Lieber schaffen gehen als versorgt werden

Völklingen. FDP-Bundeschef Guido Westerwelle schimpft über eine Versorgungsmentalität. Die Saarländische Armutskonferenz fordert derweil einen Sofort-Zuschlag auf die Kinder-Regelsätze. Die Diskussion, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes losgebrochen ist, berührt derweil die rund 5000 Betroffenen in Völklingen und Großrosseln in ihrer Lebenswirklichkeit noch wenig

Völklingen. FDP-Bundeschef Guido Westerwelle schimpft über eine Versorgungsmentalität. Die Saarländische Armutskonferenz fordert derweil einen Sofort-Zuschlag auf die Kinder-Regelsätze. Die Diskussion, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes losgebrochen ist, berührt derweil die rund 5000 Betroffenen in Völklingen und Großrosseln in ihrer Lebenswirklichkeit noch wenig. Darunter sind auch viele Kinder, Schüler, Mütter, die Kleinkinder betreuen müssen, Menschen mit starken gesundheitlichen Einschränkungen. Die Vermittler bei der zuständigen Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaft (Arge) in der Völklinger Poststraße konzentrieren ihre Anstregungen im Moment auf rund 3200 Personen, die im Prinzip sofort eine Arbeitsstelle antreten könnten.Vermittlungs-Leiter Stefan Franz (Foto: bub) kümmert sich da gemeinsam mit 24 Kollegen seit rund fünf Jahren um jeden Einzelfall. Aus dem täglichen Umgang mit den Klienten haben Franz und Kollegen den Eindruck gewonnen, "dass deutlich mehr als 90 Prozent wirklich arbeitswillig sind. Das Problem ist vielmehr, dass sie derzeit auf dem Arbeitsmarkt nicht ankommen". Die Arge bemüht sich, für jeden das Passende aus dem Katalog der möglichen Hilfen anzubieten. Der umfasst Qualifizierung, Weiterbildung, Umschulung, Persönlichkeitstraining und Bewerbungstraining, Deutschkurse, Ein-Euro-Jobs (zumindest als Übergangsphase), überbetriebliche Ausbildung und berufsvorbereitende Maßnahmen für Jugendliche, Unterstützung bei der Jobsuche. Franz: "Wenn jemand bei einem Arbeitsgeber bereits einen Fuß in der Tür hat, kann auch ein Eingliederungszuschuss gewährt werden."Bei dem auf unter zehn Prozent geschätzten Anteil der Klienten, der nicht richtig motiviert wirkt, wendet die Arge laut Franz "ein engmaschiges Konzept des Forderns an". Das heißt zum Beispiel: Da wird täglich überprüft, ob die Leute auch zu der Maßnahme erscheinen, der sie zugewiesen wurden. Ohne Krankenschein wird kein einziger Fehltag toleriert. Nach einer bestimmten Zeit wird abgefragt, ob vereinbarte Bewerbungen wirklich abgeschickt wurden. Bei Versäumnissen setzt ein (sich steigernder) Katalog von Sanktionen ein. Wer einen Termin ohne Grund platzen lässt, muss bereits mit zehn Prozent Abzug auf die Geldleistung rechnen. Bei anhaltender Verweigerung kann dies bis zu 100 Prozent gehen. Bei jungen Leuten unter 25 ist die Regelung besonders hart. Da kann schon ein einziger massiver Verstoß dazu führen, dass sie statt Geld nur noch Lebensmittelgutscheine erhalten.Nicht alle 5000 Hartz-IV-Empfänger in der Region können arbeiten. Doch alle müssen versorgt sein. Die Leistungsabteilung steht hier nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor einer erneuten Gratwanderung. > Seite C 3: Weiterer Bericht.

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