Irgendwie sind fast alle zufrieden

München. Holger Badstuber schleppte sich auf Krücken durch den Pressebereich zum Ausgang. Kreuzbandriss, erlitten in der 35. Minute beim Versuch, Mario Götze zu stoppen. Der Nationalspieler wird fünf Monate ausfallen. Respektvoll, mitfühlend standen Journalisten Spalier. Fragen erübrigten sich. Gegenüber drängte sich der Medienpulk um Roman Weidenfeller. Jede Menge Fragen

München. Holger Badstuber schleppte sich auf Krücken durch den Pressebereich zum Ausgang. Kreuzbandriss, erlitten in der 35. Minute beim Versuch, Mario Götze zu stoppen. Der Nationalspieler wird fünf Monate ausfallen. Respektvoll, mitfühlend standen Journalisten Spalier. Fragen erübrigten sich. Gegenüber drängte sich der Medienpulk um Roman Weidenfeller. Jede Menge Fragen. Mit drei Glanzparaden in den letzten fünf Minuten hatte er im Stil eines Weltklassemanns Dortmund vor der Niederlage bewahrt. Das Topspiel zwischen Bayern München und der Borussia endete am Samstag zwar ohne Entscheidung - das 1:1 durch die Tore von Toni Kroos (66. Minute) und Mario Götze (74.) hatte dennoch einen Verlierer und einen Sieger.In 203 Ländern - die Vereinten Nationen zählen 193 Mitgliedstaaten - wurde die Bundesliga-Partie übertragen. Die Erde wird sich vor Begeisterung über deutschen Spitzenfußball nicht andersherum gedreht haben. Taktik verhinderte eine Stunde lang Spektakel.

Bayern-Torwart Manuel Neuer musste in der 44. Minute den ersten Schuss auf sein Tor - von Marco Reus - abwehren. Dortmunds Schlussmann Weidenfeller fror bis zur 54. Minute, ehe Mario Mandzukic ihn erstmals zum Zupacken zwang.

Trainer sehen und beurteilen ein Spiel anders als Fans. Jupp Heynckes und Jürgen Klopp fanden es "intensiv" und "großartig". Bei zwei taktisch so gut geschulten Mannschaften, sagte Heynckes, gäbe es nur wenig Torchancen. Das Prestige stand auf dem Spiel. Für Herbstmeister München galt es, die Schmach von vier Punktspiel-Niederlagen in Folge und das 2:5 im DFB-Pokalfinale in Berlin zu tilgen. Sie sind durch das 1:1 nun wenigstens nicht zum sechsten Mal in Folge von Dortmund gedemütigt worden. "Wir werden unseren Weg weitergehen", sagte Heynckes: "Die Mannschaft ist hungrig, gierig, wieder Meister zu werden. Bis heute, diesem 15. Spieltag, haben wir gezeigt, dass wir das in diesem Jahr auch können und höchstwahrscheinlich schaffen werden." Dortmund ging es bei elf Zählern Rückstand nicht um Punkteaufholen. "Uns ging es darum, in diesem Spiel zu bestehen", sagte Klopp: "Und damit bin ich total zufrieden." Dazu verzichtete der Meistertrainer auf den üblichen Hurrastil. Er legte es darauf an, mit drei defensiven Mittelfeldspielern das Bayern-Mittelfeldspiel lahm zu legen. Kein Risiko, viel Respekt hüben und drüben.

Münchens Franck Ribéry wurde eine Stunde lang mit Dribblings und Tricks zum Alleinunterhalter für die 71 000 Zuschauer in der Münchner Arena. Brotlose Kunst, was die Effektivität betraf. Der Beifall des Publikums, das "Ribéry" skandierte, sollte das Brot des französischen Künstlers bleiben. Anders Toni Kroos. Er brachte das Kunststück fertig, nacheinander Dortmunds Innenverteidiger Mats Hummels und Neven Subotic mit Körpertäuschungen auszutanzen und mit einem Flachschuss mit links von der Strafraumgrenze ins rechte Toreck das Spektakel des bis dahin stagnierenden Spiels zu inszenieren. Danach war Klasse angesagt.

Kroos sollte nach diesem Geniestreich zur Schlüsselfigur für das 1:1 werden. Unbeteiligt, ganz allein stand er bei einem Eckball an der Strafraumgrenze herum. So, als würde er noch vor sich hin träumen von seinem Tor, ließ er Götze unbehelligt. Der konnte den Ball unbedrängt mit der Brust abfangen und mit links ins Tor dreschen.

Trotzdem hätte Kroos zum Helden werden können, hätte er in der 87. Minute nach Zuspiel des eingewechselten Mario Gomez allein vor Weidenfeller den Torwart genauso cool verladen wie beim 1:0 dessen Verteidiger. Doch Weidenfeller reagierte Klasse und freute sich nach dem Spiel im Pressebereich: "München hat es wieder nicht geschafft, uns zu schlagen." Kroos eilte schnurstracks durch die Medienzone. Er war weder Verlierer noch Sieger, sondern an diesem Abend das personifizierte Unentschieden.

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