Schule in Corona-Zeiten Trotz Corona bleiben Schulbusse rappelvoll

Saarbrücken · Seit Montag gehen wieder alle Saar-Schüler zur Schule. Viele fahren mit Bussen und Bahnen – und fühlen sich mulmig. Die Eltern fordern in Zeiten von Corona mehr Transport-Kapazitäten.

 Bereits vor Corona standen die Schüler, wie 2019 in Völklingen, Schlange. Die Situation im Saarland hat sich seit dem Schulstart am Montag nicht verändert. Weil eine Aufnahme von der Saarbahn nicht genehmigt wurde, liegt der SZ kein Foto über die aktuelle Situation in den Schulbussen vor.

Bereits vor Corona standen die Schüler, wie 2019 in Völklingen, Schlange. Die Situation im Saarland hat sich seit dem Schulstart am Montag nicht verändert. Weil eine Aufnahme von der Saarbahn nicht genehmigt wurde, liegt der SZ kein Foto über die aktuelle Situation in den Schulbussen vor.

Foto: BeckerBredel

  Anke Möller braucht unbedingt einen Kaffee. Es ist noch früh am Tag, kurz nach sechs Uhr. Möller,  braune Locken, blaue Uniform, einnehmendes Lächeln, ist Busfahrerin bei der Saarbahn. Die 54-Jährige, von ihrem Arbeitgeber als „super verlässliche Fahrerin“ angepriesen, fährt heute die Schulbuslinie 806.  Endstation ist die Rastbachtalschule. „Ich gehe davon aus, dass der Bus voll sein wird“, sagt sie mit einem breiten Grinsen. Das sei er bereits gestern gewesen. Auch deshalb der Kaffee.

Die 54-Jährige soll Recht behalten. Der Bus ist voll. Voller Schüler, etwa 40, zehn müssen stehen. Mindestens. Zusammengepfercht auf einem kleinen Raum.  Es ist eine Situation, bei der einem unbehaglich werden kann.

Wie etwa Matze Stegentritt, der eine Gesichts- und Nasenmaske unter seinem lockigen Haar trägt. Beim 15-jährigen  Schüler des Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasiums (WWG) verursachen „die immer sehr vollen Busse ein mulmiges Gefühl“. Doch ihm bliebe nichts anderes übrig, als mit dem Bus zu fahren. „Anders komme ich nicht zur Schule.“ Auch der Landesschülersprecher Lennart Seimetz, 16 Jahre, empfindet die Busfahrt als problematisch: „Schüler reihen sich an Schüler, wenig Abstand, eigentlich gar keiner“, fasst er das Gedränge zusammen.

Eine Situation, die Bernhard Strube, Sprecher der Landeselterninitiative für Bildung e.V., kritisiert. Er habe den Eindruck, „dass die Planer des öffentlichen Schülernahverkehrs den Transport der Schülerinnen und Schüler im neuen Schuljahr in den Ferien nicht mit der Vorsorge organisiert haben wie die Schulen ihren Aufenthalt auf dem Schulgelände und ihren Unterricht.“ Dabei habe „der ÖPNV doch auch eine Verantwortung dafür, dass in der Corona-Pandemie die schulische Bildung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist. Das hat ja auch politische Priorität“.

Nachfrage bei der Saarbahn, die für den Schülertransport im Regionalverband Saarbrücken zuständig ist. „Wir tun schon sehr viel, damit die Busse nicht allzu voll sind“, sagt Ulrike Reimann, Sprecherin der Stadtwerke und Saarbahn.  Zum Beispiel, indem der Dienstleister große Busse, sogenannte Gelenkbusse, in den Schullinienverkehr integriert. „Soweit es der Fahrplan eben zulässt“, wie sie sagt. Oder, indem „wir Busse, die eigentlich zur Uni fahren, im Schulverkehr einsetzen“. Außerdem stünden 18 Reservebusse „mit laufenden Motoren“ auf dem Betriebshof in der Malstatter Straße 5. Diese rückten dann aus, sobald sich einer der Busfahrer melde. An den ersten drei Tagen nach den Schulferien geschah das zehn Mal. Zwei Mal am Montag, drei Mal am Dienstag und fünf Mal am Mittwoch.

Zurzeit sind bei der Saarbahn 114 Busse unterwegs, 49 davon sind Schulbusse. Das  städtische Unternehmen biete damit alles auf, was es besitze. „Bei uns sind die Kapazitäten ausgeschöpft. Mehr geht nicht“, sagt Reimann. Für das Jahr 2020 rechnet der Betrieb mit einem Umsatzminus von fünf Millionen Euro.

Für Katja Oltmanns, Vorsitzende der Landeselternvertretung der Gymnasien, ist das keine Entschuldigung. Überfüllte Busse seien ja nicht allein ein „Corona-Problem“, sagt sie. „Wir fordern seit Jahren, dass mehr Transportmittel zur Verfügung gestellt werden.“ Doch passiert sei nichts. Die Folge? Viele Eltern würden ihre Sprösslinge nun selbst zur Schule fahren – und somit Stau vor den Schulen verursachen. So habe sich ein Fahrer am Montag beim Landespolizeipräsidium darüber beschwert, dass er wegen parkender Autos vor der Grundschule in Perl eine Straße nicht befahren könne. Am Dienstag meldete ein anderer Fahrer, dass eine Einbahnstraße an der Grundschule Bexbach blockiert sei. Zwei Beispiele von vielen.

Ein Szenario, das paradox anmutet. Denn die Fahrt mit dem Bus oder der Bahn zur Schule  kostet auch Geld. Nach Angaben des Saarländischen Verkehrsverbundes (SaarVV) kostet eine Jahreskarte im Monat 59,50 Euro. Für alle Landkreise. Auch für den Regionalverband. Geht’s über den Landkreis oder den Regionalverband hinaus, müssen die Kinder und Jugendliche eine Anschlusskarte kaufen. Ein Sprecher des SaarVV stellt klar: „Wir sind im Saarland mit den Einzelfahrkarten teuer, im Bereich des Abos bewegen wir uns  zu den anderen Bundesländern aber im Mittelfeld.“ Rabatt auf Schülertickets gibt es keinen mehr. Dieser betrug im Mai und Juni noch 50 Prozent. Als die Schüler nur alle zwei Wochen zur Schule mussten.

Seit Montag ist das wieder anders – und die Busse sind wieder sehr voll. Etwa die Linie 806, die um 7:27 Uhr an der  Rastbachtalschule ankommt. Pünktlich also.  Dank Frau Möller, der „super verlässlichen Fahrerin“. Nach dieser Fahrt benötigt sie wohl erst mal einen Kaffee.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort