Urteil in Frankenthal Bewährungsstrafe nach Explosion bei BASF

Frankenthal · Nach dem tödlichen Unglück in Ludwigshafen verurteilt das Landgericht Frankenthal einen Arbeiter zu drei Jahren auf Bewährung.

 Im Oktober 2016 verursachte ein Arbeiter auf dem Gelände des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen eine tödliche Explosion.

Im Oktober 2016 verursachte ein Arbeiter auf dem Gelände des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen eine tödliche Explosion.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Der 63-Jährige auf der Anklagebank wirkt gefasst und ruhig. Nur manchmal senkt sich sein Blick, als Richter Uwe Gau noch einmal die tragischen Ereignisse von vor fast drei Jahren in seiner Urteilsbegründung nachzeichnet. Am 17. Oktober 2016 schießen meterhoch die Flammen auf dem Gelände des Chemieriesen BASF in Ludwigshafen empor, es gibt Explosionen, in deren Folge 5 Menschen sterben und 44 verletzt werden. Vier der Toten waren Feuerwehrleute, der fünfte ein Matrose.

Ein Jahr Haft, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden, so lautet das Urteil des Landgerichts Frankenthal. Der Arbeiter muss also nicht ins Gefängnis, wenn er sich in dieser Zeit nichts weiter zuschulden kommen lässt. Ein Strafmaß, das nicht jeder verstehen kann. Eine Frau läuft mit Tränen in den Augen aus dem Saal. Doch Richter Gau nennt viele Gründe, die sich strafmildernd auswirken. Nicht zuletzt auch Versäumnisse bei BASF.

„Wir verstehen sehr gut, dass man völlig anderer Meinung bei der Strafzumessung sein kann“, sagt Gau in seiner mehr als einstündigen Begründung. Das Gericht habe lange nachgedacht. „Strafzumessung war selten so schwierig.“

Rückblick: Am 17. Oktober 2016 schneidet der aus Bosnien-Herzegowina stammende Arbeiter eine falsche Rohrleitung an, und die Tragödie nimmt ihren Lauf. In der Nähe der Flammen rüsten sich Feuerwehrleute für die Löscharbeiten, als es eine riesige Explosion gibt. Der Vorsitzende Richter Gau erzählt, wie die Männer großflächige schwere Verbrennungen erleiden, auch der Angeklagte. „Es bestehen keine Zweifel daran, dass der Angeklagte den Schnitt falsch gesetzt hat“, sagt Gau über die Arbeiten an der Rohrleitung an jenem Unglückstag. „Die Frage, warum es zu diesem Fehler gekommen ist, die bleiben wir schuldig.“ Der Angeklagte selbst hat nach eigener Aussage keine Erinnerungen mehr an den Unglückszeitpunkt.

Nach den Worten des Richters finden sich keine Hinweise darauf, dass mit dem Leiharbeiter auf Kosten der Sicherheit Geld gespart werden sollte. Es sei eine „spontane Gedankenlosigkeit“ gewesen. Und der Angeklagte habe selbst schwer gelitten. Durch das Feuer habe er in Flammen gestanden, sei heute arbeitsunfähig und zu 70 Prozent behindert. „Er ist kein Verbrecher, kein Krimineller. Er hat das nie und nimmer gewollt.“

Zum Abschluss der ausführlichen Begründung geht der Richter dann auch mit dem Chemieriesen BASF ins Gericht. Vorangegangene Prüfungen hätten gezeigt, dass es Lücken gegeben habe, doch sei auf diese weder durch Warnschilder hingewiesen worden, noch sei das Meldewesen bei der Feuerwehr auf eine solche Möglichkeit eingerichtet gewesen. „Bis es zu dieser Explosion kam, gingen die Feuerwehrleute von einem Routineeinsatz aus.“ Wie bedrohlich die Situation gewesen sei, habe keiner gewusst. Dies hätte jedoch im Rahmen einer Gefährdungsanalyse weitergegeben werden müssen. Sollte dies geschehen sein, so sei dies nicht an den Angeklagten weitergegeben worden.

„Allerdings können wir das an keiner Person festmachen“, sagt Gau. Deshalb gibt es bei der BASF auch keine strafrechtliche Verantwortung. Diese Mitverantwortung müsse sich aber strafmildernd auf den 63-Jährigen auswirken. „Wir halten ein Jahr für hart und angemessen.“

Die Kammer folgte mit ihrem Schuldspruch der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hatte einen Freispruch gefordert oder maximal sechs Monate Haft auf Bewährung. Für die Nebenklage, die die Eltern eines getöteten Feuerwehrmanns sowie verletzte Feuerwehrleute in dem aufwendigen Verfahren vertrat, ist der Schuldspruch sicher nicht hoch genug. Sie hatte zweieinhalb Jahre Haft für den Arbeiter gefordert.

Anwalt Alexander Klein kündigte nach dem Richterspruch denn auch an, Revision einzulegen. „Mit dem Strafmaß kann man schwer zufrieden sein, wenn der Sohn gestorben ist.“ Bei einem Punkt zeigt er sich aber bestätigt, bei der „kausalen Verantwortung der BASF“.

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