Mainz Mit Bodenständigkeit an die Spitze

Mainz · Die SPD regiert seit drei Dekaden in Rheinland-Pfalz. Kann die CDU das ändern? Wenige Tage vor der Wahl steigt die Spannung.

 Hm, wer wird es denn nun? Malu Dreyer (SPD), die amtierende Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz. Oder doch ihr Herausforderer Christian Baldauf von der CDU. Nach aktuellen Umfragen liegt die SPD knapp vorne.

Hm, wer wird es denn nun? Malu Dreyer (SPD), die amtierende Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz. Oder doch ihr Herausforderer Christian Baldauf von der CDU. Nach aktuellen Umfragen liegt die SPD knapp vorne.

Foto: dpa

CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf will bei der Landtagswahl am 14. März Ministerpräsidentin Malu Dreyer ablösen und 30 Jahre SPD-Regierung in Rheinland-Pfalz beenden. Ein Blick auf die beiden Favoriten.

MALU DREYER

Wenn Malu Dreyer nach Trier kommt, fällt der Stress ab. „Das ist zu Hause ankommen. Auch emotional“, sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, die dort mit ihrem Ehemann Klaus Jensen (beide SPD) in einer Wohnung in der Nachbarschaft des Klosters St. Matthias lebt. „Das hier ist schon meine Heimat. Selbst wenn ich am Wochenende wahnsinnig viel arbeiten muss, ist es immer noch einmal etwas anderes, dann zu Hause zu sein.“ Sie gehe sehr gern spazieren, am liebsten am nahe gelegenen Mattheiser Weiher, an der Mosel, im Wald. „Das finde ich superschön.“

In Nicht-Corona-Zeiten gehört das Kino zu ihren Leidenschaften. „Das ist eigentlich eines unserer großen Hobbys“, sagt sie. Auch ins Theater gingen sie gern - oder einkaufen. „Samstags, wenn es irgendwie geht, in die Stadt gehen, das gehört dazu.“

Corona habe nicht nur wegen der Einschränkungen, die ja alle Bürger treffen, ihr Leben gewandelt, sagt Dreyer. Sondern auch ihren Job: „Dieses Jahr hat alles total verändert. Eigentlich gibt es gar keine Zeit mehr.“ Täglich zig Schaltkonferenzen, um sich auf allen Ebenen abzustimmen, oft von morgens früh bis abends spät. Und viele Gespräche mit Verbänden aus Gesellschaft und Wirtschaft, mit Experten, Betroffenen, Lehrern und Erzieherinnen und Erziehern. Viel Stress also.

Mit der Krankheit Multiple Sklerose (MS), die bei ihr 1995 diagnostiziert worden war, komme sie gut klar. „Ich habe auch Glück. Es ging mir ja auch schon schlechter“, sagt sie. Das sei aber Jahre her. „Ich bin so fit im Verhältnis wie man fit sein kann.“ Stress sei für sie nie kontraproduktiv gewesen. „Ich empfinde meine Aufgabe als positiven Stress. Und ich glaube, das trägt auch dazu bei, dass ich mein Leben trotzdem so leben kann.“

Was denn ein Traum in ihrem Leben wäre? „Meinen Traum haben wir uns vor zwei Jahren erfüllt. Ich wollte immer nach Tansania in die Serengeti und in den Ngorongoro-Krater“, erzählt sie. „Das war der schönste Urlaub meines Lebens. Irgendwann fahren wir noch mal hin.“ Jensen: „Da sind alle Tiere, die man sich nur vorstellen kann. Das ist eine Welt unberührt von Menschen. Das gab es vor einer Million Jahren und das wird es in einer Million Jahre noch geben.“

Wollte Dreyer schon immer Politikerin werden? „Nein, ich wollte eigentlich Ärztin werden“, sagt sie. „Ich habe das große Latinum gemacht und ein Einser-Abi, weil ich unbedingt Medizin studieren wollte“. Doch dann habe sie es sich von heute auf morgen anders überlegt - und Jura studiert. Eigentlich strebte sie ans Bundesarbeitsgericht, ihr Schwerpunkt war Arbeitsrecht. „Doch dann hat sich das anders entwickelt. Und ich habe es nie bereut.“

CHRISTIAN BALDAUF

Christian Baldauf (CDU) will Ministerpräsident werden. Seit 30 Jahren regiert dort die SPD. CDU-Mann Baldauf will das ändern. „Mein Ziel ist die Staatskanzlei.“

An diesem grauen Februartag sitzt der 53-Jährige im Büro seiner Gemeinschaftskanzlei im pfälzischen Frankenthal. Wenn der Jurist von seinen Akten aufblickt, schaut er auf ein kleines Porträt von Konrad Adenauer an der Wand. Das Mousepad auf dem Schreibtisch trägt das charakteristische Teufelslogo des 1. FC Kaiserslautern - Baldaufs Lieblingsverein und eine Herzensangelegenheit.

Auch dieser Wahlkampf ist so etwas wie Herzensangelegenheit. Ein schwieriger Wahlkampf, der in weiten Teilen im Internet ausgetragen wird. Wegen der Corona-Pandemie kann Baldauf die ihm oft zugeschriebene Stärke, auf der Straße mit den Leuten zu „babbeln“, nicht ausspielen. Ist das ein am Ende entscheidender Nachteil? Der Herausforderer wiegt den Kopf. „Das ist relativ. Sie werden nie feststellen können, ob es so oder so besser gewesen wäre. Aber natürlich ist Frau Dreyer derzeit als Ministerpräsidentin präsenter in den Medien.“

Der Weg in die Politik war Baldauf nicht vorgezeichnet: „Ich wollte ursprünglich in die Naturwissenschaften. Aber ich fand spannend, was mein Vater machte. Als Richter entschied er zum Beispiel über Entschädigungssachen für jüdische Kläger.“ Ende Dezember starb Baldaufs Vater an Corona. „Er hat uns sehr unterstützt mit den beiden Kindern.“ Baldaufs Mutter starb 2006 an Krebs. Mit seiner Familie wohnt er in Frankenthal im Elternhaus seiner Frau Martina. Sie haben zusammen zwei Kinder: Lukas (21) und Marlene (19).

In Frankenthal ist Baldauf fest verankert. Hier ist er mit seiner Schwester Beate aufgewachsen, hier war Old Shatterhand sein Held der Kindheit. Baldauf schätzt seine Herkunft aus der Pfalz. „Wer nicht weiß, wo sein Hafen ist, kommt nie an“, lautet sein Motto.

Ist diese Verwurzelung nicht im Bindestrichland Rheinland-Pfalz mit seinen unterschiedlichen Regionen ein Nachteil? Der Spitzenkandidat hört das Argument oft und hält es für falsch. Von 2006 bis 2010 war er CDU-Landeschef und Vorsitzender der Landtagsfraktion. Seitdem ist er nahezu nonstop unterwegs. „Ich kenne jeden Winkel des Landes.“

Die Politik von Helmut Kohl hatte Baldauf 1983 zum Eintritt in die CDU bewegt. Die „Geschichte mit den Spenden“ hat ihn enttäuscht. Aber er schätzt weiter das Talent seines Pfälzer Landsmanns, sich bei einem Saumagen mit Weltpolitikern an einen Tisch zu setzen und Kompromisse zu schmieden. „Das ist mir nahe. Man muss sich zusammensetzen.“

Baldauf gilt als leidenschaftlicher Radsportler und Taucher. Sein größtes Erlebnis? Bei einem Tauchausflug vor zwei Jahren in Südafrika sei ihm ein Weißer Hai ganz nahe gekommen. Seine Träume? „Ich will einmal mit meinem Sohn auf den Kilimandscharo und unbedingt die USA kennenlernen. Aber bei einem Wahlsieg muss das warten.“

(dpa)
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