Unklarheit, für wen die längere Gymnasialzeit gilt „Chaos“ und „Blindflug“: CDU und Grüne attackieren Saar-Ministerin wegen G9-Reform

Das neunjährige Gymnasium kommt nach den Sommerferien für die Fünftklässler. Und was ist mit den anderen Klassenstufen? CDU und Grüne üben heftige Kritik an Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot.

G9-Reform​ im Saarland:  „Blindflug“ – CDU und Grüne attackieren Saar-Ministerin
Foto: dpa/Armin Weigel

Die Landesregierung erntet für das Tempo bei der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium scharfe Kritik von CDU und Grünen. Die CDU-Fraktion wirft Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) ein „Kommunikations-Chaos“ vor, das die gesamte Schulgemeinschaft an Gymnasien verunsichere. Eltern und Schüler würden völlig im Dunkeln darüber gelassen, wie es nach den Sommerferien weitergehen solle. Die Grünen attestieren Streichert-Clivot einen „bildungspolitischen Blindflug“.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hatte in ihrer Regierungserklärung am 26. April angekündigt, dass G9 ab diesem Sommer für alle Schüler gelten wird, die dann in die fünfte Klasse kommen. Wie mit weiteren Jahrgängen umgegangen wird, sollte mit allen Beteiligten festgelegt werden.

Am Tag darauf aber klang Streichert-Clivot schon wesentlich verbindlicher, als sie im SR sagte, man wolle die Reform zum Schuljahr 2023/24 auf die Klassenstufen 5, 6 und 7 ausweiten. Diese Schülerinnen und Schüler würden „auf jeden Fall“ ihr Abitur nach neun Jahren ablegen.

Doch was die Umstellung für alle anderen Klassenstufen außer den neuen Fünfern bedeutet, ob es für sie etwa Wahlmöglichkeiten zwischen G8 und G9 gibt, ist noch gar nicht klar. „Derzeit sind wir am prüfen, sowohl mit den Landkreisen, was Raumbedarfe angeht, aber auch mit unserem Haus, was rechtliche Aspekte angeht, ob wir dieses Angebot auf weitere Jahrgänge ausweiten können.“ So hatte das auch Rehlinger stets gesagt.

Der CDU-Bildungspolitiker Frank Wagner sagte, Streichert-Clivots Bildungsministerium sei bei der Umsetzung von G9 planlos. „Die Schubladen in ihrem Haus sind leer – es existieren keine Pläne, es gibt kein klares Konzept. Das Vorhaben G9, das die SPD groß angekündigt hatte, wurde nie konzeptionell unterfüttert.“

Die neue bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Jutta Schmitt-Lang, erklärte: „Wir erwarten ganz grundsätzlich eine klare Prioritätensetzung in der Bildungspolitik. Statt jede Woche eine andere Schlagzeile zu produzieren, müssen die angekündigten Themen konsequent und handwerklich sauber aufgesetzt werden.“

Die Grünen forderten, die Einführung von G9 an den Gymnasien zu verlangsamen. Landesvize Volker Morbe und die Saarbrücker Kreisvorsitzende Anne Lahoda erklärten: „Die Gemeinschaftsschulen benötigen zusätzliche Lehrkräfte derzeit dringender als die Gymnasien.“ Die pädagogischen Bedingungen an Gemeinschaftsschulen hätten sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert.

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Durch den Beginn von G9 schon im nächsten Schuljahr ergebe sich eine Fülle von gravierenden Problemen. Grundlegende Elternrechte würden verletzt und die Gymnasien einem „völlig unnötigen Veränderungsstress“ ausgesetzt, erklärte Lahoda. Statt die Erfahrungen der Einführung von G8 vor 20 Jahren zu berücksichtigen, werde das neunjährige Gymnasium jetzt „im Schweinsgalopp“ eingerichtet.

Die Grünen meinen, dass es im Sinne des Vertrauensschutzes notwendig gewesen sei, G9 nach Klärung aller Fragen frühestens ab dem Schuljahr 2023/24 aufsteigend und beginnend mit Klasse 5 umzusetzen.

Bildungsministerin Streichert-Clivot hatte am Dienstag gesagt, mit der Kritik, dass es zu schnell gehe, müsse man sich im Bildungsbereich immer mal wieder auseinandersetzen. „Ich würde eher sagen: Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Die Frage G8/G9 beschäftige Lehrer, Eltern und Schüler im Saarland nun schon viele Jahre. Sie kündigte an, die Veränderungen mit den Verbänden zu besprechen. Derzeit wird an Lehrplänen und Stundentafeln gearbeitet.

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