Urteil in Totschlag-Prozess Mann aus dem Saarland gibt zu: Ich habe meine Mutter umgebracht

Saarbrücken · Wegen Totschlags hat das Landgericht einen Mann aus Ottweiler zur Unterbringung in der forensischen Psychiatrie verurteilt. Der 53-Jährige hatte zuvor ein Geständnis abgelegt. Danach hat er seine Mutter erstochen, weil dies eine innere Stimme von ihm verlangt habe.

 Das Landgericht in Saarbrücken.

Das Landgericht in Saarbrücken.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Rund eine Stunde lang hat ein 53 Jahre alter Mann aus Ottweiler vor dem Landgericht Saarbrücken geschildert, wie es dazu kam, dass er seine Mutter getötet hat. Dabei bestätigte er die Vorwürfe der Anklageschrift, wonach er am frühen Morgen des 24. Januar 2019 seine Mutter kurz nach dem Aufstehen in deren Schlafzimmer mit einem Messer tätlich angriff und mehr als 50 Mal zustach.

Einen objektiven Grund für die Tat gab es offenbar nicht. Der Angeklagte war an jenem Morgen nach Feststellung der Richter für sein Tun wegen paranoider Schizophrenie nicht verantwortlich. Deshalb muss er nicht ins Gefägnis sondern in die geschlosene forensische Psychiatrie für gefährliche Straftäter.

Der Angeklagte soll nach eigener Aussage an Wahnvorstellungen gelitten haben, die von ihm die Tötung der Mutter verlangten. Die 74-Jährige verblutete. Sie hatte ihren Sohn, der zuvor lange Zeit allein in Berlin gelebt hatte und dort nicht zurecht kam, im Jahr 2017 ins Saarland geholt. Hier lebten beide unter beengten Verhältnissen in der Wohnung der Rentnerin in Ottweiler. Der Angeklagte schlief auf einer Matratze im Wohnzimmer, die jeden Morgen nach dem Aufstehen wieder zurück ins Schlafzimmer der Mutter gebracht wurde.

Nach eigener Aussage leidet der 53-Jährige schon sein ganzes Leben unter Depressionen. Wann immer er eine neue Arbeit angefangen habe, sei es ihm richtig gut gegangen. Aber schon nach wenigen Stunden sei diese Euphorie verflogen und er habe sich wieder schlecht gefühlt. Über Jahre habe er sich so ständig zwischen Gelegenheitsjobs und Arbeitslosigkeit bewegt. Mehrfach sei er deshalb in ärztlicher Behandlung gewesen. Aber die Mediziner hätten ihm nicht geholfen und nur Tabletten verschrieben. Er habe sich allein gefühlt, regelmäßig Haschisch konsumiert und seine Zeit vor dem Computer verbracht.

Schließlich habe ihn seine Mutter im Jahr 2017 nach Ottweiler geholt. Dort sei er in der beengten Wohnung sehr einsam gewesen. Die 74-Jährige habe kaum gesprochen. Und nach Saarbrücken, wo es ihn sehr gut gefalle, habe er nicht ständig fahren können. Dafür habe das Geld nicht gereicht. Er habe fast nur noch vor dem Computer gesessen, Haschisch geraucht und geschlafen. Das sei schlimm gewesen. Mehrfach habe er deshalb versucht, sich mit den Tabletten oder auch mit einem Messer umzubringen. Anschließend sei er jeweils in eine psychiatrische Klinik gekommen. Danach sei er immer wieder zurück nach Ottweiler. Zuletzt sei dies Mitte Januar 2019 so gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe er schon „diese Gedanken“ gehabt.

Diese Gedanken das seien Stimmen eines Angehörigen, den er aber nicht benennen wolle. Sie würden ihm etwas vorschlagen – zum Beispiel: Eis essen zu gehen. Und wenn dann der Daumen an der linken Hand beim Dehnen knackte, dann habe er gewusst, dass es so sein soll. Auch wenn er doch eigentlich gar kein Eis essen wolle. So sei es auch an den Tagen vor der Tat gewesen. Zuerst hätten ihm die Stimmen gesagt, dass er nach London fahren solle, weil er dort einen sanften Tod haben werde. Also sei er nach London gefahren, habe dort auf der Straße geschlafen. Aber nichts sei passiert und er habe gewusst, dass er verarscht worden sei.

Am Tag vor der Bluttat hätten im die Stimmen gesagt, dass er zum Sterben in den Wald gehen solle. Also habe er das getan. Aber er sei nicht erfroren, er habe immer wärmer bekommen. Wieder verarscht. Also sei er nach Hause und habe sich hingelegt. Nach dem Wachwerden hätten ihm die Stimmen gesagt, dass er jetzt seine Mutter umbringen müsse. Also sei er zu ihr ins Schlafzimmer gegangen. Sie sei gerade aufgestanden gewesen und habe sich angezogen. Und er habe mit dem Messer immer wieder zugestochen. Er habe aber überhaupt kein Blut gesehen. Dann sei es vorbei gewesen. Und er habe plötzlich von den Stimmen gehört und gewusst, dass es „wieder Verarsche“ gewesen sei.

Daraufhin habe er die Polizei angerufen und gesagt: „Ich habe meine Mutter umgebracht. Sie liegt im Schlafzimmer.“ Vor Ort ließ er sich ohne Gegenwehr festnehmen. Anschließend wurde der Mann in die geschlossene forensische Psychiatrie für gefährliche Straftäter gebracht. Dort fühlt er sich nach eigener Aussage sehr gut. Dort werde sich richtig um ihn gekümmert.

Nach dem Urteil der Richter muss der 53-Jährige nun auf unbestimmte Zeit in der forensischen Psychiatrie bleiben. Der Angeklagte ist damit einverstanden. In seinem letzten Wort vor Verkündung des Urteils hatte er sich ausdrücklich bei den Beteiligten an dem Prozess dafür bedankt, dass sie sich in seinem Fall so viel Mühe bei der Suche nach einem gerechten Urteil geben.

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