Störche in Rheinland-Pfalz 2020 ein gutes Jahr für Klapperschnäbel

Bornheim · Wenn sich die Storchennester in Rheinland-Pfalz leeren und die Adebare nach Süden fliegen, bilanzieren die Betreuer die Saison. Ärger bereiten den Experten Gummibänder auf den Feldern.

 Ein Storch startet von seinem Nest im südpfälzischen Bornheim, wo vor 20 Jahren das Wiederansiedlungsprogramm PfalzStorch ins Leben gerufen wurde. In diesem Jahr ist die Zahl der Tiere erneut angestiegen. Auch in der Südwestpfalz gab es 2020 mehr Storchennester.

Ein Storch startet von seinem Nest im südpfälzischen Bornheim, wo vor 20 Jahren das Wiederansiedlungsprogramm PfalzStorch ins Leben gerufen wurde. In diesem Jahr ist die Zahl der Tiere erneut angestiegen. Auch in der Südwestpfalz gab es 2020 mehr Storchennester.

Foto: dpa/Ronald Wittek

Es ist wortwörtlich eine tierisch gute Nachricht inmitten der Corona-Krise: Die Störcheregion Rheinland-Pfalz hat ihrem Namen in diesem Jahr alle Ehre gemacht. „Die Saison verlief im Gesamtüberblick gut. Auch 2020 gab es wieder mehr Storchennester in Rheinland-Pfalz“, bilanziert Leiterin Jessica Lehmann vom Storchenzentrum in Bornheim. Von 360 Nestern in 2019 ist die Zahl den Betreuern zufolge auf 411 geklettert. „Die Storchenpopulation in Rheinland-Pfalz ist somit erneut angestiegen“, sagt Lehmann und atmet durch. Denn das Jahr hielt nicht nur gute Nachrichten parat.

Ein nass-kalter Wettereinbruch im Mai ließ viele Jungstörche in den Nestern erfrieren. „Es gab regional jedoch große Unterschiede“, erzählt die Expertin. „Während in der Südpfalz einige Regionen sehr stark betroffen waren, gab es andernorts kaum Verluste zu beklagen. So gab es im Raum Bad Dürkheim, Bad Kreuznach und Südwestpfalzkreis im Durchschnitt genauso viele Jungen pro Nest wie im Vorjahr.“

Dies werde auch an den Zahlen deutlich. „2020 wurden 588 Jungstörche gezählt, im Jahr zuvor waren es 661. Dies sind zwar weniger Junge bei mehr Nestern, aber der Einschnitt ist nicht so groß wie befürchtet.“

Der Storchenbestand in Rheinland-Pfalz galt von 1974 bis 1996 als erloschen. 1997 startete ein Wiederansiedlungsprojekt. Träger des Zentrums in der regionalen „Storchen-Hauptstadt“ Bornheim ist die vor mehr als 20 Jahren ins Leben gerufene Aktion PfalzStorch.

Nun erklingt in Bornheim und anderenorts wieder das markante Klappern der roten Schnäbel. „Der Storch gehört zur Pfalz“, meint Lehmann. Die geflügelten Sympathieträger sind ein Touristenmagnet für Bornheim - die Leute kommen aus ganz Rheinland-Pfalz, um die Adebare zu sehen.

Wohin man schaut in dem Ort mit rund 1500 Einwohnern: Auf Häusern, aber auch auf weniger stabil wirkenden Konstruktionen thronen mächtige Nester. Die Rundkonstruktion aus Zweigen wirkt wie von einem genialen Architekten entworfen. Oft ist der Bau eines neuen Brutplatzes nicht nötig, viele Störche nutzen alljährlich dasselbe Nest. Allerdings wird frisches Material ergänzt und das Nest gründlich geputzt - von Störchen und ehrenamtlichen Helfern.

Die Corona-Pandemie machte aber auch vor den Storchenbetreuern nicht Halt. „Viele Veranstaltungen fielen aus, etliche Schulprogramme wurden abgesagt, und auch eine angedachte Ferienfreizeit fand nicht statt“, schildert Lehmann. Die Beringer mussten Vorsichtsmaßnahmen treffen – häufig wurde allein oder in kleinem Rahmen beringt, wo sonst Kinder zuschauen oder Storchentaufen als Feste gefeiert werden.

Dass Bornheim bei Störchen beliebt ist, liegt auch an der Queich, einem Nebenfluss des Oberrheins. Sein Verlauf gilt als eins der vier großen Entwässerungssysteme des Pfälzerwalds. Auf den Flusswiesen finden die Frühlingsboten viel Nahrung: Frösche, Mäuse, Schnecken.

Längst aber haben sich viele der majestätischen Tiere auf den Weg ins Winterquartier gemacht. Dank kleiner Sender lässt sich ihr Weg verfolgen. Anfang November rasteten einige in Spanien und Marokko, andere landeten im mehr als 4500 Kilometer entfernten Senegal. Es sind jedoch noch nicht alle Störche aufgebrochen. In der Region registrierten Vogelbeobachter etwa am Beeder Biotop mehrere Adebare.

In Rheinland-Pfalz richten die Betreuer den Blick bereits auf das kommende Jahr. So will das Storchenzentrum den Naturschutz weiter voranbringen. „Im Gewölle von Störchen finden wir immer häufiger Gummibänder aus dem Gemüse- und Weinbau“, schildert Lehmann. Dieses Problem betreffe nicht nur den Storch, sondern auch den Menschen – etwa beim Thema Mikroplastik. „Jungstörche verenden an Plastikteilen im Magen oder verheddern sich in den Schnüren. Unser Ziel ist es, über diese Gefahren aufzuklären und so eine Sensibilisierung zu erreichen.“ Viele Landwirte würden ihre Äcker bereits sauber halten.

 ARCHIV - 16.05.2019, Rheinland-Pfalz, Bornheim: Ein Weißstorch steht in der Voliere der «Storchenscheune», einer Pflegestation der Aktion «PfalzStorch». (Zu dpa «Licht und Schatten im abgelaufenen Storchenjahr» vom 08.11.20) Foto: Uwe Anspach/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 16.05.2019, Rheinland-Pfalz, Bornheim: Ein Weißstorch steht in der Voliere der «Storchenscheune», einer Pflegestation der Aktion «PfalzStorch». (Zu dpa «Licht und Schatten im abgelaufenen Storchenjahr» vom 08.11.20) Foto: Uwe Anspach/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Uwe Anspach

Und was war für Jessica Lehmann der Höhepunkt des Jahres? „Im Mai wurde ich informiert, dass ein Jungstorch aus dem Nest geworfen und von Nachbarn geborgen worden sei“, schildert die Leiterin des Zentrums. „Als ich ihn untersuchte, schaute er mich an und begann zu klappern. Dann fauchte er“, erzählt sie noch spürbar bewegt. „Da war mir klar, dass dieser kleine Storch fit ist und überleben würde.“

(dpa)
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