Gegensätzliche Entwicklung im Vergleich zum Bund Stimmung der Saar-Wirtschaft verschlechtert sich zunehmend: Diese Faktoren belasten die Saar-Industrie

Saarbrücken · Die Stimmung bei den Unternehmen im Saarland hat sich laut der Mai-Umfrage der IHK weiter verschlechtert. Nur 44 Prozent der befragten Unternehmen sprechen derzeit von einer guten Geschäftslage.

Saar-Wirtschaft: Weiterhin schlechte Stimmung bei den Unternehmen laut IHK
Foto: dpa/Becker & Bredel

Die Saar-Wirtschaft befindet sich mitten in einem Stimmungstief. Der IHK-Lageindikator sank um weitere 1,2 Punkte auf 34,9 Zähler. Der IHK-Erwartungsindikator setzte mit einem Minus von 0,7 Punkten seine Talfahrt fort und rangiert mit -11,1 Zählern im roten Bereich. Es sei nach Auskunft der IHK der dritte Rückgang nacheinander. An der Mai-Umfrage der IHK Saarland hatten sich rund 300 Unternehmen mit gut 100.000 Beschäftigten beteiligt.

„Erhebliche Geschäftsrisiken“ würden in der saarländischen Industrie Pessimismus verbreiten. Mittlerweile sei die miese Stimmung auch in größeren Teilen der Dienstleistungswirtschaft angekommen. „Die Folgen des Ukraine-Krieges schlagen mehr und mehr auf die Saarwirtschaft durch. Hinzu kommen die anhaltend harten Lockdowns in China, die die Lieferkettenprobleme verschärfen und die Wachstumsdynamik in der EU und in den USA massiv dämpfen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé. Diese Faktoren würden insbesondere die Perspektiven der exportorientierten Saar-Industrie belasten. Auch Preissprünge und die drohende Zuspitzung der Energiekrise in Mitteleuropa würden die Unternehmen verunsichern und verringerten deren Investitionsbereitschaft.

Der steigende private Konsum im Zuge der gelockerten Corona-Beschränkungen könne diese Verluste nicht ausgleichen. Die IHK sieht nur äußerst geringe Chancen, dass 2022 zu einem „Aufholjahr“ für die Saar-Wirtschaft werde. In den nächsten beiden Quartalen sei eine Stagnation zu befürchten, so Thomé.

Insgesamt bewerten laut IHK derzeit 44 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut, 46 Prozent mit befriedigend und zehn Prozent mit schlecht. Gut würden die Geschäfte in der Stahlindustrie, der Elektroindustrie, der Keramikindustrie sowie bei den Herstellern von Metallerzeugnissen laufen. Überwiegend befriedigend sei die Lage im Fahrzeugbau, in der Gießerei-Industrie, im Ernährungsgewerbe, in der Gummi- und Kunststoffindustrie, im Maschinenbau, im Stahlbau, in der Medizintechnik sowie in der Bauwirtschaft. Über alle Industriebranchen gerechnet seien die kumulierten Umsätze in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 12,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen (Bund: +13,8 Prozent). Im Dienstleistungsgewerbe würden 86 Prozent der befragten Unternehmen über gute oder befriedigende Geschäfte berichten. Gute bis sehr gute Geschäfte vermelde die IT-Branche. Bei den Banken, in der Versicherungswirtschaft, im Verkehrsgewerbe sowie bei den sonstigen unternehmensnahen Dienstleistern sei die Geschäftslage überwiegend befriedigend.
Handel und Gastronomie profitierten von dem Ende der Corona-Beschränkungen und dem sommerlichen Wetter: Hier gebe es eine „lebhafte“ Nachfrage.

Die IHK befürchtet, dass sich die Saar-Wirtschaft in den kommenden sechs Monaten in „schwierigem Fahrwasser“ befinden wird. Nur sieben Prozent der Betriebe rechnen laut IHK-Umfrage mit besseren, 18 Prozent dagegen mit schlechteren Geschäften. Die verbleibenden 75 Prozent gingen von einer gleichbleibenden Geschäftsentwicklung aus. Hoffnungsvolle Töne kämen vor allem aus der IT-Branche. Weite Teile der Saar-Industrie hingegen seien pessimistisch.

„In der gegenwärtig angespannten Situation, in der viele Unternehmen nicht wissen, ob die angenommenen Aufträge sich am Ende überhaupt rechnen, darf die Politik keine weiteren Preis- und Kostenschübe verursachen. Die Sicherung der Investitions- und Innovationsfähigkeit und damit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit muss oberste Priorität haben“, fordert Thomé. Nur dann werde es gelingen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. In der jetzigen Situation gelte es vor allem, ein Energieembargo gegenüber Russland und einen weiteren Inflationsschub unter allen Umständen zu vermeiden. Sonst drohe eine Phase der Stagflation, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Außerhalb des Saarlandes scheinen die Unternehmen besser, mit den derzeitigen Herausforderungen umgehen zu können. Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts steuere die deutsche Wirtschaft trotz des Kriegs in der Ukraine und Problemen mit den Lieferketten nicht auf eine Rezession zu. Im Mai habe sich die Stimmung in den Unternehmen überraschend erneut aufgehellt. Das Ifo-Geschäftsklima stieg im Vergleich zum April um 1,1 Punkte auf 93,0 Zähler. An der Umfrage des Ifo-Instituts hatten sich rund 9000 Firmen beteiligt.

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