Jetzt im Kino Wohlfühlfilm mit feinem Humor

✮✮✮ Neu im Kino: „Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution“ von Philippa Lowthorpe.

 Sally Alexander (li.) und Jennifer Hoston kämpfen in „Die Misswahl“ für ihre Ziele.

Sally Alexander (li.) und Jennifer Hoston kämpfen in „Die Misswahl“ für ihre Ziele.

Foto: eOne Filmverleih

Im Jahr 1970 nahm die Wahl zur „Miss World“ in der Londoner Royal Albert Hall einen ungeplanten Verlauf. Als sich die Schönheitsköniginnen aus aller Welt im Badeanzug präsentierten und der US-Komiker Bob Hope noch ein paar müde chauvinistische Witze zum Besten gab, flogen aus dem Parkett Mehlbomben auf den konsternierten Moderator. Eine Gruppe des „Women‘s Right Movement“ stürmte die Bühne, um vor 100 Millionen TV-Zuschauern gegen die sexistische Veranstaltung zu demonstrieren. Die Übertragung musste unterbrochen werden, die Aktivistinnen wurden verhaftet. Am Ende des Abends gab es eine weitere Überraschung: Zum ersten Mal in der Geschichte des Schönheitswettbewerbs wurde mit Jennifer Hosten eine Frau schwarzer Hautfarbe zur „Miss World“ gekürt.

In ihrem Film „Die Misswahl“ nimmt sich nun Regisseurin Philippa Lowthorpe des turbulenten Ereignisses an, das als Geburtsstunde der zweiten Frauenbewegung in Großbritannien gilt. Im Zentrum der Erzählung stehen drei grundverschiedene Frauenfiguren. Keira Knightley spielt die ambitionierte Historikerin Sally Alexander, die sich als Spätstudentin, Ehefrau und Mutter durch den männerdominierten Wissenschaftsbetrieb beißt. Ihr Weg kreuzt sich mit der feministischen Aktivistin Jo Robinson (Jessie Buckley), die mit nächtlichen Sprühaktionen und Demonstrationen direkt gegen die patriarchale Gesellschaft ins Feld zieht. In einem zweiten Erzählstrang widmet sich der Film den Vorbereitungen des Schönheitswettbewerbs.

Aus Grenada reist Jennifer Hoston (Gugu Mbatha-Raw) zur Misswahl an, die von einer Karriere als TV-Moderatorin träumt und mit ihrem Auftritt die mediale Ignoranz gegenüber Menschen schwarzer Hautfarbe durchbrechen will. Während Sally und Jo gegen die „Objektifizierung“ von Frauen ins Feld ziehen, kämpft Jennifer darum, überhaupt erst einmal von der Welt wahrgenommen zu werden.

Dadurch, dass Regisseurin Lowthorpe die chauvinistische Veranstaltung aus zwei grundverschiedenen Frauenperspektiven beleuchtet, entgeht „Die Misswahl“ den Fallstricken eines emanzipatorischen Heldinnengemäldes. Die beiden Erzählebenen, die sich hinter die Kulissen des kriselnden Glamour-Ereignisses und mitten hinein in die frauenbewegte Aufbruchstimmung der frühen 70er Hippie-Jahre begeben, zeichnen die Umbruchsituation der Ära treffend nach. Dabei legt Lowthorpe ihr Werk konsequent als feministischen Wohlfühl-Film an, begibt sich freudvoll in das Kuddelmuddel der historischen Ereignisse und umschifft mit feinem Humor alle Pathos-Fallen.

GB/F 2020, 107 Min.; Camera Zwo (Sb); Regie: Philippa Lowthorpe; Buch: Rebecca Frayn, Gaby Chiappe; Kamera: Zac Nicholson: Musik: Dickon Hinchliff; Besetzung: Gugu Mbatha-Raw, Keira Knightley, Greg Kinnear, Lesley Manville.

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