Walter Schneider Als der Ostergottesdienst gerettet wurde

Wattweiler · In seinen 70 Jahren als Organist, seinen 56 Jahren als Leiter des Evangelischen Kirchenchors Wattweiler und seinen 30 Jahren als Presbyter hat Walter Schneider viel erlebt. Spektakulär ist die Geschichte, wie er zu seiner Rolle als „Dirischent“ kam.

 An seiner geliebten Orgel in der Wattweiler Kirche blüht der langjährige Kantor und Ehrenpresbyter Walter Schneider sichtlich auf.

An seiner geliebten Orgel in der Wattweiler Kirche blüht der langjährige Kantor und Ehrenpresbyter Walter Schneider sichtlich auf.

Foto: Cordula von Waldow

Fast sein gesamtes Leben lang hat Walter Schneider für die Musik in seiner Kirche gelebt. Fast jeden Sonntag spielte der gelernte Techniker im Gottesdienst die Orgel, nicht immer zur Freude seiner Familie. „Mir hat das nichts ausgemacht. Es hat mir immer Spaß gemacht“, sagt der Organist, der sich für das Foto mit strahlendem Gesicht wieder an seine Orgel setzte und die Finger behände über die Tasten gleiten ließ. Zwischendurch habe es immer wieder auch einmal Nachwuchs gegeben, der ihn für Familienfeiern oder Urlaub vertreten konnte.

An Pfingsten wurde das 84-jährige Wattweiler Urgestein von der protestantischen Kirchengemeinde Wattweiler feierlich zum Ehrenpresbyter ernannt und erhielt die Ehrenurkunde der Landeskirche, ausgestellt von Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, um sein außergewöhnliches, jahrzehntelanges Engagement zu würdigen. Dies ist die höchste Auszeichnung, die eine Gemeinde vergeben kann.

Fast 70 Jahre tat Walter Schneider als Organist Dienst an der Wattweiler Kirchenorgel. 56 Jahre lang leitete der begeisterte Organist den Kirchenchor Wattweiler, bis mit Corona und eigenen gesundheitlichen Themen das große Aus kam. 30 Jahre lang arbeitete er zudem engagiert im Presbyterium mit und kümmerte sich um eine gute Verbindung zum Ortsbeirat, dem er 15 Jahre lang vorstand.

Bereits in jungen Jahren hatte sich der Ur-Wattweilerer in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert. Aktiv beteiligte er sich damals an der Errichtung und Ausgestaltung des Jugendraums, der heute als Gemeindesaal genutzt wird. Bei Kantor Fritz Sander in Zweibrücken erlernte er das Orgelspiel und sang mit im Chor der Kantorei. Die Organistenstelle in seiner Heimatgemeinde hatte er bereits kurz nach seiner Konfirmation übernommen. Natürlich sang er im Kirchenchor, am liebsten in seiner Stimmlage, Bass. „Bei Bedarf habe ich auch mal im Tenor ausgeholfen“, erinnert er sich, doch das hohe Singen habe ihn viel mehr angestrengt.

In die Rolle des Chorleiters hat sich Walter Schneider als junger Mann quasi selbst hinein manövriert. Sein Vorgänger war sich uneins mit der Gemeinde ob seines Salärs. Als am Karfreitag des Jahres 1963, den der Kirchenchor musikalisch gestaltet hatte, der Pfarrer dessen Mitwirken auch für den Ostergottesdienst ankündigte, widersprach der Chorleiter. „Doch, wir können singen“, versprach spontan der damals 25-Jährige und rettete damit quasi die Feier des Ostergottesdienstes in seinem Heimatdorf. Walter Schneider lächelt: „Seitdem habe ich den Ton im Kirchenchor angegeben.“

Damals waren es rund 25 Frauen und Männer. Dass bis zum heutigen Tage viele von ihnen noch seinem Nachfolger Oliver Duymel die Treue halten, ist Walter Schneiders Geschick im Umgang mit den Menschen ebenso geschuldet, wie seiner geschickten, „bunt gemischten“ Liedauswahl, die neben geistlicher Musik immer auch weltliche Titel umfasste. So gestaltete der Kirchenchor neben zahllosen Tauf-, Trau- und Trauerfeiern jedes Jahr am zweiten Adventssonntag sein großes Konzert.

Die vorbereitenden Chorwochenenden an der Weinstraße oder in Bad Bergzabern gehören zu den vielen schönen Erinnerungen, auf die der „Dirischent“ heute dankbar zurückblickt. „Wir haben schon viel gesungen dort: Freitagabend, Samstagmorgen, Samstagmittag und abends auch noch einmal“, erinnert er sich. Bestand in der Anfangszeit eine enge Verbindung zu der damaligen Muttergemeinde Mimbach und dem dortigen Chor unter Leitung von Rudi Hertel, übernahm Walter Schneider mit dem Dekanatswechsel und der Zuordnung zum pfälzischen Mittelbach, mittlerweile ergänzt um Rimschweiler, die Leitung der Mittelbacher Chöre, die es heute nicht mehr gibt.

Das Engagement des dreifachen Familienvaters war nur möglich mit der wohlwollenden und oft rücksichtsvollen Unterstützung seiner Ehefrau Ingrid. Heute verbringt der Senior viel Zeit mit seinen im selben Haus lebenden Enkeltöchtern von drei und elf Jahren. Immerhin mit der Kleinen kann er, wie früher mit seinen beiden Söhnen und der Tochter, noch Kinderlieder singen. Seine eigene Musik hat der Familienvater Zeit seines Lebens zumeist außerhalb ausgelebt. Zudem widmet er sich zur Freude seiner Frau hingebungsvoll der Gartenarbeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort