„Es gibt immer was zum Aufregen“

Er gehört zu den Großen der deutschen Kabarett-Szene; seit 40 Jahren steht Mathias Richling auf der Bühne. Zum Jubiläum kommt der Schwabe am Dienstag, 6. Mai, 20 Uhr, in den Dillinger Lokschuppen – mit seinem neuen Live-Programm „Deutschland to go“. Über Politik, Humor und Heiko Maas sprach Richling vorab mit SZ-Mitarbeiterin Frauke Scholl.

 Er nimmt die Politik aufs Korn, sieht aber auch Licht im Dunkeln: Mathias Richling, einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten, gastiert am 6. Mai mit seinem neuen Programm „Deutschland to go“ im Dillinger Lokschuppen. Foto: Rafael Kroetz/Richling

Er nimmt die Politik aufs Korn, sieht aber auch Licht im Dunkeln: Mathias Richling, einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten, gastiert am 6. Mai mit seinem neuen Programm „Deutschland to go“ im Dillinger Lokschuppen. Foto: Rafael Kroetz/Richling

Foto: Rafael Kroetz/Richling

Herr Richling, wie geht es Ihnen?

Richling: Ausgezeichnet, danke der Nachfrage.

Und wie geht es Deutschland?

Richling: Ja, also manchmal denkt man, man nörgelt nur an allem rum, aber Tatsache ist ja, es geht uns im Verhältnis zur Krise offensichtlich gut, man will das aber natürlich nicht wahrhaben. Und wir sind ja auch sehr schnell von einem Thema zum anderen, insofern geht's uns sehr gut - also gerade waren noch Hoeneß und Edathy Top-Thema, dann ist es wieder Ukraine, dann kommt wieder Herr Berlusconi, das geht rasend weg und wir haben eine Ablenkungsfähigkeit, die sensationell ist. Insofern muss man sagen, es geht uns schlecht auf einem hohen Niveau.

Das spielt ja auch eine Rolle in Ihrem neuen Programm "Deutschland to go" - was servieren Sie dem Dillinger Publikum da; die schonungslose politische Wahrheit?

Richling: Ja, schonungslos. Der Programm-Titel wird manchmal missinterpretiert als "Deutschland zum Auswandern". In Wahrheit ist man aber - wenn Sie es wörtlich nehmen, "to go" heißt "zum Mitnehmen" - aufgefordert, Demokratie mit nach Hause zu nehmen, sich damit zu beschäftigen, in seine Lebensbereiche zu überführen. Und, das ist auch das Thema des Abends, nach einer Analyse der Aktualitäten - wie Große Koalition und die Folgen - eine Hinwendung dazu, dass wir schon allmählich anfangen, Demokratie anders zu nützen als vor 30 Jahren. Der Deutsche beginnt schon, sich ein bisschen mehr auseinander zu setzen und möchte mehr beteiligt werden. Insofern finde ich, dass Deutschland auf dem besten Weg ist, was das betrifft.

Vor allem Ihre Politiker-Parodien sind legendär und auch diesmal im Programm. Gibt es eigentlich Politiker, die Ihnen einfach nicht gelingen wollen?

Richling: Nein. Vor allem, weil es mir nicht darum geht, denjenigen perfekt zu kopieren. Sondern eine Figur so zu übertreiben, zu karikieren, dass dadurch andere Sichtweisen erkennbar sind; ihr Eigenheiten zu unterstellen, die sie haben könnte, um eben dadurch Einsichten zu eröffnen. Wenn eine Figur nicht parodierbar ist, dann nicht, weil ich es nicht kann, sondern weil sie nicht so bekannt ist in der Öffentlichkeit. Dann muss ich ihr über die Parodie hinaus etwas zuschreiben, wo die Leute sagen, das könnte der sein, und was dann in Erinnerung bleibt.

Das tun Sie jetzt seit 40 Jahren . . .

Richling: Ach, um Gottes willen . . .

. . . warum haben Sie sich damals eigentlich für politisches Kabarett entschieden?

Richling: Das ist eine interessante Frage. Der Lebensweg verläuft ja selten aufgrund einer einzelnen Entscheidung. Meist muss man viele Gelegenheiten ergreifen, um zu einem Lebensweg zu kommen. Ich hatte vor dem Abitur lange vor, Biologie zu studieren, und während dessen habe ich entschieden, ok, ich will zur Bühne. Während der Studienzeit hatte ich dann kleine Rollen und habe angefangen, Parodien zu machen. Irgendwann sagte einer: "Mach doch mal 'nen ganzen Abend!", du meine Güte. Und dann sah mich Gerhard Woyda vom Renitenztheater Stuttgart und engagierte mich in sein Kabarett-Ensemble. Da kam ich in Kontakt mit politischem Kabarett und so hat es sich allmählich entwickelt.

Und war es in den 40 Jahren nicht mal langweilig mit der Politik?

Richling: Nein, es gibt immer was, das ist es ja. Glauben Sie, die Leute regen sich heute weniger über Politik auf als vor 40 Jahren? Im Gegenteil. Aber die Welt ist tatsächlich komplexer geworden, Kabarett ist da ja ein Pulsmesser, insofern muss es sich inhaltlich und formal dauernd ändern. Das, was mich aber heute immer noch erstaunt, ist, dass die Prozesse in einer bürokratischen Demokratie unheimlich lange dauern. Das empört und deprimiert manchmal.

Wie hat sich denn das Kabarett verändert, zum Beispiel auch durch das Aufkommen der Comedy?

Richling: Das ist mit zwei Sätzen nicht zu sagen, das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die man lange analysieren müsste. Aber was sicher zu sagen ist, für mich ist Kabarett und Comedy nie ein großer Unterschied gewesen. Formal; ihre Mittel sind die gleichen. Der einzige Unterschied ist, dass wir, die Satiriker, uns einbilden, wir könnten politisch etwas verändern. Das Positive ist natürlich, dass durch das Boomen der Comedy die Deutschen sehr viel humorbewusster geworden sind. Man hat ihnen vor 30 Jahren vorgeworfen, sie hätten keinen Humor, nun haben sie welchen, nun ist es auch wieder nicht recht. Dass die Comedy sich so entwickelt hat, ist ein sehr gutes Zeichen. Wenn die Comedians Hallen mit 10 000 Leuten voll kriegen und die lachen den ganzen Abend lang, das ist auch eine große Kunst.

Schauen wir kurz auf Ihre direkte Konkurrenz . . .

Richling: Ich habe keine Konkurrenz. Oder anders: Wir haben keine Konkurrenz. Wir reden alle über dieselben Themen und jeder macht es unterschiedlich. Der eine Zuschauer findet es besser bei dem, der andere bei dem, von daher ist das Wort Konkurrenz Quatsch, aber fragen Sie mal . . .

. . . also zur Nicht-Konkurrenz bei "Satire-Gipfel", "heute-Show" oder "Neues aus der Anstalt" - sehen Sie sich die Sendungen an?

Richling: Ja, gerne. Wenn ich dazu komme, ja. Meistens spiele ich aber selber am Abend.

Zu Ihrem Gastspiel in Dillingen. Sie waren ja schon öfter im Saarland, letztes Jahr in Orscholz - kennen Sie auch Dillingen und Umgebung?

Richling: Nein, noch nicht. Deswegen komme ich ja jetzt!

Dann sei Ihnen gesagt, dass nicht weit davon die gesamte bundespolitische Prominenz aus dem Saarland wohnt: Oskar Lafontaine, Justiz-Minister Heiko Maas und Kanzleramtschef Peter Altmaier. Taugen die eigentlich auch zur Parodie?

Richling: (lacht) Ja logisch, Lafontaine habe ich x-mal gemacht, Altmaier auch schon. Herr Maas gibt sich sehr rege im Amt, aber ich zweifle, ob man außerhalb des Saarlands wüsste, wie er spricht. Unabhängig davon, dass er nicht sehr signifikant ist, für die Parodie, meine ich, nicht persönlich.

Lange bleiben können Sie in Dillingen nicht, Ihr Tour-Programm ist voll. Wie halten Sie diesen Stress eigentlich aus?

Richling: Also, andere gehen ins Fitness-Studio, ich gehe auf die Bühne. Das ist meine Entspannungsmethode.

Mathias Richling, "Deutschland to go", am Dienstag, 6. Mai, 20 Uhr, im Dillinger Lokschuppen. Tickets für 29/25/18 Euro plus Gebühren erhältlich beim Kulturamt der Stadt Dillingen, Telefon (0 68 31) 70 92 47, und bei Ticket Regional (www.ticket-regional.de)

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Zur PersonMathias Richling, Jahrgang 1953, ist in Waiblingen (Baden-Württemberg) geboren. Schon während seines Studiums der Theater-, Literatur-, und Musikwissenschaft begann seine Karriere als Kabarettist und Parodist. Berühmt wurde Richling durch ARD-Sendungen in Hörfunk und Fernsehen wie "Jetzt schlägt's Richling", "Scheibenwischer", "Satire-Gipfel" oder aktuell "Die Mathias-Richling-Show". Richlings aktuelles Live-Programm "Deutschland to go" ist auch als Buch (Ullstein, 19,99 Euro) und Hörbuch erhältlich. kes

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