Musical in Neunkirchen Detektivspiel mit schnoddriger Schnauze

Neunkirchen · Es wird fleißig geprobt für das Familien-Musical „Emil und die Detektive“, auch wenn Corona vieles verkompliziert. Läuft alles nach Plan, feiert das integrative Projekt des Kutscherhaus Vereins am 25. Juni Premiere in der Gebläsehalle.

 Proben für das Musical „Emil und die Detektive“: Jonas (mit den gelben Turnschuhen) spielt Emil Tischbein.

Proben für das Musical „Emil und die Detektive“: Jonas (mit den gelben Turnschuhen) spielt Emil Tischbein.

Foto: Anja Kernig

„Für einen Fall Detektive jesucht! Es läuft ein Jauner frei herum“ Es lässt sich nicht leugnen: Wir sind in Berlin. Akustisch jedenfalls, tatsächlich hocken die singenden Mädchen und Jungen auf zwei Bänken in der Turnhalle der Bachschule und versuchen, das Tempo zu halten, das Kantor Jan Brögger am Keyboard vorgibt. Das Ganze mit original schnoddriger Berliner Schnautze  – und dann noch durch die derzeit unvermeidliche Maske, Respekt!

Es war die letzten zwei Jahre ruhig geworden um die Musicalstadt Neunkirchen. Corona sorgte für eine Zwangspause, sichere Planungen und kontinuierliches Arbeiten war lange ein Ding der Unmöglichkeit. Edda Petri und ihr Team ergriffen trotzdem die Initiative und casteten im Sommer mutig los für ihr Projekt „Emil und die Detektive“. Bei dem Familien-Musical handelt es sich um eine Produktion des Kutscherhaus-Vereins in Kooperation mit dem städtischen Kreativzentrum Kutscherhaus. Finanziell möglich machen das die Globus-Stiftung, das Ministerium für Bildung und Kultur, die Sparkasse Neunkirchen sowie die Stiftung für Bürger Landkreis Neunkirchen.

Seit dem 1. Oktober laufen die Proben – an mehreren Orten. „Größere Räume sind derzeit extrem begehrt“, berichtet Regisseurin Petri. Mehr als „kleine Zeitfenster“ bekommt man kaum. Kein unlösbares Problem, vorausgesetzt, man stemmt die Logistik. Hier in die Turnhalle kann die Truppe freitags von 16 bis 18 Uhr rein. Anschließend besteht die Möglichkeit, ins KOMM zu wechseln. Dort steht allerdings auch nur ein 45 Minuten-„Fenster“ offen. Zusätzlich können die Kellerräume des Pfarrheims Herz Jesu in der Norduferstraße genutzt werden, wo die St. Marien-Gemeinde regulär ihren Hüttenberger Mittagstisch anbietet. „Dort darf man aber auf keinen Fall singen. Wegen der Deckenhöhe“, erklärt Edda Petri und schüttelt den Kopf. „So eine aufwändige Organisation hatte ich noch nie.“

Wozu der Umstand, dass zwei hörbehinderte Kinder mitwirken, nur marginal beiträgt. Vor allem technisch ist es etwas knifflig, die Hörgeräte mit der Bühnentechnik zu synchronisieren. Aber: „Ich bin sehr froh, dass die beiden mitwirken“, betont die Regisseurin. Weil die Brüder tolle Mitsänger und -spieler sind und man damit auch dem integrativen Ansatz gerecht wird, dem sich die Globus Stiftung verschrieben hat. Einer der beiden, Jonas Klee, spielt sogar die Hauptrolle. Seine Behinderung nimmt der 12-Jährige sportlich.. „Da bin ich dran gewöhnt“ und „jeder respektiert das“ – in seiner Schule genauso wie hier beim Musical. „Manchmal versteh ich etwas nicht, dann frag ich einfach nach.“

Laut Petri singt Jonas „wie ein Engel“. Ob das schwierig ist? Er schüttelt den Kopf. „Erst habe ich gedacht, ich kann gar nicht so hoch singen. Ich war selbst überrascht von meiner Stimme.“ Denn eigentlich hat er es ja mehr mit Percussion. Was nicht von ungefähr kommt. Papa Tobias Klee ist begeisterter Schlagzeug- und Rhythmusdozent, neben seinem Beruf als Rektor der Grundschule Steinwald, wo er die Rhythmus- und Trommel-AG etabliert hat. Im Moment hat Jonas‘ Schlagzeug öfters Pause. Daheim läuft die Emil-CD fast in Endlosschleife rauf und runter. Bald kann sie jedes Familienmitglied mitsingen, grinst der Siebtklässler.

 Der Junge in den gelben Turnschuhe ist Jonas alias Emil Tischbein, Stella Ianni gibt Gustav, einen von Emilas Detektiven, der immer eine Hupe bei sich trägt.

Der Junge in den gelben Turnschuhe ist Jonas alias Emil Tischbein, Stella Ianni gibt Gustav, einen von Emilas Detektiven, der immer eine Hupe bei sich trägt.

Foto: Anja Kernig

Die 1929 mit großen Erfolg erschienene und 1936 von den Nationalsozialisten verbotene Geschichte Erich Kästners – Emil Tischbein jagt mit Kindern aus dem Kiez einen Gauner, der ihn im Zug bestohlen hat – findet er interessant. „Das war nicht wie in der heutigen Zeit“, von wegen mal schnell ‘ne SMS schreiben oder etwas googeln. Am Wert der Freundschaft hat sich indes nichts geändert, was auch den Reiz des Stücks ausmacht, findet Edda Petri: „Es geht im Grunde um Zusammenhalt“, der Grundtenor lautet „Uns kann nichts umhauen, auch wenn es uns ganz hart trifft.“ Die Freunde von Jonas sind jedenfalls ziemlich stolz auf ihn, „die wollen alle zur Aufführung kommen“. Angesagt für die Premiere am 25. Juni hat sich im Übrigen auch Komponist Marc Schubring.

Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Nachdem der musikalische Leiter, Jan Brögger, die Kids für heute entlassen hat, übernehmen Theaterpädagogin Sibille Sandmayer und Choreographin Janine Brennecke das Sagen. Jetzt darf durch die Halle getobt werden: „Mehr Detektive jesucht mit Jrips und Mumm: Ein Dieb jeht um!“ ruft Stella Ianni als Gustav und hupt lautstark mit ihrer Gummihupe. Aus allen Richtungen strömen die Helfer herbei, manche Räder schlagend, manche Roller fahrend.

Die wichtigsten Rollen, außer dem Emil, wurden laut der Regisseurin doppelt besetzt. Vorsichtshalber. Es sind halt Kinder, da geht man lieber auf Nummer sicher. Rund 30 junge Protagonisten sind es insgesamt, im Alter zwischen 7 und 15. Dazu kommen noch einige Erwachsene. Richtig knifflig wird es in der finalen Phase: „Wir können erst spät in die Gebläsehalle.“

 Die Damen am Rand von rechts: Theaterpädagogin Sibille Sandmayer, Regisseurin Edda Petri, Choreographin Janine Brennecke​ Foto: Anja kernig

Die Damen am Rand von rechts: Theaterpädagogin Sibille Sandmayer, Regisseurin Edda Petri, Choreographin Janine Brennecke​ Foto: Anja kernig

Foto: Anja Kernig

Um den Nachwuchsstars etwas die Scheu zu nehmen, bietet sich das Stadtjubiläum am 1. April an. Da will man mit einem 15-minütigen Ausschnitt Teil des Festaktes in der Gebläsehalle sein. „Einfach hinstellen und singen“, lautet der Plan. „Gut, um die Scheu zu verlieren, und gleichzeitig gute Werbung.“ Aufgeführt wird „Emil und die Detektive“ am 25., 26. und 27. Juni vormittags vor Schulklassen. Der Eintritt ist kostenlos. Produktionsassistentin Manuela Schmidt: „Wir möchten gerade als soziokulturelle Einrichtung im Quartier Nördliche Innenstadt nicht, dass der Besuch unseres Familienmusicals vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Das ist auch ganz im Sinne unserer Förderer und Sponsoren.“

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