Neustart im Saarland nach Kriegs-Verwüstungen Neustart nach dem Dreißigjährigen Krieg

Püttlingen · Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) ließ viele Orte im Bereich des heutigen Saarlands wüst und leer zurück, die Bevölkerung schrumpfte auf ein Viertel der Vorkriegs-Zeiten. „In Saarbrücken war die Zahl der Einwohner erst Mitte des 18. Jahrhunderts wieder auf dem Stand von 1618“, sagt Professor Pfarrer Joachim Conrad.

 Im Dreißigjährigen Krieg zerstört: die Burg Bucherbach im Püttlinger Stadtteil Köllerbach 

Im Dreißigjährigen Krieg zerstört: die Burg Bucherbach im Püttlinger Stadtteil Köllerbach 

Foto: Stephanie Schwarz

Der Pfarrer der evangelischen Martinskirche im Püttlinger Stadtteil Köllerbach ist Kirchenhistoriker und auch Experte für die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs. Nach 1648 kamen Siedler aus allen Richtungen. „Viele Schweizer sind eingewandert, gerade auch im Köllertal“, sagt Conrad; der Name „Rixecker“ etwa deute auf Schweizer Vorfahren. Es kamen auch Tiroler, Menschen aus dem französischen und belgischen Raum, Schwarzwälder und Schwaben.

Graf Gustav Adolf von Nassau-Saarbrücken, der 1659 die Regentschaft übernahm, bemühte sich, das Land wieder aufzubauen, holte Geflüchtete zurück, warb aber auch neue Siedler für die Landwirtschaft und Facharbeiter für die Glasindustrie an. Eine spezielle Rolle spielten dabei auch die in Frankreich, besonders in Lothringen, verfolgten Hugenotten. „Die waren zum Teil aber auch schon vor dem Dreißigjährigen Krieg gekommen“ – als gewiefte Kaufleute und gute Handwerker in der Glasverarbeitung waren sie gefragt und konnten für sich sogar Steuerprivilegien aushandeln.

Besonders viele Einwanderer kamen auch später, im Zuge der Industrialisierung an der Saar, aus der Eifel und dem Hunsrück, um hier Arbeit zu finden. Und jeder Einwanderer hatte wieder sein eigenes genetisches Erbe im Gepäck. So macht Pfarrer Conrad darauf aufmerksam, dass die Römer, als eine Art Schutztruppe gegen die Germanen, Sarmaten im Hunsrück angesiedelt hatten – Reiterstämme, die aus Asien bis ins europäische Russland gekommen waren und später teilweise von den Römern angeworben wurden. Und wer Pfälzer unter seinen Vorfahren hat – was auf viele Saarländer zutrifft –, der kann durchaus ein paar schwedische Gene abbekommen haben: Zwei Herzöge von Pfalz-Zweibrücken waren von 1681 bis 1718 auch Könige von Schweden, von wo sie sich Handwerker nach Zweibrücken holten.

Die nächsten großen Einwanderungs-Kontingente liegen schon in unserer heutigen Lebenswelt: Italienische Gastarbeiter kamen in den 1960er und 70er Jahren – noch heute verzeichnet das Statistische Landesamt etwa 18 000 Menschen mit italienischem Pass an der Saar –, ihre Nachfahren sind längst integriert. Ende der 1980er Jahre kamen die ersten Spätaussiedler aus Russland, „sie und ihre Nachfahren – alles sehr fleißige Leute – stellen in meiner Gemeinde etwa 15 Prozent“, sagt Conrad, und er ergänzt: „Inzwischen macht schon die dritte Generation das Abitur.“

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