Theatergastspiel Über Vorurteile und Falschmeldungen

Homburg · Das Berliner Kriminal-Theater brachte „Die zwölf Geschworenen“ auf die Bühne des Homburger Saalbaus – eine erstklassige Aufführung bei zurückhaltendem Besuch.

 Der Geschworene Nummer 8 (Matti Wien, Bildmitte) geht vor allem den beiden Herren rechts (Wolfram von Stauffenberg und Thomas Linke) gehörig auf die Nerven. Das Berliner Kriminal-Theater gastierte im Homburger Saalbau.

Der Geschworene Nummer 8 (Matti Wien, Bildmitte) geht vor allem den beiden Herren rechts (Wolfram von Stauffenberg und Thomas Linke) gehörig auf die Nerven. Das Berliner Kriminal-Theater gastierte im Homburger Saalbau.

Foto: Sebastian Dingler

Ein moralisches Lehrstück bekamen die Theaterbesucher am Donnerstagabend im Kulturzentrum Saalbau in Homburg zu sehen. Einmal mehr gastierte das Berliner Kriminal-Theater in der Kreisstadt, dieses Mal mit dem Stück „Die zwölf Geschworenen“, dessen Stoff vielen durch Sidney Lumets gleichnamigen Kinofilm von 1957 bekannt sein dürfte.

Damals spielte Henry Fonda die Rolle des Geschworenen Nummer 8, im Saalbau war es Matti Wien, der als einziger der zwölf Geschworenen begründete Zweifel an der Schuld des 18-jährigen Angeklagten hat. Für die anderen Elf ist der Fall klar: Der junge Mann hat seinen Vater mit einem Messer erstochen, alle Zeugenaussagen sprechen dafür. Da das Urteil einstimmig fallen muss, ist ihnen der Geschworene Nummer 8 ein Ärgernis, zwingt er sie doch bei brütender Hitze zu langen Diskussionen und Analysen der Zeugenaussagen. Dennoch schafft Nummer 8 es mit seiner ruhigen Beharrlichkeit, die anderen Geschworenen nach und nach auf seine Seite zu ziehen.

Deren moralische Mängel werden nach und nach aufgedeckt: Der eine will ein schnelles Urteil, damit er es noch zu seinem Baseballspiel schafft, die andere zeigt kein großes Interesse für den Fall, ein dritter lässt sich nur von seinen Vorurteilen leiten. Dabei steht nichts Geringeres als ein Menschenleben auf dem Spiel, denn dem 18-jährigen Angeklagten droht der elektrische Stuhl. Ganz hartnäckig bei ihrem Urteil „schuldig“ bleibt bis kurz vor Schluss die Geschworene Nummer  3 (Katrin Martin), die die Wut auf ihren eigenen Sohn auf den Angeklagten projiziert.

Doch nach und nach fallen die Masken, müssen jene Elf, die für schuldig plädiert hatten, einsehen, dass sie vorschnell geurteilt hatten. Die Adaption des Berliner Theaters brachte gegenüber dem Original einige zeitgemäße Veränderungen mit sich. So waren natürlich nicht nur Männer, sondern auch  fünf Frauen unter den Geschworenen. Dadurch kam mehr Brisanz in die Macho-Sprüche des vorurteilsbehafteten Geschworenen Nummer  10, eines Rüpels, der von Thomas Linke sehr überzeugend verkörpert wurde. Klar auch, dass er den standhaften Geschworenen Nummer 8 als „Gutmensch“ titulierte. Dass eine der Darstellerinnen anfangs aus dem Fenster blickte und den Trump-Tower zu erblicken meinte, spielte auf die Aktualität des Stoffes an: Geht es nicht gerade heute immer mehr darum, was Tatsachen und was vorgetäuschte Nachrichten, also „fake news“, sind? Welchen Aussagen, welcher Wahrnehmung kann man noch trauen?

Schade, dass der insgesamt überzeugenden Aufführung nicht mehr Zuschauer beiwohnten – etwa 150 dürften es im Saalbau gewesen sein. Unter ihnen befand sich Klaudia Kaufmann aus Blieskastel Sie meinte: „Das Stück war toll. Der Hauptdarsteller mit seiner ruhigen Art hat mir besonders gut gefallen, aber es war jeder auf seine Art ganz toll dargestellt.“ Ihre Freundin Susanne Hager sagte, das Stück habe ihr besser gefallen als der Film: „Nur schade, dass es nicht so gut besucht war, das tat mir für die Schauspieler leid.“ Sehr gut gefallen hatte die Aufführung auch Ingrid Trauter, besonders Katrin Martin in der Rolle der Geschworenen Nummer 3, die als letzte von ihrem Urteil „schuldig“ abgerückt war: „Ich fand, dass die das sehr gut gespielt hat.“

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