"Migranten bereichern eine Kultur"

Saarbrücken. Mit der Wahl ihres Bruders Barack zum US-Präsidenten ist Auma Obama auf einen Schlag prominent geworden. Und das sei gut so, erklärt die 50-jährige Kenianerin in fließendem Deutsch und mit einem breiten Lachen. Sie nutzt ihre neugewonnene Popularität für ein Herzensanliegen

 Auma Obama, Schwester des US-Präsidenten, sprach am Freitag in Saarbrücken über ihr Studentenleben an der Saar-Uni. Foto: Dietze

Auma Obama, Schwester des US-Präsidenten, sprach am Freitag in Saarbrücken über ihr Studentenleben an der Saar-Uni. Foto: Dietze

Saarbrücken. Mit der Wahl ihres Bruders Barack zum US-Präsidenten ist Auma Obama auf einen Schlag prominent geworden. Und das sei gut so, erklärt die 50-jährige Kenianerin in fließendem Deutsch und mit einem breiten Lachen. Sie nutzt ihre neugewonnene Popularität für ein Herzensanliegen. Auma Obama arbeitet für die internationale Hilfsorganisation Care in Nairobi und hilft Jugendlichen in Ostafrika beim Start ins Leben. Es ist ihr eine "Herzensangelegenheit", weil auch sie in ihrem Leben erleben musste, wie schwer es ist, neu und fremd in einem Land zu sein.

Was viele nicht wissen: Ihre Erfahrungen, die Auma Obama heute an die Jugendlichen weitergibt, hat sie auch im Saarland gesammelt. Ihr Eintrittstor ins "Abenteuer Deutschland" war 1980 die Saar-Uni in Saarbrücken. Auma Obama hatte ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und einen Studienplatz am Studienkolleg der Uni bekommen. "Saarbrücken? Warum nicht, dachte ich. Schließlich kannte ich die Stadt genauso wenig wie Berlin, Heidelberg oder Bayreuth" - drei weitere Stationen in der Bundesrepublik, in der sie Germanistik, Anglistik und Film studiert hat.

"Doch der Start im Saarland war nicht einfach", sagt Obama. "Ich war neu in diesem Land, alles war fremd, und ich machte meine ersten Erfahrungen mit der deutschen Kultur, die so anders ist als die kenianische." Deutsche Kultur heiße beispielsweise, dass Lächeln leicht missverstanden werden kann. "In Kenia lächeln wir Menschen, die uns anschauen, freundlich an. Das hat aber keine tiefere Bedeutung." In Saarbrücken handelte sich die junge Auma mit ihrem Lächeln schnell mehr Verehrer ein, als ihr lieb war. Als einer von ihnen ihr 30 rote Rosen vor die Tür ihres Wohnheimzimmers legte, wusste sie: "Ich muss handeln und Dinge klarstellen."

Klischees und Vorurteile über Afrika ausräumen, auch das musste sie während ihres Aufenhaltes. "Mir unterstellten die Leute immer, nur weil ich schwarz bin, dass ich bestimmt gut kochen kann, traditionelle Musik höre und den ganzen Tag bunte Gewänder trage. Das stimmt nicht." Kochen lernte sie hier, ihre Lieblingsmusik war R'n'B, und Folklore-Kostüme wie in Filmen über Afrika trügen Kenianer nicht.

Auma Obama ist eine Luo, eine von mehr als 40 Ethnien in Kenia, der mehr als 3,5 Millionen Kenianer angehören. In Saarbrücken hielt die damals 20-Jährige neben ihren deutschen Kommilitonen vorzugsweise Kontakt zu Westafrikanern. Das lag zum einen an der Lage der Uni außerhalb des Stadtzentrums. Es war aber auch Angst. Sie wurde in Deutschland öfters wegen ihrer Hautfarbe angestarrt. Es verletzte sie, wenn sie merkte, dass Menschen im Bus von ihr abrückten, nur weil sie eine andere Hautfarbe hat.

Menschen aus anderen Kulturkreisen, die nach Deutschland wollen, rät sie heute zwingend Deutsch zu lernen. "Die Sprache ist der Schlüssel, um mit Menschen zu kommunizieren und so Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Sie sollen sich aber nicht unsichtbar machen, ihre Kultur verleugnen. Migranten bereichern eine Kultur und sind keine Last." Doch Integration funktioniere nur, wenn beide Seiten sich darum bemühen. Dem Saarland stellt Auma Obama in diesem Fach eine gute Note aus. Es sei ein Multikultiland, sagt sie heute. "Das ist eine Chance."

Auma Obama lebte insgesamt 16 Jahre lang in Deutschland und elf weitere in Großbritannien. Im Jahr 2007 ging sie zurück in ihre Heimat Kenia. Ihre Erfahrungen hat sie in einem Buch verarbeitet ("Das Leben kommt immer dazwischen"), aus dem sie am Freitagabend im Saarbrücker Rathaus las.

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