Villa Lessing Saarbrücken Ein seltenes Lob auf den Kapitalismus

Saarbrücken · Der Autor Rainer Zitelmann verteidigt in der Villa Lessing das Wirtschaftssystem westlicher Staaten.

Der Kapitalismus hat einen eher schlechten Ruf. Kapitalismuskritik ist so sehr en vogue, dass in der öffentlichen Meinung quasi verankert ist, dass der Kapitalismus irgendwie böse, ausbeuterisch und ungerecht sei. Jemand, der sich gegen diese Sichtweise wehrt, ist der Historiker, Autor, Soziologe und Immobilieninvestor Rainer Zitelmann. Er behauptet im Titel eines seiner Bücher, dass Kapitalismus nicht das Problem, sondern die Lösung sei.

Auf Einladung der Villa Lessing hielt Zitelmann nun in Saarbrücken einen Vortrag zur Verteidigung des seiner Meinung nach „besten Wirtschaftssystems“. Zum Einstieg wählte er einen Vergleich: Wenn eine Frau plötzlich die Scheidung einreicht, weil sie ihre ganz normale Ehe mit der romantischen Traumbeziehung in einem billigen Liebesroman verglichen hat, dann sei das so, als ob Sozialisten immer noch von einem besseren System träumten. In den vergangenen 100 Jahren habe es aber 24 sozialistische Experimente auf der Erde gegeben, und sie alle seien gescheitert. Jedes Mal hätten die Antikapitalisten hinterher gesagt, das sei ja gar nicht der richtige Sozialismus gewesen – um dann einen weiteren fatalen Versuch zu starten. Aktuell sehe man es in Venezuela, wohin sozialistische Utopien führten, erklärte Zitelmann in der proppenvollen Villa Lessing.

Zitelmann kennzeichnet wirtschaftliche Systeme damit, dass sie immer eine Mischung aus Kapitalismus, also freiem Wirtschaften, und Sozialismus, also staatlichen Eingriffen, seien. Eine Studie habe dieses Verhältnis in eine Rangliste gebracht: Am kapitalistischsten seien demnach reiche Staaten wie Hongkong und Singapur, am anderen Ende stünden Kuba, Venezuela und Nordkorea. Gerade am Beispiel Korea könne man gut die Unterschiede sehen, wohin die beiden konträren Ansätze bei gleichen Voraussetzungen geführt hätten, so Zitelmann. Während im streng sozialistisch regierten Nordkorea immer noch Hungersnöte ausbrächen, herrsche in Südkorea ein hoher Wohlstand.

Ein Sonderfall, den Zitelmann ausführlich behandelte, ist China. Obwohl das Land politisch noch dem Sozialismus anhänge, habe allein die Öffnung der Märkte die Zahl der armen Chinesen in Rekordzeit von 88 auf ein Prozent verringert. Als sozialistische Umtriebe in Deutschland brandmarkte der Autor die Umgestaltung der Energiewirtschaft oder der Ruf nach Enteignung von Wohnungsinhabern. Größere Gegenreden blieben in der eher zahmen Diskussion nach dem Vortrag aus – dabei hatte der temperamentvolle Zitelmann sie sich ausdrücklich gewünscht.

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