Streit um Integrationsbericht

Saarbrücken. Mohamed Maiga, Sprecher des Integrationsbeirats, ist derzeit nicht gut auf die Stadtverwaltung zu sprechen. 2007 habe der Stadtrat ein Integrationskonzept verabschiedet. Darin stehe unter anderem, dass die Verwaltung regelmäßig schriftliche Berichte liefern müsse, was sie für Migranten getan hat. "Es ist aber nichts gekommen", kritisiert Maiga

Saarbrücken. Mohamed Maiga, Sprecher des Integrationsbeirats, ist derzeit nicht gut auf die Stadtverwaltung zu sprechen. 2007 habe der Stadtrat ein Integrationskonzept verabschiedet. Darin stehe unter anderem, dass die Verwaltung regelmäßig schriftliche Berichte liefern müsse, was sie für Migranten getan hat. "Es ist aber nichts gekommen", kritisiert Maiga. Dabei habe der Stadtrat bereits 2010 einen Bericht angemahnt. Daraufhin habe Veronika Kabis, Leiterin des Zuwanderungs- und Integrationsbüros (ZIB), mündlich berichtet. Eine schriftliche Bilanz stehe immer noch aus. Kabis gibt selbstkritisch zu: "Ich habe es nicht geschafft, diesen mündlichen Bericht schriftlich zu verfassen."Nun will sie nach einer erneuten Anfrage des Integrationsbeirats diesen Bericht bis Ende Juni nachreichen und erläutern, mit welchen Maßnahmen die Verwaltung die Integration gefördert habe. Dezernent Kajo Breuer ergänzte im SZ-Gespräch, ein großer Bericht, der das Integrationskonzept Punkt für Punkt durchgehe, brauche viel Zeit. Die Stadt müsse auch bei anderen Behörden Daten abfragen. So eine ausführliche Stellungnahme wolle der Beirat aber gar nicht, sondern nur einen "Tätigkeitsbericht". 2013 werde die Stadt eine große Integrationsstudie vorlegen. Das sei aber ein sozialwissenschaftliches Projekt, ergänzte Kabis. Maiga entgegnet: "Wir wollen keine Studie, sondern nur wissen, was das ZIB gemacht hat."

Seine Kritik geht aber weiter. Auch ein Konzept für die Sprachförderung in Kindertagesstätten stehe noch aus, erklärt Maiga: "Hier muss die Stadt jetzt Gas geben." Je früher Einwandererkinder gefördert werden, desto besser sprechen sie Deutsch und kommen in der Schule zurecht, meint Maiga. "Die Stadt soll das aber nicht alleine zahlen, sondern auch die Landesregierung." Dafür werde sich der Integrationsbeirat einsetzen.

Nach Angaben Breuers stehen im Haushalt 45 000 Euro für die Sprachförderung aller Kinder zur Verfügung. Denn auch deutsche Jungen und Mädchen bräuchten Sprachunterricht. Dieses Angebot der Stadt ergänze die Kurse der Landesregierung für Kinder, bei denen vor der Einschulung Sprachprobleme festgestellt werden. Diese Förderung müsse bereits im Krippenalter beginnen, fordert Veronika Kabis. Derzeit fördert die Stadt Jungen und Mädchen in Kitas in Burbach, Alt-Saarbrücken, Altenkessel und Malstatt. Breuer sieht den Bund in der Pflicht, mehr Geld bereitzustellen. Die Stadt setze in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter nun auch Arbeitslose im Rahmen des Förderprogramms "Bürgerarbeit" in den Kitas ein. Breuer will das erproben: "Sonst kommen wir nicht weiter." Insgesamt zieht Kabis eine positive Zwischenbilanz: "Das Thema Integration wird jetzt als Gesamtaufgabe gesehen." Es sei auch gelungen, eine "Willkommenskultur" mithilfe der Einbürgerungsfeiern im Rathaus zu entwickeln. Im September werde die Stadt zudem die 3. Integrationsmesse "Immigra" veranstalten. Diesmal gehe es unter anderem darum, wie sich die Migranten in der Stadt engagieren können.

Als Erfolg bezeichnet Kabis den Orientalischen Markt in Burbach. Hier sei es gelungen, nicht nur Migranten und Deutsche zusammenzubringen, sondern einen Ort der Begegnung zu schaffen, von dem alle Burbacher profitieren. Maiga ist trotzdem skeptisch, ob solche Projekte, die nur einmal im Jahr stattfinden, viel für die Integration von Einwanderern bringen. Das ZIB engagiere sich sehr, aber: "Projekte allein helfen nicht weiter. Ich sehe den roten Faden nicht."

Meinung

Beirat macht zurecht Dampf

Von SZ-RedakteurMarkus Saeftel

Papier ist geduldig. Es reicht nicht, ein Integrationskonzept aufzuschreiben. Es muss mit Leben erfüllt werden. Deshalb ist es richtig, dass der Integrationsbeirat regelmäßig Berichte von der Verwaltung fordert, was sie umgesetzt hat. Schließlich fließt Steuergeld in das Zuwanderungs- und Integrationsbüro. Auch für die Stadt sind die Berichte wichtig. In jedem Unternehmen gibt es eine Controlling-Abteilung, die überprüft, ob das Geld auch richtig ausgegeben wird. Also muss die Verwaltung liefern, was sie jetzt endlich tun will. Für die Integration von Zuwanderern gilt: Es gibt noch viel zu tun. Einbürgerungsfeiern im Rathaus sind eine schöne Willkommensgeste. Aber entscheidend ist, die Sprachprobleme zu lösen und Einwanderer besser in Arbeit zu bringen. Hier sollten Verwaltung und Integrationsbeirat zum Beispiel gemeinsam um mehr Geld für die Sprachförderung in den Kitas kämpfen, damit ausgebildete Fachkräfte diese Arbeit machen. Nur wenn die Einwandererkinder früh gefördert werden, haben sie eine Perspektive.

Hintergrund

Von den 179 000 Saarbrückern haben 41 000 Menschen einen Migrationshintergrund, sind also eingewandert. 24 000 davon haben einen ausländischen Pass. Weil die Zahl der Einbürgerungen zurückgeht, startet die Stadt im Juni eine Kampagne. "Viele Migranten sehen sich als Saarbrücker. Das ist eine große Chance", sagt Dezernent Kajo Breuer. Er glaubt: Wer den deutschen Pass hat, engagiere sich stärker in der Stadt. Die Kampagne soll aber nicht nur Einwanderer überzeugen, den deutschen Pass zu beantragen. Die Stadtverwaltung wolle auch eine Diskussion mit allen Bürgern über Begriffe wie Identität, Heimat und Nation anregen. sm

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