Frankreich will Sprachenvielfalt fördern

Paris · Der erste Schritt zur Förderung von Frankreichs Regionalsprachen ist getan. Die Nationalversammlung hat einer europäischen Charta zugestimmt, die die Unterstützung von Sprachen vorsieht, die von kulturellen Minderheiten gesprochen werden. Nun müsste noch der Senat zustimmen.

Die französische Nationalversammlung will größeren Wert auf Frankreichs Regionalsprachen legen. Am 28. Januar hat sie dem Abschluss der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zugestimmt.

In Frankreich sind Dialekte und Regionalsprachen nicht so gebräuchlich wie in den deutschen Bundesländern. Nichtsdestotrotz haben Elsässisch, Baskisch, Bretonisch oder Moselfränkisch glühende Anhänger. Vor allem spielen in französischen Überseegebieten die Regionalsprachen wie Kreolisch oder die tahitianische Sprache eine große Rolle. Sie werden nicht nur als Kulturgut betrachtet, sondern gehören zum Alltag. Bisher sind 75 Regionalsprachen (Kulturministerium, letzter Stand: 1999) in Frankreich registriert, davon 54 in Übersee.

Die Charta wurde 1992 vom Europäischen Rat auf den Weg gebracht, um Regionalsprachen oder Sprachen, die von kulturellen Minderheiten gesprochen wurden, zu fördern. Die Regionalsprachen sollen vor allem im Bildungsbereich und in den öffentlich-rechtlichen Medien einen größeren Stellenwert erhalten. Lehrer sowie Fernseh- und Radiomoderatoren könnten verstärkt in Regionalsprachen geschult werden.

Bisher hatte sich Frankreich dagegen gesträubt, mit dem Argument, dass eine Förderung der regionalen Sprachen die nationale Sprache Französisch bedrohen würde und sich kulturelle Minderheiten in ihrem Unabhängigkeitsbestreben gestärkt fühlen würden - wie etwa im Baskenland oder auf Korsika. Nun soll ein Umdenken stattfinden, ohne das zentralistische Frankreich in Gefahr zu bringen.

Wie Kulturministerin Aurélie Filippetti (PS) der Zeitung "L'Express" sagte, "gehören Regionalsprachen zum französischen Kulturgut". Die Charta sieht vor, Minderheitssprachen zu schützen. Dazu gehören allerdings nicht alle Muttersprachen der Migranten in Frankreich. "Italienisch und Portugiesisch sind keine Sprachen, die gefährdet sind", sagte Filippetti weiter. Sie würden nicht von den Neuerungen betroffen sein. "Wir berücksichtigen aber Sprachen, die nirgendwo einen Status als Amtssprache haben, auch nicht in ihrem Ursprungsland. Sie sind gefährdet und wir müssen sie schützen", erklärte die Kulturministerin und meinte damit die Berbersprache, Armenisch oder Jiddisch.

Noch sind nicht alle parlamentarischen Hürden genommen. Um die Charta endgültig zu beschließen, muss die französische Verfassung geändert werden. Dafür müssen Nationalversammlung und der französische Senat gemeinsam mit einer 3/5-Mehrheit zustimmen. Das Votum in dieser Woche ist also ein erster Schritt für die Förderung der Regionalsprachen. Um das Vorhaben durchzusetzen, ist Staatspräsident François Hollande nun auf Stimmen der Opposition angewiesen.

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