Glöckner und Bilic ziehen Bilanz SPD in Feierlaune, Ernüchterung bei CDU

Zweibrücken · Am Tag nach der Wahl: Angelika Glöckner (SPD) freut sich über Erringen des Direktmandates und will in Berlin weiter Akzente in Sachen Soziales setzen. Ihr ganz knapp unterlegener Kontrahent Florian Bilic (CDU) sagt, als Neuling sei Wahlkampf schwer gewesen.

 Angelika Glöckner und ihre Genossen hatten am Sonntag beim spätabendlichen Siegertrunk im Pirmasenser Lokal „Kulisse“ gut lachen. Die Pirmasenserin gehört ein weiteres Mal dem Bundestag an.

Angelika Glöckner und ihre Genossen hatten am Sonntag beim spätabendlichen Siegertrunk im Pirmasenser Lokal „Kulisse“ gut lachen. Die Pirmasenserin gehört ein weiteres Mal dem Bundestag an.

Foto: Norbert Schwarz

Politik kann ein hartes Geschäft sein. Da investiert ein Kandidat viele Monate jede Menge Zeit und Energie in einen Wahlkampf, putzt von früh bis spät Klinken, redet sich den Mund fusselig – und ist dann am Abend des Wahltages, wenn alle Stimmzettel ausgezählt sind, vielleicht, zum Lohn, auf Wolke Sieben. Womöglich wacht er aber auch im Tal der Tränen auf.

Diese zwei Gesichter wurden auch am Sonntagabend offenbar. Angelika Glöckner (SPD) ließ in der Pirmasenser Gaststätte „Kulisse“ mit Parteifreunden die Gläser erklingen. Bei ihrem Kontrahenten Florian Bilic (CDU), der die Auszählung im Wahlkreis 210 in der Kreisverwaltung verfolgte, war hingegen Ernüchterung angesagt.

Hauchdünn hatte Glöckner das Direktmandat errungen – mit 0,3 Prozent Vorsprung gegenüber Bilic. 30,4 Prozent holte die SPD-Kandidatin, Bilic unterlag mit 30,1 Prozent.

Für Glöckner heißt es nun: Vier weitere Jahre Berlin. Passenderweise erreicht der Pfälzische Merkur die 59-Jährige am Montagnachmittag im Zug Richtung Spree.

„Ich fühle mich erleichtert. Ich freue mich“, sagte Glöckner. Es sei nicht einfach nur ein Sieg. „Das ist ein historisches Ereignis“, sagte sie. „Das ist das erste Direktmandat für die SPD in Rheinland-Pfalz seit 1998.“ Lydia Westrich hatte damals das Direktmandat errungen. Nun tut Glöckner es ihr gleich.

Nach Berlin war sie unterwegs, weil an diesem Dienstag die SPD zur Fraktionssitzung geladen hat. Und da geht es natürlich auch um die Frage der Kanzlerschaft. Olaf­­ ­ Scholz setzt auf die Ampel. Zu recht, findet Glöckner. „Für Jamaika hätte ich überhaupt kein Verständnis“, weist sie die Überlegungen von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet zurück. Glöckner ist aber „guter Dinge“, dass die Ampel Wirklichkeit werden wird. „Der Fokus der Grünen liegt auf Sozialem und Klimaschutz. Ich wüsste nicht so recht, wie das mit der CDU funktionieren soll.“ Auch mit der FDP gebe es Schnittmengen.

Glöckner sagt, sie denke, sie haben in ihrem Wahlkreis gewonnen, weil die Menschen sie inzwischen gut kennen. „Viele Gespräche“ habe sie geführt, die Menschen hätten oft gesagt: „Sie kenne ich, Sie wähle ich“, zitiert sie Bürger. In den nächsten vier Jahren will sie dort weitermachen, wo sie bislang bereits das Feld beackerte: Soziales, Digitalisierung der Schulen, bezahlbarer Wohnraum, Sicherung von Arbeitsplätzen, nennt sie einige Punkte. Der Mindestlohn müsse weiter angehoben werden, die Schulen fit für die Zukunft gemacht und der Tourismus in der Region gefördert werden.

Im Gegensatz zu Glöckner ist Florian Bilic zumindest fürs erste der Weg nach Berlin versagt. Mit einem aussichtslosen Listenplatz 15 geht es für ihn auch nicht über die Zweitstimmen an die Spree. Bei aller Enttäuschung: Bilic will kein Klagelied anstimmen. „Als neuer Kandidat ist es schwer“, sagte er. Seine Vorgängerin Anita Schäfer (die aus Altersgründen nicht mehr antrat) war im Wahlkreis bestens vernetzt und bekannt und hatte ein ums andere Mal das Direktmandat errungen.

Für Glöckner dürfte Bilic in dem vielfach eher konservativ tickenden Wahlkreis daher ein angenehmerer Gegner gewesen sein als Bilic, das ist dem 27-Jährigen bewusst.

War womöglich auch der CDU-Kanzlerkandiat Laschet und dessen nicht immer glückliches Auftreten ein Stolperstein für Bilic? „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es diesen Faktor nicht gab“, erklärt Bilic. Auch das teilweise nur bedingt harmonisch wirkende Gespann Laschet/Markus Söder (CSU) habe nicht gerade für Rückenwind gesorgt. „Das hat uns Vertrauen gekostet“, sagt er.

„Als Union haben wir die Wahlen klar verloren“, räumt Bilic unumwunden ein. Und ist gewiss: „Wir müssen jetzt einiges aufarbeiten.“

Dennoch will Bilic die Schuld für seine hauchdünne Niederlage nicht bei den Parteifreunden auf der großen Berliner Bühne suchen. Er selbst müsse eben noch an seiner Bekanntheit arbeiten, sagt der 27-Jährige, „Glöckner hatte ja auch einen Amtsbonus“, merkt er an.

Corona habe bis Juli einen echten Wahlkampf verhindert, viele Kerwe und Feste, bei denen er sonst getrommelt hätte, seien gestrichen worden. Dennoch habe er mit knapp 40 „Kaffeegesprächen“, also Diskussionen mit Bürgern an einem Kaffeetisch, für sich geworben „und viel über Social Media gemacht“. Es habe halt ganz knapp nicht sein sollen.

Er sei dennoch nicht unzufrieden, er wolle politisch weiter in der Region aktiv sein, konzentriere sich jetzt aber erst einmal wieder auf seine Unternehmensberatungstätigkeit bei der IHK. Im Wahlkampf sei er für die Dauer von zwei Monaten ohne Bezahlung freigestellt worden, jetzt werde er sich hier wieder voll einbringen.

Zur Koalitionsfrage sagte Bilic, das Naheliegende sein nun eine Ampelkoalition – schließlich seien SPD, Grüne und FDP die Parteien, die Prozente hinzugewonnen hätten.

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