Buchautor Dieter Gräbner „Der Psychokiller“: Hartz IV

Saarbrücken · „(Wie) Lebt man mit Hartz IV?“: Mit dieser Frage hat sich der Journalist und Buchautor Dieter Gräbner in seinem Buch „Hartz IV ist der soziale K.O.“ beschäftigt. Dafür traf sich der Autor mit Langzeitarbeitslosen aus verschiedenen Regionen Deutschlands.

 Dieter Gräbner.

Dieter Gräbner.

28 Einzelschicksale, 28 Hartz IV-Empfänger. Der Journalist und Buchautor Dieter Gräbner hat jetzt im Landtag sein Buch "Hartz IV ist der soziale K.O." (Blattlaus Verlag) vorgestellt. Mit dabei: Linksfraktionschef Oskar Lafontaine .

"Gräbners Herangehensweise an die Thematik hebt sich wohltuend von anderen Büchern über Hartz IV ab", sagte Lafontaine einleitend. Völlig unbürokratisch, berührend, lebensnah. Und es zeige einmal mehr, dass das Gesetz die Betroffenen sozial ausgrenze, ihnen ein Gefühl des Versagens vermittele. Das führe dazu, dass sie sich nicht mehr gegen "die ganz oben wehren", sie machten sich selbst für ihre Lage verantwortlich, sagte Lafontaine. "Hartz IV ist Armut per Gesetz", schreibt Sahra Wagenknecht , Fraktionschefin der Linken im Bundestag, im Vorwort. 404 Euro seien für ein menschenwürdiges Leben zu wenig.

"Wir sind weder dumm noch faul, weder Asoziale noch Alkoholiker", sagte eine Hartz IV-Empfängerin zu Gräbner. Der kann das nur bestätigen: "Ich habe unter anderem mit Abiturienten, Selbstständigen, Köchen, Metzgern und alleinerziehenden Müttern gesprochen", erzählte Gräbner, die Empfänger seien größtenteils ausgebildete Menschen, die arbeiten möchten. Da meldete sich die Pressesprecherin der Linksfraktion, Wimbledon-Siegerin Claudia Kohde-Kilsch , zu Wort. Sie selbst habe vor einigen Jahren kurz davor gestanden, Hartz IV beantragen zu müssen. Es könne jeden treffen und keiner müsse sich dafür schämen. Trotzdem erfordere es Mut, das eigene Schicksal öffentlich zu präsentieren. Ihre Geschichte ist eine von 28 in Gräbners Buch.

"Hartz IV ist der Psychokiller unserer Gesellschaft", sagte Gräbner zusammenfassend. Er habe Armut, Hilflosigkeit und Not bei den Arbeitslosen gesehen, Verzweiflung und Wut. Hartz IV sei eine Teufelsspirale, aus der man nur schwer wieder herauskomme, erklärte Gräbner. Und kaum einer kümmere sich um das Schicksal dieser Menschen. Hartz IV sei allen ein Begriff, was das wirklich bedeute, wisse kaum einer. An Kontakte zu den Betroffenen sei er unter anderem über die Linkspartei gekommen, "teilweise kam mir auch zugute, dass ich lange als Journalist im Saarland gearbeitet habe", erzählte Gräbner. Die Leute seien ihm gegenüber offener als bei einem Fremden, das erleichtere die Recherche.

"Altersarmut, wollen Sie dazu auch mal etwas schreiben?", fragte ein anwesender Rentner. "Die Überlegung hatte ich bereits, mal sehen, ob daraus etwas wird", sagte Gräbner, selbst 76.

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