Landgericht verurteilt Physiotherapeuten Abrechnungsbetrug: Statt der Fango-Packung gab es nur eine Rotlicht-Behandlung

Saarbrücken · Ein Physiotherapeut aus dem Saarland hat über Jahre gegenüber den Krankenkassen zu viel abgerechnet. Deshalb wurde er jetzt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

 Zwei Versichertenkarten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK). Symbolfoto.

Zwei Versichertenkarten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK). Symbolfoto.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Wegen Abrechnungsbetrugs in 48 Fällen hat das Landgericht einen Physiotherapeuten aus dem Saarland zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt.

Der 48-Jährige hatte zuvor über seinen Verteidiger ein Geständnis abgelegt. Demnach hat er von Anfang 2011 bis Ende 2014 gegenüber verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Insgesamt soll er auf diesem Weg einen Gesamtbetrag von mehr als 100 000 Euro erlangt haben. Laut Anklageschrift setzte der Physiotherapeut mit eigener Praxis verschiedene Varianten ein, um die nicht erbrachten Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen geltend zu machen. Basis des Ganzen seien jeweils ärztliche Verordnungen für bestimmte physiotherapeutische Behandlungen gewesen. Wenn in dem entsprechenden Rezept dann beispielsweise sechs Mal Krankengymnastik oder sechs andere Anwendungen verordnet worden waren, dann ließ sich der Angeklagte die sechs Termine/Anwendungen vorab von den Patienten quittieren. Damit konnte er sie komplett gegenüber der Krankenkasse abrechnen. Aber er lieferte nicht komplett. Beispielsweise deshalb nicht, weil nach erfolgreicher Behandlung weitere Anwendungen der Patienten nicht mehr nötig waren.

In anderen Fällen rechnete der Physiotherapeut gegenüber den Kassen unter falschen Vorzeichen ab. Statt einer verordneten und berechneten Fango-Behandlung lieferte er beispielsweise nur eine (billigere) Rotlicht-Behandlung. In anderen Fällen lieferte er sogar mehr, als verordnet. Beispiel: Ein Patient kam mit einer ärztlichen Verordnung über eine Krankengymnastik, eine Massage oder eine Lymphdrainage. Aber diese Behandlung wurde gar nicht gewährt. Statt dessen kam der Patient - gegen entsprechende Zuzahlung - in den Genuss einer anderen Anwendung oder Methode, deren Kosten von den gesetzlichen Kassen eigentlich gar nicht bezahlt werden. Unter falschen Vorzeichen und auf der Basis falscher Angaben zahlten die Krankenkassen aber trotzdem. Ein klassischer Fall von Abrechnungsbetrug, bei dem auch die Patienten mit im Boot sitzen.

Das Ganze war Ende 2014 vorbei, als die Praxis des Physiotherapeuten von Ermittlern durchsucht wurde. Im Anschluss daran - so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung - habe „der Angeklagte den Weg zurück in ein rechtstreues Leben gefunden“. Er habe eine Selbstanzeige beim Finanzamt gemacht. Er habe sich mit den geschädigten Kassen in Verbindung gesetzt und bislang bereits mehr als die Hälfte des Schadens erstattet. Für den Rest sei Ratenzahlung vereinbart. Insgesamt etwas mehr als 35 Raten seien noch offen. Dies sei bei der Aussetzung der Strafe zur Bewährung berücksichtigt worden. Die Bewährungszeit betrage drei Jahre. In dieser Zeit müsse der Angeklagte weiterhin Monat für Monat 1100 Euro auf die Schadenssumme zurückzahlen. Nach Ablauf der 36 Monate sei die Schadenssumme ausgeglichen und die verhängte Strafe könne - falls der Mann nicht erneut straffällig wird - erlassen werden. Sollte der Angeklagte aber mit der Wiedergutmachung des Schadens aufhören, dann drohe ihm der Widerruf der Bewährung und ein Aufenthalt im Gefängnis. So weit das Urteil des Landgerichts Saarbrücken. Es ist noch nicht rechtskräftig.

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