„Die Irren machen die Welt bunter“

Saarbrücken · Um, wie er sagt, auf den „Zusammenhang von Religion und Leistungsdruck“ hinzuweisen, hat der Künstler Alexander Karle Liegestütze auf dem Altar der Basilika St. Johann gemacht. Eine Aktion, über die die SZ berichtet hat, und die auf der Facebookseite der SZ-Stadtredaktion sehr unterschiedliche Reaktionen provoziert hat.

Von "geschmacklos" bis "gute Aktion" reichen die Kommentare der Internetnutzer zum Videodreh von Alexander Karle in der Basilika. Christian Weyer, der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Saar-West, schreibt: "Ich schlage vor, dass jetzt jeden Donnerstag jemand bei Herrn Karle klingelt, dann kommentarlos in sein Wohnzimmer geht, dort 17 Liegestütze auf dem Wohnzimmertisch macht und wieder geht."

Bettina Linnig findet: "Sicherlich sollte man über das Wort ‚Kunst' und ‚Künstler' einmal nachdenken. Sie werden häufig einfach nur dazu benutzt, ,sich selbst in Szene zu setzen." Christian Leidner sagt dagegen: "Ich finde den künstlerischen Ansatz interessant und auch gerechtfertigt, dass er sich jetzt dummerweise den Altar ausgesucht hat, zeigt mir eher, dass er sich mit der katholischen Kirche nicht ausreichend beschäftigt hat. Meine Gefühle sind jetzt auch nicht besonders verletzt." Laura Weidig findet, dass sich, wenn man über diese "Turnübungen" nachdenke, "auf verschiedenen Ebenen erstaunlich viele Ansätze, weshalb die Aktion als Kunst auch ziemlich gut ,funktioniert'", eröffnen. Weidig: "Wer sich da nur auf die Füße getreten fühlt, denkt zu oberflächlich."

Ingeborg Reitnauer schreibt: "Ich bin Katholik und habe so meine Probleme mit der Kirche, aber für meinen persönlichen Geschmack ist das, wie man so schön sagen kann, geschmacklos." Und Günter Görge ergänzt: "Nicht jede Geschmacklosigkeit ist Kunst."

"Kunst soll, ja darf nicht gefallen, sie muss provozieren, die Menschen zur Reflexion und neuen Sichtweisen anregen, polarisieren, auch vor den Kopf stoßen und Tabus brechen", findet dagegen Rainer Hx. Und dann stellen Diskutanten immer wieder die Frage: "Ob er das auch freitags in einer Moschee wiederholen kann?" Jörg Wagner schreibt: "Außerhalb der Norm und nichts dabei kaputtgegangen. Gefällt mir. Die Irren machen die Welt bunter."

Christian Heinz, der katholische Jugendpfarrer, zeigt sich von der Aktion zwar "entsetzt", sagt aber: "Immerhin ein Gutes hat die Sache: Ich bin herausgefordert mich zu fragen: Was ist mir heilig und wie gehe ich mit dem um. Deshalb braucht es hier nicht die Polizei , sondern den Dialog." Zu dem lädt er Karle ein. Der selbst will auch diskutieren. Er zeigt dazu den umstrittenen Film in seiner Ausstellung "Single Show" vom 26. Februar bis 6. März im ehemaligen Garellyhaus in Alt-Saarbrücken.

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saarbrueckerzeitung.sb/

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