Theater tut Geist und Seele gut

Völklingen · Eine schwere Krankheit zwang Schreinermeister Ralf Westermann, sich neu zu erfinden. Privat hat ihn der Neustart zur Theatergruppe „Titania“ gebracht. Gerade spielt er in „Cabaret Jenseits – Schaum“.

Im denkmalgeschützten Alten Bahnhof bereichert das Völklinger Theater "Titania" das Kulturleben mit Klassikern wie "Arsen und Spitzenhäubchen" oder dem Kult-Musical "Linie 1." Nicht subventionierte Kultur lebt von großzügigen Spendern und vom Herzblut und der Zeit engagierter Privatpersonen. Schreinermeister Ralf Westermann widmete seine Zeit einem florierenden Baubetrieb, bis er 2001 durch schwere Krankheit gezwungen wurde, sich neu zu erfinden. Schon Großvater Wendelin Westermann war ein echter Holzunternehmer, mit Schreinerei und Zimmerei, Sägewerk sowie einem eigenen Gleisanschluss auf dem Firmengelände in Fürstenhausen. Ein Wald lieferte das Holz, eine Lokomotive ohne Räder, eine Art Dampfmaschine, das "Lokomobil", den Strom. Mit über 100 Mitarbeitern baute er den Dachstuhl für die Völklinger Eligiuskirche oder stellte auch mal im Staatsauftrag Buschmessergriffe her. Wendelin Westermann und seine Frau bekamen acht Kinder, vier Söhne fielen im zweiten Weltkrieg. Der jüngste Sohn, Franz Rudolf, überlebte, wollte eigentlich Zahnarzt werden und trat dann als Zimmermann doch das väterliche Erbe an. Er trennte sich vom Sägewerk und konnte 1985, als er sich zur Ruhe setzte, auf seine Söhne zählen. Ralf Westermann und sein Bruder führten die Firma an anderer Stelle weiter. In einem Neubau im Industriegebiet boten sie mit dreißig Mitarbeitern Gewerke von Fensterbau und Innenausbau bis zu Dacharbeiten an. Dann 2001 der Schicksalsschlag, die Krebsdiagnose bei Ralf Westermann verdüsterte jede Zukunftsaussicht und führte in der Enkelgeneration 2004 zum Verkauf der Firma. Ralf Westermann blieb Sachverständiger und Gutachter für das Tischlerhandwerk.

Privat bohrt der Schreinermeister, der den Krebs zwar nicht besiegt, aber doch im Griff hat, inzwischen ganz andere Bretter, nämlich die "die Welt bedeuten", gemeinsam mit seiner Frau Gaby. Beide engagieren sich sehr bei den "Titaniern". Die Theatergruppe der Volkshochschule startete vor fünfzehn Jahren. Mit "Cabaret Jenseits - Schaum" geht zurzeit die 31. Produktion auf der Bühne. Skurrile Dialoge in dadaistischer Manier, nach einem Roman von Boris Vian. Westermann spielt und singt. Die "Titanier" touren auch durch Altersheime. Wenn dort Menschen, die seit Jahren dahindämmern, durch das Programm "Palais Abendrot" lichte Momente haben, weil sie eine Melodie erkennen und darin sich selbst wiederfinden, ist das für Westermann sehr berührend. Solche Reaktionen, die Anstrengung und Konzentration, die sozialen Kontakte, der Applaus - kurz das Theaterspielen "tut dem Geist und der Seele gut", sagt er. Ist der Vorhang gefallen, setze irgendwann die Entspannung ein, dann fühle man sich "geläutert, wie frisch gebadet."

Die Vorstellung von "Cabaret Jenseits - Schaum" heute, 19.30 Uhr, ist ausverkauft. Karten gibt es noch für den 17., 18. und 23. April. Telefon (06 51) 97 90 777.



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