Erste Hilfe in größter seelischer Not

Stennweiler/Neunkirchen. Wenn Nicole Gillmann und Andrea Leising zum Einsatz gerufen werden, sind ihre Rucksäcke fertig gepackt griffbereit. Drin liegen ein Teddy und Malstifte, Kaugummi und ein Päckchen Zigaretten, Teelichter, aber auch ein Straßenatlas und ein Verzeichnis von Hilfsorganisationen wie der Weiße Ring oder Kontaktdaten von Geistlichen

Stennweiler/Neunkirchen. Wenn Nicole Gillmann und Andrea Leising zum Einsatz gerufen werden, sind ihre Rucksäcke fertig gepackt griffbereit. Drin liegen ein Teddy und Malstifte, Kaugummi und ein Päckchen Zigaretten, Teelichter, aber auch ein Straßenatlas und ein Verzeichnis von Hilfsorganisationen wie der Weiße Ring oder Kontaktdaten von Geistlichen. Gillmann (36) und Leising (35) gehören zum Notfallseelsorge-Team im Kreis Neunkirchen. Dessen Mitglieder - Seelsorger, aber eben auch Ehrenamtliche - leisten Betroffenen "Erste Hilfe für die Seele" und unterstützen die Arbeit von Polizei und Rettungskräften. Von schweren Unfällen über Gewaltverbrechen bis Brandkatastrophen reicht das Einsatz-Szenario. Die Helfer begleiten Polizisten beispielsweise auch beim Überbringen einer Todesnachricht, knüpfen gegebenenfalls Kontakt zum Pfarrer. Zu erkennen sind die Helfer an ihrer lila Jacke mit der Aufschrift "Notfallseelsorge", dem Emblem und ihrem Namen. Gillmann erinnert sich an ihren ersten Einsatz: "Wir waren eingeladen. Dann klingelte dort mein Handy. Ich hatte Bereitschaft und stand schon die ganze Zeit unter Strom. Ich bin zitternd losgefahren." Sie kam zu einem Privathaus. Ein Ehepaar war mit dem Auto nach Hause gekommen. Kurz vor der Garage hatte die Frau einen tödlichen Herzinfarkt erlitten. "Ich habe dann mit der Familie, dem Mann und der Tochter, gesprochen. Wir haben Kaffee gekocht. Ich bin gegangen, als klar war, dass der Mann erstmal mit zu seiner Tochter geht." Da hat Nicole Gillmann längst nicht mehr gezittert. Aber kein Helfer weiß, was ihn erwartet, wenn das Handy klingelt. Qualifizierte AusbildungDie beiden Frauen aus Stennweiler - beide katholisch - sind Gründungsmitglieder dieses ökumenischen Projekts. Nicole Gillmanns Dienstausweis hat die Nummer 17255, ausgestellt am 4. September 2004. Andrea Leisings Dokument trägt die Nummer 17248, ausgestellt am selben Tag. Da fand in der evangelischen Christuskirche Neunkirchen der Entsende-Gottesdienst statt. "Helfen wollen", nennt Nicole Gillmann als Motivation für ihr Engagement. Andrea Leising hat zudem persönlich erfahren, was es heißt, in einer Ausnahmesituation alleine dazustehen. Ehrenamt in der Notfallseelsorge geht jedoch nicht nur mit gutem Willen. Eine qualifizierte Ausbildung schulte auch Gillmann und Leising: "Wie nehmen wir Kontakt am Unfallort auf? Wo dürfen wir hin und wo nicht? Wie verhalten wir uns gegenüber Angehörigen?" Auch theologischer Hintergrund kam auf dem Stundenplan: "Welche Bedürfnisse und Riten gibt es in den verschiedenen Religionen? Wie sieht jeweils der Umgang mit Tod oder Trauer aus?" Nicht immer passt ein "Vater unser".Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder des Notfallseelsorge-Teams zum Reden und Zuhören und Austauschen. Leising: "Man muss sich auch um sich selbst kümmern." Mit anderen reden, um Erlebtes zu verarbeiten. Nicole Gillmann hat sich zwischendurch mal eine Auszeit genommen: "Da war ich persönlich selbst so belastet, dass ich nicht noch anderen hätte beistehen können." Derzeit versieht sie aus anderen Gründen Innendienst und schreibt Dienstpläne: Im März erwartet die EDV-Operatorin ihr erstes Kind. Andrea Leising kam noch ohne Auszeit aus. Doch die Arzthelferin beschränkt ihre Bereitschaft auf Wochenende und Urlaub.

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