Nationaler Widerstand Zweibrücken bei Zweibrücker Volkstrauertag Rechter Kameradschaftsführer angeklagt

Zweibrücken · Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken wirft dem Verantwortlichen für den Aufzug der Kameradschaft „Nationaler Widerstand Zweibrücken“ zum Volkstrauertag 2021 am Ehrenfriedhof an der Vogelgesangstraße Verstöße gegen das Versammlungsgesetz vor.

 Unter den Augen etlicher Ordnungshüter mussten die Teilnehmer der jüngsten städtischen Volkstrauertags-Veranstaltung den Hauptfriedhof zwischen einem kleinen Spalier von Neonazis und unter deren Reichsflagge betreten.

Unter den Augen etlicher Ordnungshüter mussten die Teilnehmer der jüngsten städtischen Volkstrauertags-Veranstaltung den Hauptfriedhof zwischen einem kleinen Spalier von Neonazis und unter deren Reichsflagge betreten.

Foto: privat

Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Versammlungsgesetz muss sich Mitte August ein Kameradschaftsführer des rechtsextremistischen „Nationalen Widerstands Zweibrücken“ (NWZ) vor dem Amtsgericht Zweibrücken verantworten. Diesbezügliche Informationen unserer Zeitung hat Amtsgerichtsdirektor Klaus Biehl auf Merkur-Anfrage bestätigt.

Demnach gehe die Anklage der Staatsanwaltschaft Zweibrücken auf Vorkommnisse während der Gedenkfeier zum Volkstrauertag am 14. November 2021 auf dem Ehrenfriedhof des Hauptfriedhofs an der Vogelgesangstraße zurück. Damals hatten sich die Teilnehmer der traditionellen Gedenkfeier der Stadt Zweibrücken ihren Weg durch eine Gruppierung von etwa einem Dutzend, teilweise mit schwarzen Sturmhauben vermummten Männern und Frauen aus der rechtsextremen Szene bahnen müssen, die Reichsflaggen geschwenkt hatten.

Und als Schülerinnen des Hofenfels-Gymnasiums das israelische Volkslied „Shalom – wir wollen Frieden für alle“ anstimmten, riefen die Neonazis „Pfui!“ und „Schande!“.

Zwar habe man diese „Unmutsbekundungen“ sofort beendet, hatte damals ein Sprecher des städtischen Ordnungsamts gegenüber unserer Zeitung gesagt. Jedoch seien die anwesenden Behördenmitarbeiter nicht gegen das Zeigen der Reichsflaggen vorgegangen, um die traditionelle städtische Gedenkveranstaltung nicht noch mehr zu stören. Dennoch hatte die städtische Behörde – quasi im Nachgang – ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Teilnehmer des rechten Aufzugs „wegen Zeigen der Reichsflagge ab 1892/Flagge des ,Dritten Reichs‘ von 1933 bis 1935“ eingeleitet.

Was das Zweibrücker Ordnungsamt nun aus aktuellem Anlass noch einmal bekräftigte. Die Behörde ließ auf Merkur-Nachfrage über die städtische Pressestelle mitteilen, dass seinerzeit „gegen die teilnehmenden Personen Bußgeldbescheide (200 Euro plus 28 Euro Gebühr) erlassen“ wurden.

Allerdings seien die Bescheide „noch nicht rechtskräftig, da von den Betroffenen Einspruch eingelegt wurde. Die Bußgeldakten befinden sich zurzeit bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken zur Prüfung, ob die Einsprüche berechtigt sind beziehungsweise ein Gerichtsverfahren eröffnet wird“.

Weiter schreibt die Stadt: „Das Bußgeldverfahren gegen den Haupttäter ruht zurzeit wegen eines anhängigen Gerichtsverfahrens aufgrund der Verstöße gegen das Versammlungsgesetz am gleichen Tag (Volkstrauertag).“ Offenbar handelt es sich bei diesem „Haupttäter“ um jenen Mann, der demnächst mit dem Strafrichter des Amtsgericht Zweibrücken Bekanntschaft machen wird. Nach Informationen unserer Zeitung soll er ein Kameradschaftsführer des NWZ und damit verantwortlich für den Aufzug am Volkstrauertag 2021 sein.

Als Verstöße gegen das Versammlungsverbot könnte ihm nun angekreidet werden, dass er den Aufzug nicht „als öffentliche Versammlung unter freiem Himmel“ angemeldet hatte sowie er und seine rechten Mitstreiter damals gegen das im Versammlungsgesetz geregelte Vermummungsverbot verstießen.

Seinerzeit hatte das Nichteinschreiten von Polizei und Ordnungsamt unmittelbar nach der Gedenkveranstaltung zu Diskussionen unter Zweibrücker Stadtratsmitgliedern und einer entsprechenden Beschwerde bei der zuständigen Ordnungsdezernentin Christina Rauch (CDU) geführt. Denn bereits im Juni 2021 hatte die Innenministerkonferenz ein bundesweit einheitliches Verfahren im Umgang mit (schwarz-weiß-roten) Reichsflaggen und Reichskriegsflaggen (mit Adler und Eisernem Kreuz) beschlossen, wenn von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht. Demnach können Ordnungsbehörden und Polizei das öffentliche Zeigen dieser Fahnen unterbinden und sie sicherstellen.

Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung kann beispielsweise vorliegen, wenn diese Flaggen an einem Ort oder zu einem Datum mit historischer Symbolkraft demonstrativ gehisst oder verwendet werden. Wie also an jenem Volkstrauertag 2021 am Ehrenfriedhof in Zweibrücken. Von einer Sicherstellung der Fahnen hatten die Ordnungshüter seinerzeit jedoch abgesehen (wir berichteten).

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