Zweibrücker Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern „Manchmal braucht man nur einen kleinen Impuls“

Zweibrücken · In Erziehungsfragen oder bei Problemen in der Familie können sich Kinder und Jugendliche sowie Eltern und andere Erziehungsberechtigte in Zweibrücken an die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern wenden. Das Angebot ist kostenlos – und hat einen weiteren Vorteil, der die Hemmschwelle senkt.

 Esther Hartfelder und Christian Roland haben die Räume der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in der Poststraße 40 in Eigenregie gestaltet.

Esther Hartfelder und Christian Roland haben die Räume der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in der Poststraße 40 in Eigenregie gestaltet.

Foto: Elisabeth Heil

Eltern haben Ehekonflikte, Großeltern mischen sich in die Kindererziehung ein, Teenager durchleben Lebenskrisen, Erbschaftsstreitigkeiten lassen ganze Großfamilien auseinanderdriften und zwischendrin gehen einzelne Familienmitglieder unbemerkt unter – Familienprobleme sind keineswegs eine Seltenheit. Manche lassen sich selbst lösen, für andere braucht man Unterstützung von außen.

Diese bekommt man in Zweibrücken kostenlos bei der „Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern“ – eine Anlaufstelle für alle, die Rat suchen und etwas an ihrer Situation verändern möchten. Erfahrene und motivierte Therapeutinnen und Therapeuten helfen dabei, das Problem anzugehen und zeigen Lösungswege auf.

„Wir versuchen immer, die Perspektiven aller Beteiligter einzubeziehen. Nur so kann eine gemeinsame Lösung gelingen“, sagt Esther Hartfelder, die wie ihr Kollege Christian Roland über eine Zusatzausbildung in systemischer Beratung und Therapie verfügt. „Was viele übrigens nicht wissen: Wir gehören nicht zum Jugendamt, sondern arbeiten eigenständig in Trägerschaft der Stadt“, betont Roland, der die Beratungsstelle leitet.

Die Zahl der Klienten lag 2021 bei 260, pro Jahr kommen etwa 200 neue Fälle hinzu. Manche Klienten begleitet das Team über Monate, bei anderen reichen wenige Sitzungen oder auch nur ein Gespräch.

„Aktuell spüren wir aber schon, dass der Beratungsbedarf gestiegen ist“, erzählt Roland. Der Diplom-Psychologe spricht von einer Zuspitzung in Coronazeiten: „Die Belastungsfaktoren sind einfach mehr geworden. Man sitzt aufeinander, hat vielleicht finanzielle Sorgen oder muss mit veränderten Strukturen klarkommen. Doppelbelastung mit Job und Kindern im Homeschooling, Existenzängste, das belastet und führt irgendwann zur Überforderung. Viele unserer Klienten beschreiben es so: Es ist eh schon anstrengend und jetzt auch noch Corona.“

Grundsätzlich sind die Probleme, mit denen die Menschen in die Beratungsstelle kommen, sehr unterschiedlich. „Ein Phänomen unserer Zeit ist sicher das Thema Trennung und Scheidung“, berichtet Christian Roland. Diese Fälle hätten zugenommen, besonders dann, wenn Kinder im Spiel seien. „In der Beratung geht es vor allem darum, neue Strukturen im Umgang miteinander zu erarbeiten. Dazu muss man aber bereit sein“, weiß der Psychologe. „Elternteil können aber auch alleine kommen, um für sich eine Haltung aufzubauen.“

Auch in Erziehungsfragen suchen viele Eltern den Rat des Teams. „Eine großes Thema hier sind Erziehungsunterschiedlichkeiten innerhalb der Familie. Das ist deshalb problematisch, weil es zu Unsicherheiten und Auffälligkeiten bei Kind führen kann“, weiß Esther Hartfelder. „Oft können schon kleine Hilfestellungen das Problem lösen, einfach deshalb, weil man einen anderen Blick bekommt“, sagt sie. „Manchmal braucht es eben nur einen kleinen Impuls! Man darf übrigens auch mit kleinen Erziehungsunsicherheiten zu uns kommen“, ermutigt sie Eltern, in die Beratungsstelle zu kommen.

 Das Angebot wird in der Corona-Pandemie noch stärker nachgefragt als zuvor.

Das Angebot wird in der Corona-Pandemie noch stärker nachgefragt als zuvor.

Foto: Elisabeth Heil

Es gebe zudem auch Jugendlichen, die einen Termin vereinbaren. „Und wenn sie kommen, dann ist es meist sehr berechtigt“, betont Esther Hartfelder. „In vielen Fällen gab es vorher schon Kontakt zur Schulsozialarbeit. Das Dilemma hierbei ist, dass man für eine Lösung die Eltern mit ins Boot holen muss, die Jugendlichen aber eine Lösung ohne die Eltern suchen. Bis zu einem gewissen Grad können wir sie natürlich alleine beraten.“

Manchmal brauchen die Teenager auch einfach nur den Rat eines Experten. Weil der beste Freund oder die beste Freundin wegzieht, man Liebeskummer hat, Prüfungsangst, Lernblockaden oder einfach nicht weiß, was man nach der Schule machen soll. Hartfelder: „Wir helfen ihnen beim Sortieren ihrer Gedanken und dabei, eine Haltung zu finden. Die Tatsache, dass ich zum Beispiel nicht weiß, was ich machen will, zeigt ja im Grunde nur, dass ich Optionen haben. Das ist grundsätzlich etwas Positives.“

Jüngst begleitete Hartfelder einen jungen Mann, der seine Ausbildung abbrechen wollte und nicht wusste, wie er es seinen Eltern beibringen soll. „Hier ging es weniger um Beratung, sondern vielmehr darum, ihn zu begleiten und an seinem inneren Konflikt zu arbeiten. Das Gespräch mit den Eltern fand dann bei uns statt“, berichtet die Sozialpädagogin.

Dritte im Bunde des Beratungs-Teams ist Michèle Conrad. Sie ist für den Bereich Prävention zuständig und arbeitet eng mit Schulen, Kitas und anderen Institutionen zusammen.

Das Angebot der Beratungsstelle in Trägerschaft der Stadt ist kostenlos und wird aus öffentlichen Mitteln finanziert. Spenden sind willkommen. Seit Corona gibt es übrigens die Möglichkeit der ergänzenden Telefon- und Onlineberatung.

Kontakt und weitere Infos: Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, Poststraße 40, Erdgeschoss, Zimmer 107 und 108, 66482 Zweibrücken, Tel. (0 63 32) 871-518, -547, -546 (gerne auf den Anrufbeantworter sprechen, Rückruf erfolge zeitnah), E-Mail: erziehungsberatung@zweibruecken.de. Im Internet finden Interessierte weitere Infos zu den Angeboten der Beratungsstelle: www.zweibruecken.de/de/leben-in-zweibruecken/beratungsstelle-fuer-kinder-jugendliche-und-eltern/

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