Neuer Landtagspräsident Stephan Toscani „Ich bin mit mir im Reinen“

Saarbrücken · Stephan Toscani galt lange als künftiger Regierungschef. Doch am Ende wurde er es nicht. Jetzt hat er eine neue Aufgabe gefunden.

 Stephan Toscani ließ es nicht auf einen Machtkampf um das Ministerpräsidenten-Amt ankommen. Als Landtagspräsident will der 51-Jährige nun Debatten anstoßen, „überparteilich, aber nicht unpolitisch“ sein.

Stephan Toscani ließ es nicht auf einen Machtkampf um das Ministerpräsidenten-Amt ankommen. Als Landtagspräsident will der 51-Jährige nun Debatten anstoßen, „überparteilich, aber nicht unpolitisch“ sein.

Foto: Oliver Dietze

Sechs Jahre seines Lebens hat sich Stephan Toscani mit Zins-Steuer-Quoten, strukturellen Finanzierungssalden, Ex-ante-Konjunkturkomponenten oder dem Umsatzsteuervorwegausgleich im Bund-Länder-Finanzausgleich beschäftigt. Ein sehr spezieller und extrem trockener Stoff, den man als Finanzminister mögen muss.

Jetzt, als Landtagspräsident, kann sich der CDU-Politiker mehr um die grundsätzlichen Dinge des Lebens kümmern. Nächste Woche wird er in einer Kirche in Lebach über das Thema „Einmal Jenseits und zurück“ sprechen, eine Auseinandersetzung mit Leben und Tod. Auch im Landtag will Toscani verstärkt Grundsatzfragen aufgreifen, Debatten anstoßen, Experten für aktuelle Themen wie Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz zusammenbringen und sich bei passender Gelegenheit auch selbst zu Wort melden. „Als Landtagspräsident ist man überparteilich, aber nicht unpolitisch“, sagt Toscani.

Der 51-Jährige, das merkt man schnell, versteht sein Amt aktiver als sein Vorgänger Klaus Meiser, der über die Affäre beim Landessportverband gestolpert war. Wo Meiser beim Landtag seine zahlreichen Mandate in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten sowie sonstige Ämter angeben musste, listet Toscani seine Mitgliedschaften im Kinderschutzbund St. Ingbert oder im Orchesterverein Harmonie Ormesheim. Aufsichtsratsmandate hat er nicht. „Das hier ist klar der Mittelpunkt, der mich ausfüllt“, sagt er.

Toscani hat seine Mitarbeiter in den ersten Wochen mit Aufträgen versorgt: Sie überlegen sich jetzt, wie der Landtag bürgernäher werden kann (ein Tag der offenen Tür ist geplant) oder wie Kinder und Jugendliche stärker für die Arbeit des Parlaments interessiert werden können. „Ich sprudele voller Ideen“, sagt Toscani. Er will die Kontakte des Landtags zu anderen Regionalparlamenten in der Großregion vertiefen. Ebenfalls auf der Agenda der Landtagsverwaltung: eine mögliche Verschärfung der Verhaltensregeln für die 51 Abgeordneten. „Nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden kann“, hatte Toscani in seiner Antrittsrede gesagt.

Mitarbeiter des Finanzministeriums sagen, sie hätten ihn noch nie so gelöst gesehen wie bei seiner Verabschiedung. Das ist insofern überraschend, als der CDU-Mann Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten hatte, zumindest in früheren Jahren. Als Peter Müller 2011 seinen Abschied aus der Politik bekannt gab, meldete neben Annegret Kramp-Karrenbauer auch Stephan Toscani seine Ansprüche an. Im entscheidenden Moment machte er aber einen Rückzieher und ersparte der Saar-CDU so einen Machtkampf. Wohl auch, weil er einsah, dass Kramp-Karrenbauer im Zweifel die größeren Sympathien in der Partei hatte.

Kramp-Karrenbauer engagierte Toscani daraufhin als Finanzminister. Er lieferte solides Regierungshandwerk ab, setzte alle Sparvorgaben penibel um (2019 wird das Land ohne neue Schulden auskommen) und wurde ob seiner sachlichen Art auch in der SPD geschätzt. Als Kramp-Karrenbauer am 19. Februar ihren Abschied nach Berlin ankündigte, kam trotzdem ein anderer zum Zuge: der elf Jahre jüngere und weniger bekannte CDU-Fraktionschef Tobias Hans (40). Eine faustdicke Überraschung. „Ich hätte eher auf Stephan Toscani getippt, das muss ich ehrlicherweise zugeben“, sagte zum Beispiel Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD). Vielen in der CDU ging es ähnlich.

Die Entscheidung fiel in einem Sechs-Augen-Gespräch zwischen der Regierungschefin, Hans und Toscani in der Staatskanzlei. Einzelheiten dringen bis heute nicht nach draußen, auch nicht, ob Kramp-Karrenbauer unbedingt Hans wollte. Klar ist jedenfalls: Toscani bestand nicht auf den MP-Posten und ließ es nicht auf einen Konflikt mit Hans ankommen, den er seit gemeinsamen Junge-Union-Zeiten bestens kennt.

In der Partei heißt es dazu: Es mache einen Unterschied, ob man bereit sei, ein Amt zu übernehmen, wenn man gefragt werde – oder ob man dieses Amt unbedingt wolle und dafür brenne, auch bereit sei, Privatsphäre zu opfern. Hans brannte für das MP-Amt, das war der Unterschied. Wenngleich Kramp-Karrenbauer Toscani später öffentlich bescheinigte, dass auch er „ein hervorragender Ministerpräsident wäre“. Da traf es sich gut, dass die CDU nach Klaus Meisers Rücktritt als Landtagspräsident einen seriösen und ausgleichenden Kandidaten für das protokollarisch höchste Amt im Land suchte.

Toscani sagt, er trage die Entscheidung für Tobias Hans zu 100 Prozent mit und sei der festen Überzeugung, dass der Generationenwechsel zu den 40-Jährigen richtig ist. Er selbst sagt: „Ich bin mit mir im Reinen.“

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