Für „vorsichtige Stadtreparatur“

Völklingen · Kommt das City-Center oder nicht? Über dieser Frage, meint der Architekt Holger Schwartz, Vorsitzender des Vereins „Initiative Bürgerstiftung Völklingen“, dürfe man nicht vergessen, nach der städtebaulichen Qualität des Geplanten zu fragen. Schwartz warnt vor einer „banalen Einkaufshütte“. Er plädiert dafür, das Wohnen in der Innenstadt zu halten, und wünscht sich einen „behutsameren Umgang mit der Stadt“.

 Blick auf den hübsch angelegten Martinsplatz, den liebevoll sanierte alte Häuser säumen: Diesen „historischen Kern Völklingens“ möchte der Verein „Initiative Bürgerstiftung Völklingen“ aufgewertet sehen. Archivfoto: Jenal

Blick auf den hübsch angelegten Martinsplatz, den liebevoll sanierte alte Häuser säumen: Diesen „historischen Kern Völklingens“ möchte der Verein „Initiative Bürgerstiftung Völklingen“ aufgewertet sehen. Archivfoto: Jenal

Wenn in Völklingen ein City-Center gebaut wird, dann viel kleiner als anfangs geplant: Das, sagte Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) jüngst im SZ-Gespräch, sei klar. Mehrere Projektentwickler hätten erklärt, die ursprünglichen Center-Dimensionen seien zu groß für den Standort. Derzeit sei einstöckige Bauweise mit Parkdeck drauf im Gespräch. Und zwar so, dass sich ein gerundeter Baukörper von der Rathaus- in die Karl-Janssen-Straße ziehen solle.

Hier knüpft Holger Schwartz an, Architekt und Vorsitzender des Vereins "Initiative Bürgerstiftung Völklingen" (IBV). Er warnt davor, "dass die kleine City-Center-Lösung auch Risiken birgt und langfristige, negative Konsequenzen haben kann". Selbstverständlich begrüße es die IBV, wenn in Völklingen investiert werde. Doch man dürfe nicht nur darauf schauen, ob das geplante City-Center nun komme oder nicht. Sondern müsse fragen, "ob das Kommende die beste Lösung für Völklingen ist oder nicht".

Gegen das, was jetzt im Gespräch ist, führt er städtebauliche Einwände ins Feld. Angesichts der vier- bis fünfstöckigen Bebauung in der Rathausstraße werde ein nur eingeschossiges Center-Gebäude einen "deutlichen Bruch im Straßenbild" verursachen. Fraglich sei auch, "ob eine eingeschossige Lösung mit Aussicht auf ein Parkdeck ein adäquates Gegenüber für das Alte Rathaus ist". Zur Erinnerung: Das Alte Rathaus ist ein Denkmal. Und Denkmalpfleger haben schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass solch eine "Stadtkrone" ein angemessenes Umfeld haben müsse.

Ein Problem ist für Schwartz auch die wieder aufgenommene Rundbau-Idee. Denn dabei wird die Alte Schulstraße überbaut. Und die, sagt Schwartz, sei nicht nur "wichtige Sicht- und Frischluftachse der Innenstadt", sondern auch Verbindung zum Quartier um den St. Martins-Platz und den alten Markt - diese Ecke, "Völklingens historischer Kern", werde dann von der Innenstadt abgeschnitten. Eine "mall"-ähnliche Erschließung der Center-Läden sei kein Ersatz für öffentlichen Straßenraum.

Das Wichtigste: Eine Stadt lebe vom "Mix aus unterschiedlichen Funktionen" - und Schwartz fürchtet, das Center könne das Wohnen aus der Innenstadt verdrängen, sollen dem Center doch frühere Wohnhäuser weichen. Der aktuelle Zustand dieser inzwischen leeren Bauten zeige, dass der Investor weder kreativ noch behutsam noch verantwortungsvoll umgehe mit diesem "Schatz": "Die IBV befürchtet, dass hier ein Herzstück Völklingens zugunsten einer banalen Einkaufshütte geopfert wird." Nur wenn man beim Planen alle diese Fehler vermeide, bekomme ein geschrumpftes Center der Stadt.

Falls das Center-Projekt aber scheitere, ergäben sich neue Chancen, meint Schwartz. Stärke man die Qualitäten, die das Quartier um den Alten Markt schon besitze - "maßstäblich" bebaut, mit einem "differenzierten Geflecht aus öffentlichen und privaten Räumen" -, werde attraktives Innenstadt-Wohnen möglich. So oder so plädiert er für einen "behutsameren Umgang mit der Stadt und dem Stadtbild", für eine "vorsichtige Stadtreparatur". Die sei nachhaltiger als eine "Zauberlösung aus dem Hut", nehme sie doch Rücksicht auf gewachsene Strukturen. Und nicht zuletzt, sagt Schwartz, müsse Planen die Menschen in der Stadt einbeziehen. Sie sollten nicht nur Zuschauer sein, "sondern auch mitgestalten und die Lösungen somit mittragen".

Doch solche Partizipation und Transparenz vermisst Schwartz in Völklingen: "Die zögerliche und scheibchenweise Information in Sachen City-Center zeigt beispielhaft, dass dies noch ein langer Weg ist."

 Zum Abbruch bestimmt, seit Jahren leer: drei Nachbarhäuser des ehemaligen Kaufhof-Baus, Rathausstraße 3 bis 9. Dem mittleren Haus ist trotz geglätteter Fassade noch anzusehen, dass es aus einer älteren Phase der Stadtgeschichte stammt. Archivfoto: Jenal

Zum Abbruch bestimmt, seit Jahren leer: drei Nachbarhäuser des ehemaligen Kaufhof-Baus, Rathausstraße 3 bis 9. Dem mittleren Haus ist trotz geglätteter Fassade noch anzusehen, dass es aus einer älteren Phase der Stadtgeschichte stammt. Archivfoto: Jenal

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HintergrundFür den Neubau des geplanten City-Centers hat der Investor, die Fondsgesellschaft Patron Dieter II, nicht nur den Ex-Kaufhof-Bau und das einstige Parkhaus von der Stadt erworben, sondern auch Nachbarbauten, zumeist aus privater Hand. Sie alle sollen abgerissen werden. Im einzelnen handelt es sich um die Häuser Rathausstraße 3 bis 9, Alte Schulstraße 10 bis 20, gegenüber auch die Häuser 1, 1a, 3 und 5 und die Häuser 6 und 8 in der Karl-Janssen-Straße. dd

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