Start mit Eid aufs Grundgesetz

Saarbrücken. Im Dezember endete für 19 Menschen der manchmal lange Weg bis zur Einbürgerung. Am 12. Januar nahmen die 19 "Neudeutschen" ihre Einbürgerungsurkunden im Saarbrücker Rathaus entgegen - aus den Händen von Kajo Breuer, Dezernent für Umwelt, Migration und Recht

Saarbrücken. Im Dezember endete für 19 Menschen der manchmal lange Weg bis zur Einbürgerung. Am 12. Januar nahmen die 19 "Neudeutschen" ihre Einbürgerungsurkunden im Saarbrücker Rathaus entgegen - aus den Händen von Kajo Breuer, Dezernent für Umwelt, Migration und Recht. "Früher", erklärte Breuer, "holten sich die Neubürger die Urkunde im Bürgeramt im Tagesgeschäft ab." Das ändere sich nun mit dem monatlich stattfindenden Empfang im Rathaus. Das Überreichen der Einbürgerungsurkunde solle "festlicher" werden. "Der schöne Festsaal im Saarbrücker Rathaus ist die richtige Kulisse", so Breuer.Er freute sich in seiner einfühlsamen Rede, dass die 19 Geladenen nun "alle Rechte" und vor allem das Wahlrecht in Deutschland genießen. Menschen, die ein Land mitgestalten, seien nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Landeshauptstadt unverzichtbar.

Breuers Rede konnte auch als Appell verstanden werden, denn die Einbürgerungszahl in Saarbrücken geht zurück: 2009 waren es 440, 2010 nur 432 Menschen, die eingebürgert wurden. Mit 391 Einbürgerungen 2011 verzeichnet die Stadt einen weiteren Rückschritt. 2010 lebten in Saarbrücken 23 736 Ausländer. Insgesamt hatten 13,3 Prozent der Saarbrücker keinen deutschen Pass.

Hinter dem Zahlenwerk stecken immer persönliche Geschichten. Die meisten der 19 Neubürger hatten zum festlichen Empfang Familie und Freunde mitgebracht. Freudestrahlend hielten sie am Ende ihre Einbürgerungsurkunde in den Händen. Eine von ihnen war die 20-jährige Soja Kirjasi, die von ihrer Mutter begleitet wurde. Als Kirjasi das Bekenntnis "Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte" sprach, markierte der Schwur auf das Grundgesetz den ersten Schritt ihres Lebenstraums. Denn "seitdem ich denken kann, will ich Polizistin werden", sagte die gebürtige Ukrainerin und strahlte. "Deswegen musste ich unbedingt Deutsche werden."

Mit ihrem Freund teilt sich die junge Frau eine kleine Zweizimmerwohnung in Alt-Saarbrücken. Ein Mitbringsel aus ihrem Geburtsland hat sie in der Glasvitrine drapiert: Ein goldenes, üppig verziertes Kaffeeset. "Ja", schmunzelt sie, "Ukrainer stehen auf Gold und ein wenig Kitsch." Vor 16 Jahren verließen die Eltern mit ihren beiden Töchtern Odessa. "Damals war ich vier", erinnert sie sich, "mein Vater hatte in Saarbrücken Arbeit gefunden." Vor sechs Jahren besuchte sie das letzte Mal die Stadt am Schwarzen Meer.

"Ich habe da noch Tanten und Cousins", sagt sie. "Aber ich vermisse meine Geburtsstadt nicht. Ich kann mich kaum noch an das Leben dort erinnern." Überhaupt schaut Kirjasi lieber nach vorne. "Ich kann's kaum erwarten, bis ich mich im September bei der Polizei bewerben kann."

Im Moment studiert die junge Frau Mechatronik im ersten Semester an der Hochschule für Technik und Wirtschaft. "Aber das war nur die zweite Wahl. Jetzt fange ich an, Leichtathletik zu machen", sagt die zierliche Frau und winkelt wie ein Bodybuilder die Arme an und spannt den Bizeps. "Ich muss fit sein, damit ich den sportlichen Anforderungen bei der Polizei gerecht werde." Dann lacht sie, und ihr Blick streift die Einbürgerungsurkunde, die sie feinsäuberlich in einer Klarsichtfolie abgelegt hat.

Das Leben hinter der Einbürgerungsurkunde erzählt die SZ künftig in einer Porträtreihe.

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