Mit harten Bandagen

Püttlingen · Stadtrat Püttlingen fühlt sich schlecht informiert und versucht, Windpark Schwalbach über Einwände gegen die Zubringer-Straße doch noch aufzuhalten.

Verwaltung und Püttlinger Stadtrat wollen sich nicht so einfach vier Windräder vor die Haustür - sprich Ortsrandsgrenze - des Köllerbacher Ortsteils Herchenbach stellen lassen. Die Firma Dunoair will die Anlage, wie berichtet, in Kooperation auf Schwalbacher Bann bauen. Doch diesen Plänen haben die Püttlinger Verwaltung und der Stadtrat in der Stadtratssitzung am Mittwochabend im Pfarrheim Sankt Sebastian den Kampf angesagt.

Setzte der Investor vergangenen Sommer zum Beispiel in den Saarbrücker Stadtteilen Klarenthal und Burbach noch auf Bürgerinformation, lassen sich die Firmenvertreter inzwischen kaum noch auf Versammlungen blicken. Was irgendwo nachvollziehbar ist, denn Gegenwind, mitunter in Orkanstärke, gibt es inzwischen oft. Dass die Gemeinde Schwalbach zuletzt zum geplanten Windpark nicht das Einvernehmen herstellte, hinderte die Anlagenbauer nicht, das Vorhaben zu starten.

Zur Püttlinger Stadtratssitzung war keiner der per CDU-Eil-Antrag geladenen Parteien erschienen - bei nur zwei Tagen Vorlauf aber verständlich. Und dann auch noch das: Der Antrag des Landesamtes fordere die "sofortige Vollziehung". So informierte der erste Beigeordnete Christian Müller die Stadtratskollegen, bei denen die große Empörung noch wuchs. Denn das Amt begründet die Anordnung auf sofortige Vollziehung damit, dass es sonst sowohl Interessen der Antragsteller als auch Interessen der Öffentlichkeit bedroht sähe.

Offen ist darin die Sorge zu lesen, der Antragsteller müsse befürchten, dass zu Unrecht Beschwerden gegen das Vorhaben erhoben werden und diese Beschwerden den Baubeginn unnötig verzögern. Zwischen den Zeilen interpretierten das die Zuhörer im Pfarrsaal jedoch so, dass es hier darum gehe, rechtzeitig mit dem Bau loszulegen, so dass Fördergelder aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fließen können.

Skeptiker, zu denen auch CDU-Fraktionsführer Mark Reck und Sozialdemokrat Klaus Jost gehören, bezweifeln nämlich, dass sich der Windanlagenbau in einem ausgewiesen windschwachen Gebiet sonst rentiert. Was ihnen die Zornesröte ins Gesicht treibt - weil ein solches Vorgehen gesetzeskonform ist; so sagte Linken-Fraktionsführerin Astrid Schramm: "Die Gesetzgebung bezüglich der Windkraft muss geändert werden, derzeit wird der Bürgerwille völlig ignoriert."

Dabei sind die Stadtverordneten sogar für erneuerbare Energien. Wie Jost sagte, komme es aber dabei vor allem darauf an: "Das muss im Einklang mit Mensch und Natur geschehen." Sitzungsleiter Müller sprach von "schierem Entsetzen" der Verwaltung, die über eine Aufforderung zur Straßensperrung anlässlich der anstehenden Arbeiten vom Vorhaben erfahren hat. Er befürchte, dass schon mit der Straßensperrung Fakten geschaffen werden, was den beliebten Verbindungsweg Richtung Schwalbach betrifft: "Am Ende bleibt die Straße dann für immer zu, das wäre nach den Windrädern der nächste Klopper."

Doch gerade, was die schon kommenden Montag beginnende Sperrung der Forststraße 423 angeht, sieht er Chancen, das Vorhaben zu verzögern. Denn nach Einschätzung der Verwaltung ist die entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung der zuständigen Behörde des Landkreises Saarlouis mangelhaft, was zum Beispiel Beschilderung und vorherige Anhörung angehe. Sie hält deshalb einen Widerspruch für Erfolg versprechend. Der Rat jedenfalls ermächtigte die Verwaltung mit einstimmigem Votum, dies einzuleiten.

Das schaffe dann auch Zeit für die nächsten Schritte, die der Stadtrat ebenso einstimmig beschlossen hat. So möge die Verwaltung prüfen, ob sie sich der Klage der Gemeinde Schwalbach gegen den Bau der Windkraftanlage anschließen kann. Weiter soll noch diesen Monat eine Sondersitzung des Stradtrates zum Thema stattfinden. Das sollte dann auch den eingeladenen Beteiligten vom Umweltministerium, des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz, der Gemeinde Schwalbach und des Investors als Vorbereitungszeit reichen. Als möglichen Termin nannte Müller den 21. Februar - der müsse aber noch abgestimmt werden.

Nein, das ist nicht glücklich gelaufen: Zwischen Köllerbach und Elm soll bald der Bau des "Windparks Schwalbach" beginnen, und weder Investor Dunoair noch der Saarforst Landesbetrieb als Verpächter haben die Stadt Püttlingen über den Beginn der Bauarbeiten informiert. Hätten sie zwar nicht tun müssen, aber durchaus können. - Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Denn wenn die Stadt Püttlingen (die einst selbst gerne Windkraftanlagen auf eigenem Gebiet gehabt hätte) und Kommunalpolitiker nun sagen, sie wussten von nichts, ist das auch nicht ganz richtig.

Der ursprüngliche Flächennutzungsplan und die über den Regionalverband ausgewiesenen Windkraft-Vorranggebiete waren ja bekannt - und dass dann an diesen Stellen auch mal wirklich gebaut wird, ist durchaus naheliegend. Ähnliches kennen die Verwaltungen schon, nur aus anderer Perspektive: In kommunalen Verwaltungen wird mitunter darüber geseufzt, wenn Bürgerproteste gegen Bauprojekte erst mit dem ersten Spatenstich beginnen, obwohl die Pläne schon vorher einzusehen waren.

Dennoch hätte eine Information über den Baubeginn zum guten Ton gehört, wobei natürlich auf der anderen Seite Hardcore-Windkraftgegner auch nicht vor harten Bandagen zurückschrecken. - Man kann und darf ja was gegen Windkraft vor der Haustür haben, aber für manche Gegner scheint sie mittlerweile zum Hassobjekt mutiert zu sein. Und wenn inzwischen Mitarbeiter des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua), das aus umwelttechnischer Sicht die Genehmigung für Windräder erteilt, persönlich beschimpft werden, dann ist das auch nicht die feine englische Art. Marco Reuther

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