Zinsloses Darlehen für Buchhalter aus der SPD-Fraktionskasse

Saarbrücken · 50 Tagessätze zu 20 Euro muss ein Ex-Buchhalter der SPD-Landtagsfraktion bezahlen, weil er sich fünf private Tankquittungen aus der Barkasse erstattete. Er gibt an, dies sei mit den Ex-Geschäftsführern abgesprochen gewesen.

. Der entscheidende Wink im Prozess wegen Unterschlagung und Betrug gegen den Ex-Buchhalter der SPD-Landtagsfraktion , der in der so genannten Rote-Hosen-Affäre eher eine Nebenrolle spielte, kam vom Vertreter der Anklage. Oberstaatsanwalt Eckhard Uthe fragte nach gut einer Stunde Verhandlung die Verteidigerin des 68-Jährigen, wie lange sie denn das für ihren Mandanten "grausame Spiel" fortsetzen wolle. Dann war der ursprünglich auf drei Verhandlungstage terminierte Prozess gegen den Ex-Buchhalter vor Strafrichterin Silke Bamberger gestern schnell beendet. Der gelernte Kaufmann mit einer kargen Rente muss 50 Tagessätze zu 20 Euro bezahlen. Die Geldstrafe wurde damit gegenüber dem ursprünglichen Strafbefehl, gegen den der Betroffene Einspruch erhoben hatte, halbiert. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Erspart haben die Prozessbeteiligten damit SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn und zwei früheren angestellten Geschäftsführern, als Zeugen auszusagen. Das SPD-Trio war eigentlich für heute geladen. Thema ihrer Vernehmung wären mit Sicherheit die Modalitäten und möglichen Absprachen rund um ein angeblich zinsloses Arbeitgeberdarlehen aus der Fraktionskasse für den Buchhalter gewesen. Und: Besorgte die SPD im Landtag ihren Mitarbeitern und Abgeordneten gelegentlich PS-starke Limousinen als Gratis-Leihwagen?

Der 68-Jährige überraschte jedenfalls mit einer abenteuerlichen Erklärung für die unbestrittene Tatsache, dass er sich knapp 300 Euro bar aus der Fraktionskasse geholt hatte. Dafür habe er fünf Belege über Benzinrechnungen auf den Namen des Cheffahrers gebucht. Dieses Verfahren sei genau so, so behauptete der Mann, mit dem damaligen parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer und heutigen Fraktionschef Stefan Pauluhn und einem angestellten Geschäftsführer abgesprochen gewesen. Er habe im Sommer 2006 kein Geld für ein neues Gebrauchtfahrzeug gehabt und deshalb nach einem Arbeitgeberdarlehen bei der Fraktion, deren Kasse der Steuerzahler füllt, gefragt. Mit Erfolg: Die Richterin verlas im Prozess einen knappen Darlehensvertrag zwischen der Fraktion und ihrem Buchhalter . 6000 Euro zinslos, zu tilgen in monatlichen Raten von 130 Euro .

Monate später wurden dann - nach dem Veto der Wirtschaftsprüfer - offenbar doch Zinsen fällig: Fünf Prozent im Jahr. Die Wirtschaftsprüfer hielten wohl aber die Gabe von Tankgutscheinen über kleinere Beträge als Trostpflaster für steuerlich unbedenklich. Gutscheine bekam der Buchhalter wohl nicht. Er berief sich vor Gericht auf eine Absprache, wonach er für bis zu 300 Euro (fünf Prozent der Darlehnssumme in einem Jahr) auf Fraktionskosten privat tanken könne.

Die fünf Tankfüllungen, die er abrechnete, waren dann aber nicht für seinen Privatwagen, vielmehr für angebliche Dienstwagen, mit denen er privat nach Kassel, Köln und Flensburg zu Bekannten oder Angehörigen fuhr. Es handelte sich dabei um Nobellimousinen A 8 oder BMW 730, die als so genannte "Behördenersatzfahrzeuge" von Herstellern zur Verfügung gestellt wurden. Der Ex-Chauffeur des früheren Fraktionschefs Heiko Maas habe Abgeordneten und Mitarbeitern diese Nobelkarossen auch für private Zwecke besorgt, so der Buchhalter . Richterin Bamberger hakte hier intensiv nach - ebenso bei der merkwürdigen Art der Zinserstattung über Tankbelege. Je mehr kritische Fragen sie stellte, desto unsicherer wurde der Angeklagte. Anfangs war er "sehr sicher" zu wissen, dass Belege gegengezeichnet waren. Daraus wurde "vermutlich" und schließlich: "Ich weiß es nicht mehr."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort