Die Leseratte aus Kleinblittersdorf Ohne ein Buch in der Hand sieht man sie selten

Kleinblittersdorf · Gut 3000 Bücher hat Christiane Hohlreiter in ihrem Leben schon gelesen, und es dürften wohl noch einige dazukommen.

 Christiane Hohlreiter liest, seit sie die ersten Buchstaben in der Schule gelernt hat. Sie liebt es, in andere Welten einzutauchen.

Christiane Hohlreiter liest, seit sie die ersten Buchstaben in der Schule gelernt hat. Sie liebt es, in andere Welten einzutauchen.

Foto: Heiko Lehmann

Eine wunderschöne bretonische Landschaft, strahlender Sonnenschein und das Rauschen des Meeres – wenn Christiane Hohlreiter davon erzählt, wie sie ein Buch liest, blüht sie richtig auf. „Ich kann sogar den Sand unter den Füßen spüren. Wenn ich lese, tauche ich in eine andere Welt ab und bin mitten in der Geschichte. Ich liebe das Lesen“, sagt die 59-Jährige.

Sie liest seit mehr als 50 Jahren Bücher – etwa fünf im Monat und somit 60 Bücher pro Jahr. In einem halben Jahrhundert kamen so schon mehr als 3000 gelesene Bücher zusammen.

„Das kommt in etwa hin. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mal mehrere Tage hintereinander nicht gelesen habe. Ein Buch habe ich immer griffbereit“, erzählt die Kleinblittersdorferin.

Ihre Oma nahm sie Ende der 1960er Jahre zum ersten Mal mit in die Bücherei in Kleinblittersdorf. Damals war diese noch in der Sakristei der katholischen Pfarrkirche. „Meine Eltern und meine Großeltern haben früher sehr viel gelesen, und ich bekam mit, wie fasziniert sie von den Büchern waren. Als ich in der Schule war und selber lesen konnte, habe ich sofort angefangen Geschichten und kleinere Bücher zu lesen“, erzählt sie.

Früher gab es bei den Hohlreiters noch keinen Fernseher, und die Eltern sind abends immer zu den Nachbarn, um fernzusehen. Da die kleine Christiane damals früh ins Bett musste, las sie so ziemlich alles, was sie in die Finger bekam. Hanni und Nanni, alle Sorten von Comics, und als Jugendliche kamen auch Romane und Krimis dazu.

„Ich konnte mir damals gar nicht vorstellen, ohne ein Buch zu leben. Das hat sich bis heute nicht geändert“, sagt sie und muss lachen.

Auch die Bücherei in Kleinblittersdorf begleitet sie schon ihr ganzes Leben lang. Mit neun Jahren half sie, die Bücher mit Spray und Handtüchern sauber zu halten. Auch bei allen Umzügen der Bücherei, von der Sakristei in die Hauptstraße, in das Rathaus und nun ins Erdgeschoss der Kindertagesstätte war Christiane Hohlreiter dabei. Bis heute hilft sie in der Bücherei mit, erklärt den Lesern die Bücher und wickelt die Ausleihen ab.

„Insgesamt sind es im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten etwas weniger Menschen geworden, die Bücher ausleihen kommen. Aber in der Winterzeit wird nach wie vor viel gelesen“, weiß sie. Für sie ist die Bücherei eine der besten Institutionen überhaupt. „Lesen bildet, macht Spaß und kann kostenlos sein. Bei uns in Kleinblittersdorf kostet das Ausleihen nichts“, sagt die 59-Jährige weiter.

Sie hat Englisch und Französisch studiert aber ihre eigene berufliche Karriere hintangestellt. „Wir bekamen früh Kinder, und ich bin in meiner Rolle als Hausfrau voll aufgegangen. Natürlich hatte ich bei allen Arbeiten immer ein Buch dabei. Zeit für das Lesen habe ich mir immer genommen.“

Auch das Coronavirus hat gegen die Liebe der Kleinblittersdorferin zu ihren Büchern keine Chance. „Obwohl“, sagt sie und denkt nach. „Es gab im Sommer mal eine Durststrecke, da fand ich einfach kein schönes Buch. Das war schlimm, und ich bin fast verzweifelt“, sagt sie und lacht wieder. Doch das hat sich mittlerweile wieder geändert.

Zurzeit liest sie einen bretonischen Krimi. Und wenn jetzt die Tage bei uns wieder kürzer werden und die Abende früh beginnen, freut sie sich auf ihren heimischen Lesesessel, wenn sie sie sich in ferne und warme Länder träumen kann und dabei immer mitten in der spannenden Geschichte ist.

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