherei Ende vergangenen Jahres 1577 registrierte Leser gegenüber 1659 noch in 2013. Auch die Zahl der ausgeliehenen Medien schrumpfte um 8919 Titel auf 119 741. Dabei hält sich das Produkt Buch noch beharrlich an erster Stelle in der Ausleihe-Statistik. 69 349 mal griffen Nutzer zu, bei Romanen (28 822 Mal), Sachbüchern (16 601 Mal) und Kinder- und Jugendbüchern (23 926 Mal) vor CDs mit 26 865, DVDs mit 15 746 entliehenen Medien und CD-Roms mit 993 sowie 3097 Blue-Ray-Discs.

Dass es trotz Computerzeitalter und Handy-Mania immer wieder Leseratten auch unter Jugendlichen gibt, belegt schon die Anwesenheit der 14-jährigen Samira Saar. Die Schülerin des Kaschnitz-Gymnasiums absolviert ihr 14-tägiges Schulpraktikum zwischen Bücherregalen der Stadtbibliothek und möchte unbedingt Bibliothekarin werden - trotz der ungünstigen Zukunftsperspektive, von Pütz prognostiziert. An ihrem vorletzten Tag stapft die Schülerin mit einem Einkaufs-Trolley zu Bücher Balzert. Sie soll verschiedene Bücher abholen. Am liebsten möchte Samira auch in den Sommerferien wieder in der städtischen Bücherei arbeiten. Aber das geht aus versicherungstechnischen Gründen nicht, sagt die Stadt.

Auch wenn Pütz äußert, "dass die Reduzierung des Medien-Etats zu einem unattraktiveren Bestand beiträgt", an diesem Donnerstagnachmittag hat die Ausleihe gut zu tun. Kinder und auch Erwachsene stöbern in den Angeboten. Der zehnjährige Samet holt sich zehn Comic-Hefte und will nun "ein- bis zweimal wöchentlich vorbei schauen", sagt er mit Blick auf seine Mutter. Sein älterer Bruder Sefa, 13, hat sich "Hobbit" mitgenommen. Im Leseraum sitzen Berivan und Messaouda, beide gehen ans Berufsbildungszentrum (BBZ). Zweimal wöchentlich machen sie hier ihre Hausaufgaben. Die Mathehefte liegen auf dem Tisch neben einem rosa Doughnut und Schokoriegeln. "Ich leihe hier oft aus" sagt Berivan, die sich auf ihr Fachabi vorbereitet.
Bundesweite Kampagne

Die Mutter der kleinen Johanna fragt Pütz, ob sie das Paket "Lesestart" haben möchte. Sie dankt, sie hat es schon beim Kinderarzt bekommen. Die bundesweite Kampagne, initiiert von der Bundesregierung, will Kinder von früh an an Bücher , Vorlesen und Lesen gewöhnen. Pütz hat bereits über 50 der Pakete verteilt. Neues aufgreifen und schnell reagieren - "das macht der Chef", lobt eine Mitarbeiterin. So können sich Leser immer über eine Bestsellerliste informieren, was angesagt ist. "Wenn nach einem Titel gefragt wird, beschaffen wir das Buch", so Pütz. Wenn mehrfach nachgefragt werde, "holen wir auch ein zweites Exemplar des gleichen Titels". Auf engem Raum, "deshalb müssen wir ständig auch aussortieren", sind stets die aktuellen Sachbücher zu finden. Egal ob "Low Budget - Berlin" (auf dem ersten Platz) mit 32 Ausleihen in 2014, "Schlank im Schlaf", "Diagnose Burnout" oder "Sex für Dummies", für jedes Thema ein Titel.

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Auf einen BlickHelmut Pütz muss mit einem fünfstelligen Jahresetat haushalten. 625 neue Medien kamen 2014 ins Haus. Darunter war auch ein großer Anteil an Buchgeschenken sowie aktuelle Titel aus der geschlossenen Zweigstelle Lauterbach. Bereits "Anfang 2014 mussten wir die Preise erhöhen", erläutert er, Erwachsene zahlen jetzt zehn Euro anstatt sechs Euro für ein Jahr Nutzergebühr, Schüler und Studenten fünf Euro. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre sind frei. af

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