Appell zum Sparen beim Aschermittwochstreffen Berrang: "Defizit abbauen ja, aber nicht zu Lasten der Bürger"Die Freien Wähler monieren frühen Sitzungsbeginn

St. Ingbert. Die Frage, wie sich angesichts einer dramatischen Finanzlage das örtliche Leben auch künftig organisieren lässt, prägt derzeit die Stadtpolitik. Und auch beim 35. Aschermittwochstreffen der St. Ingberter CDU, zu dem gut 300 Gäste in die Stadthalle gekommen waren, war das aktuelle Haushaltsdefizit das beherrschende Thema

St. Ingbert. Die Frage, wie sich angesichts einer dramatischen Finanzlage das örtliche Leben auch künftig organisieren lässt, prägt derzeit die Stadtpolitik. Und auch beim 35. Aschermittwochstreffen der St. Ingberter CDU, zu dem gut 300 Gäste in die Stadthalle gekommen waren, war das aktuelle Haushaltsdefizit das beherrschende Thema. Insbesondere Georg Jung, Oberbürgermeister und CDU-Stadtverbandsvorsitzender, nutzte seine Rede zu einem Appell an die gesamte Stadtgemeinschaft - Verwaltung, Bürger, Unternehmen und Vereine: "Gemeinsam können wir es schaffen, auch bei einem wesentlich engeren finanziellen Rahmen die gute Entwicklung unserer Stadt fortzuführen."

Konkret kündigte Jung an, in der Sitzung am 25. Februar dem Stadtrat ein Sanierungspaket vorzulegen. Mit seinen Maßnahmen sei es möglich, den städtischen Haushalt um fünf bis sechs Millionen Euro im Jahr zu entlasten und so St. Ingbert dauerhaft zu konsolidieren. Im Einzelnen zählte der OB acht Punkte auf, die aus seiner Sicht zwingend sind, um das "Zukunftspaket" wirken zu lassen. So ist in dem Konzept unter anderem eine sofortige Anhebung der Grundsteuer vorgesehen. Zudem sollen die Entgelte bei der Musikschule, der VHS, der Bücherei und den Hallen ebenso wie Eintrittspreise für kulturelle Veranstaltungen erhöht werden. Parallel sollen Betriebs- und Personalkosten gesenkt, städtische Immobilien verkauft und saniert sowie verwaltungsinterne Betriebsabläufe optimiert werden. Einnahmeeffekte biete auch die Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen sowie die Fremdvermietung städtischer Gebäude.

Für die politische Attacke, die traditionell zu einem politischen Heringsessen gehört, war dann Markus Gestier zuständig. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat betonte, dass seine Partei weiter auf Solidarität setze und keine "Ellenbogengesellschaft" wolle. Zugleich verteidigte er das Bündnis aus Union, FDP und Grünen in St. Ingbert gegenüber linker Verweigerungshaltung: "Jamaika ist mir allemal lieber als Kuba." Auch beim Thema Baumwollspinnerei fand Gestier klare Worte: "Das Projekt sichert St. Ingbert viele Fördermittel und ist bestimmt kein Projekt, das den Haushalt unnötig belastet." St. Ingbert. Die Haushaltslage in St. Ingbert treibt derzeit auch den Sozialdemokraten die Sorgenfalten ins Gesicht. Beim politischen Heringsessen, zu dem die SPD am Aschermittwoch ihre Parteifreunde in die Donauschenke eingeladen hatte, skizzierte der Stadtverbandsvorsitzende Thomas Berrang (Foto: SZ) das Ausmaß der Krise: "Bei einem strukturellen Defizit, durch das dauerhaft sechs Millionen Euro jährlich im Haushalt fehlen, werden bald die Löhne städtischer Mitarbeiter über Kredite bezahlt werden müssen." Aber allenfalls die Hälfte der Ausfälle seien der Wirtschaftskrise und ausfallender Gewerbesteuer geschuldet, der Rest ist laut Berrang "die Bilanz von Schwarz-Grün, die trotz unserer Warnung einen geschönten Haushalt vorgelegt hatte".

Die St. Ingberter SPD will sich nach den Worten ihres Vorsitzenden aber nicht einer Sanierung des Haushaltes verweigern. Dabei müsse aber alles auf den Prüfstand, auch die Gewerbesteuer und Leuchtturmprojekte. Berrang mit Blick auf eine Grundsteuererhöhung: "Die niedrigste Gewerbesteuer und die höchste Grundsteuer im Land ist mit uns nicht zu machen. Das Leben muss in St. Ingbert auch für Otto Normal-Verbraucher bezahlbar bleiben."

Widerstand seiner Fraktion kündigte Berrang auch gegen das Vorhaben der Jamaika-Koalition an, Aufsichtsratssitze bei den Stadtwerken und der GGE im Stadtrat "nach ihrem Gusto" zu vergeben. "Sich Mehrheiten verschaffen, wo der Wähler keine vergeben hat, wäre pseudolegal." Kritik an der Politik der Jamaika-Koalitionen im Land und in der Mittelstadt übte beim SPD-Treffen in St. Ingbert auch deren Kreisvorsitzender Stefan Pauluhn: "Das sind Bündnisse der Beliebigkeit". schet

St. Ingbert. Auch weil diese offenbar den Heringsessen der Parteien am Aschermittwoch geschuldet war, hat Christian Haag, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, die Terminierung des Stadtrats-Unterschusses "Zukunftspaket" kritisiert. Der Ausschuss war am Mittwoch und Donnerstag jeweils um 16 Uhr einberufen. Haag: "Eine Sitzung auf zwei Tage zu splitten und dann noch zu Zeiten anzusetzen, die ein normaler Arbeitnehmer nicht problemlos wahrnehmen kann, ist schon rücksichtslos. Das aber nur zu machen, damit abends termingerecht politische Fensterreden geschwungen werden können, ist eine Frechheit." Die Freien Wähler nahmen aus Protest nicht an der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe "Zukunftspaket" teil. Ihre Einsparvorschläge wollen sie nun im Finanzausschuss oder im Stadtrat machen. schet

"St. Ingbert kann nur mit geordneten Finanzen überleben."

OB Georg Jung

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