Saarländischer Fotografiepreis Die tägliche Pflicht zum Foto

Merzig · Die Saarbrücker Fotografin Ingeborg Knigge, die das Fotoatelier der HBK Saar leitet, hat den Monika-von-Boch-Preis für Fotografie erhalten.

  Foto aus der Serie „Have you done your duty“, einem 1991 begonnenen fotografischen Tagebuch Ingeborg Knigges.

Foto aus der Serie „Have you done your duty“, einem 1991 begonnenen fotografischen Tagebuch Ingeborg Knigges.

Foto: Ingeborg Knigge

Der Ausstellungstitel „Fortgang. Ingeborg Knigge retrospektiv“ hätte kaum besser gewählt sein können. Die Schau im Merziger Museum Schloss Fellenberg blickt auf vier Jahrzehnte ihres künstlerischen Schaffens zurück, erzählt aber auch von Knigges Fortentwicklung bis heute. Eingerichtet wurde die Ausstellung aus Anlass der Verleihung des 9. Monika-von-Boch-Preises am vergangenen Sonntag an Knigge. Den Preis vergibt das Museum alle zwei Jahre für ein herausragendes Werk an künstlerische Fotografen der Region. Die 1955 im hessischen Melsungen geborene Knigge studierte in Frankfurt Bildhauerei, konzentrierte sich aber bald ganz auf die Fotografie. 2005 erhielt sie einen Lehrauftrag an der HBK Saar und wurde im Jahr darauf Leiterin des Fotoateliers der Saarbrücker Kunsthochschule.

In den vergangenen Jahren war Knigge viel zu selten in Einzelausstellungen zu sehen; um so schöner ist es nun, nicht nur ältere Arbeiten zu sehen, sondern auch jüngere Werke entdecken zu dürfen. Eine der ältesten Serien, die Knigge beharrlich bis heute weitertreibt, ist „Have you done your duty“. Seit 1991 dokumentiert sie in einem fotografischen Tagebuch mit mittlerweile mehr als 7800 Fotos die täglich getane Hausarbeit. Ohne „Effekthascherei und Inszenierungszauber“, wie Laudator Roland Augustin vom Saarlandmuseum in seiner Rede zur Preisverleihung betonte, gewährt Knigge einen scheinbar beiläufigen Einblick in ihr Leben. Wohnung und Garten, Freunde und Familie, persönliche Habseligkeiten – nichts bleibt der Kamera verborgen. Die Fotografie wird integraler Bestandteil bei der Erfüllung der täglichen Pflicht. Dabei überhöht Knigge durch die fotografische Dokumentation Banales und Alltägliches so sehr, dass sich der ästhetische Reiz des Alltäglichen fast zwangsläufig aufdrängt. Knigge fotografiert aber nicht die Verrichtung der Hausarbeit, sondern dokumentiert auch das Ergebnis und damit die Spuren des Ereignisses.

Immer wieder hob die Fotokünstlerin in den vergangenen Jahrzehnten den dokumentarischen Charakter der Fotografie aber auch auf, um unsere Sehgewohnheiten zu hinterfragen. In der Serie „Allegorie“ setzt sie zwei Szenen so geschickt nebeneinander, dass man schon genau hinsehen muss, um zu erkennen, dass es sich nicht um eine Aufnahme handelt. Fragmente der Wirklichkeit werden in den Montagen neu komponiert. Wobei dem Betrachter überlassen bleibt, welche Geschichte er sieht – etwa, wenn „Claudia“ im Vordergrund mit resigniertem Blick eine Zigarette raucht, während im virtuellen Bildhintergrund ein Mann müde auf Papiere starrt. 

In den vergangenen Jahren ist Knigges Arbeit wieder stark dokumentarisch geprägt, und die letztendliche Auswahl von Motiv und Ausschnitt wurde zum bestimmenden künstlerischen Mittel. Typisch für die Saarbrücker Zeit Knigges sind Naturaufnahmen, Wald- und Seestücke, aber auch Detailansichten von Pflaster und Asphalt, sowie Reflexionen in Wasser oder Fenstern. In der Serie „Hausnummern“ fotografiert sie seit vielen Jahren Hauseingänge von Privatbauten, die für viele Besitzer und Bewohner Aushängeschild sind. Geprägt von Baumarkt-Ästhetik und Geltungsbedürfnis dokumentieren die Architekturansichten einen eigenen Begriff von Ordnung und Schönheit. Wirklich reizvoll werden die Fotos erst durch das Auge der Fotografin, die architektonische Elemente zu reduzierter geometrischer Grafik werden lässt, deren einzig figuratives und ordnendes Element die Ziffer der Hausnummer ist.

Das beweist einmal mehr den grafischen Charakter von Knigges Werk. Fliesen an der Hauswand und Linien des Pflasters werden zu Rastern, Spiegelungen auf der Saar zu ab­strakten Mustern, Pfützen zu Farbflächen, serielle Reihungen und Wiederholungen sind ein Spiel mit Rhythmus und Form. Trotz experimenteller Neugier folgt Knigge dabei konsequent strengen Konzepten, was sich an der Arbeit in Werkserien leicht ablesen lässt.

 Ingeborg Knigge ist die  9. Preisträgerin des Monika-von-Boch-Preises für Fotografie.

Ingeborg Knigge ist die 9. Preisträgerin des Monika-von-Boch-Preises für Fotografie.

Foto: Ingeborg Knigge/Mechthild Schneider

Ausstellung bis 4. Juli im Museum Schloss Fellenberg in Merzig. Di bis Fr: 14 bis 17 Uhr

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