Vernünftige Medizinstudenten

Vernünftige MedizinstudentenZu "Sitzblockade gegen Nazi-Demo", SZ vom 4. Juni, und zum Leserbrief von Doris Grieben "So macht man keine Werbung für die Stadt" vom 6./7. Juni:Ganz im Gegensatz zu Frau Grieben fällt es mir schwer, den Verantwortlichen der Stadt Homburg beim Umgang mit Nazis zu unterstellen, sie hätten nichts kapiert

Vernünftige Medizinstudenten

Zu "Sitzblockade gegen Nazi-Demo", SZ vom 4. Juni, und zum Leserbrief von Doris Grieben "So macht man keine Werbung für die Stadt" vom 6./7. Juni:

Ganz im Gegensatz zu Frau Grieben fällt es mir schwer, den Verantwortlichen der Stadt Homburg beim Umgang mit Nazis zu unterstellen, sie hätten nichts kapiert. Da man das für die Erlaubniserteilung einer Demonstration notwendige Amt nur nach einer länger dauernden Ausbildung bekleiden kann, liegt die Vermutung nahe, dass die Genehmigung kein Versehen einer Reinigungsfachkraft war. Und damit genau die Superwerbung für eine Kreisstadt mit ausgeprägtem Demokratiebewusstsein sein sollte, wie Frau Grieben sie vermisste. Nur richtet sich diese Werbung an einen ganz anderen als den von ihr angedachten Personenkreis. Nach all den Jahrzehnten mit Aktivitäten von Wehrsportgruppen, NPD-Treffen oder dem "kleinen Kessel" im letzten Jahr gehören die Hitler-Fans (innerhalb und außerhalb des Demonstrationszugs) schon zur Tradition in der Stadt Siebenpfeiffers und Wirths. Und da wollen beim aktuellen braunen Auf-, Vorbei- und Durchmarsch neben wenigen Einheimischen ausgerechnet sogar "auswärtige" Medizinstudenten den Homburgern demonstrieren, dass man sich von Nazis nicht an den (Innenstadt-)Rand drängen lassen darf? Zum ersten Mal scheint es tatsächlich ein Problem zu geben: Waren es sonst immer nur wirklichkeitsfremde rote Horden, die "immer gegen alles" waren, standen plötzlich ordentliche Medizinstudenten der vermummten Staatsgewalt gegenüber. Jugendlicher Leichtsinn? Pure Überheblichkeit studierender Intelligenz? Ein guter Geschichtslehrer? Oder ganz einfach Vernunft? Nachdenklich stimmt, dass andere Städte von Rechtsradikalen längst nicht so bevorzugt frequentiert werden. Tja, auf die Werbung kommt es an.

Jürgen Holzhauser, Kirkel

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