Ringen um gesunde Ernährung in der Schule

Völklingen. "Wir sind am Limit angekommen", sagt Heike Gerber, die täglich mit vier weiteren Kolleginnen für 60 Schüler des Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasiums frisches Essen kocht. Heute gibt es Erbsensuppe mit Wienern und knackiges Flûte dazu

 Stefanie Pabst (links) und Edith Blum bereiten auf kleinstem Raum Erbsensuppe mit Wienern für die Schüler vor. Foto: Angelika Fertsch

Stefanie Pabst (links) und Edith Blum bereiten auf kleinstem Raum Erbsensuppe mit Wienern für die Schüler vor. Foto: Angelika Fertsch

Völklingen. "Wir sind am Limit angekommen", sagt Heike Gerber, die täglich mit vier weiteren Kolleginnen für 60 Schüler des Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasiums frisches Essen kocht. Heute gibt es Erbsensuppe mit Wienern und knackiges Flûte dazu. Logistisch ist das gerade noch machbar mit dem Vier-Platten-Herd, "Wenn der Menüplan gebratenes Fleisch vorsieht und Knödel, wird's eng", sagt Edith Blum, die ebenfalls zur Küchencrew gehört. "Dann müssen wir portionsweise kochen und im Ofen warm stellen." Genau da liegt das Problem der Schule. "Wir sind eingerichtet als Schule mit Verteilerküche. Das heißt, wir sollten eigentlich beliefert werden und das fertige Essen nur weitergeben. Wir kochen aber täglich selber", erklärt Direktor Gerold Fischer. Dabei hat der Arbeitskreis Betreuende Nachbarschaftschule Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasium e. V. die Küche schon hochgerüstet. Wie spartanisch sie einmal aussah, zeigt ein Plakat im Treppenhaus: einfache Spüle, Herd, Hängeschrank, fertig. Das war im Januar 2004. Rund 10 000 Euro hat der Förderkreis seitdem investiert, berichtet die stellvertretende Vorsitzende Sabine Weißenfels. Hat vier Eisschränke gekauft, Wärmetheke, vier Kühltheken, Backöfen, Arbeitsplatten entlang der Wände installiert. Dennoch stoßen die Köchinnen immer wieder an ihre Grenze. "Wenn ab dem nächsten Schuljahr, wie erwartet, 80 bis 100 Kinder zum Essen kommen, geht das nicht mehr", sagt Sabine Weißenfels. Darum bat Schulleiter Fischer Ulf Huppert um Hilfe, den Beauftragten für das Amt des Regionalverbanddirektors. In einem Brief vom 16. Dezember vergangenen Jahres verweist er auf die neue Ganztagsklasse, die Ende August an den Start geht, und auf die zirka 100 Essen, mit "denen wir dann täglich rechnen". Und weiter: "Da unsere Erstausstattung lediglich aus einem Vier-Patten-Herd besteht, ist hier dringend eine Neuanschaffung erforderlich." Vor allem eine Dunstabzugshaube brauche die Küche, sagt Fischer, und auch die Cafeteria müsse erweitert werden und mehr Sitzgelegenheiten bekommen als die bisher 65. Die Damen in der Küche würden den Wunschzettel gerne noch um einen Dampfgarofen und ein Warmhaltegerät ergänzen. Niederschmetternd dann die Antwort aus der Landeshauptstadt. Ulf Huppert teilte am 22. Januar mit: "Leider kann ich Ihr Anliegen nicht unterstützen., der Raumbedarf für eine solche Küche, (die auf drei Briefseiten beschrieben wird) für zirka 80 Essen ist mit etwa 120 Quadratmeter zu veranschlagen. Die Kosten belaufen sich auf zirka 250 000 bis 400 000 Euro. Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass es auch an Ihrer Schule wie an vielen anderen Schulstandorten des Regionalverbandes möglich sein wird, entsprechend der vorhandenen Ausstattung eine gesunde und schmackhafte Cateringverpflegung Ihrer Schüler zu organisieren." Das will Fischer nicht gelten lassen. "Gerade jetzt, wo eine Debatte über die Qualität des Schulessens losgetreten wurde und eine Vernetzungsstelle für Einhaltung von Ernährungsstandards sorgen soll, sollen wir wieder zum Catering zurück kehren." Und weiter, so Fischer, sei die Antwort an seiner Anfrage vorbei formuliert. "Schließlich hat die Schule bereits vier Caterer ausprobiert und wegen mangelhafter Qualität die Verträge storniert." 20 000 Euro braucht er, so schätzt Fischer, um die Schulküche aufzurüsten.Regionalverband prüftAuf SZ-Nachfrage beim Regionalverband, erklärte Pressesprecher Stefan Kiefer, dass "auch frisches Essen nicht immer nur gut ist". Dann bestätigt er, dass eine Investition von 20 000 Euro finanziell zwar machbar sei. Dann verweist er aber "auf die Auflagen für professionelle Küchen, die eingehalten werden müssten, etwa bei der Ablüftung, der Fettabscheidung, der getrennten Aufbewahrung von Lebensmitteln", um nur drei Beispiele zu nennen. Dennoch will Ulf Huppert mit Fachleuten in diesen Tagen die Küche des MLK besichtigen und prüfen, ob sich doch etwas tun lässt.

HintergrundDer Arbeitskreis Betreuende Nachbarschaftsschule Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasium e.V. arbeitet mittlerweile wie ein kleines Unternehmen, beschäftigt zwölf Arbeitskräfte, die meisten auf 400-Euro-Basis, zwei Halbzeitkräfte in der Nachmittagsbetreuung und Stefanie Pabst als einziger Vollzeitkraft im fünfköpfigen Küchenteam. Sabine Weißenfels nutzt die Sommerferien, um den Jahres-Menüplan zu schreiben, "Es gibt alles querbeet, Nudeln, Reis, Fleisch und manchmal auch eine Currywurst". Sie kauft für knapp 40 000 Euro pro Jahr Lebensmittel ein. Eine Metzgerei in der Umgebung erhält zweimal wöchentlich ein Fax mit der Fleisch- und Wurstbestellung. Das Küchenteam kümmert sich nicht nur um das Mittagsessen, sondern auch um die Pausenmahlzeiten wie Schnitzelbrötchen, Pizza, Spaghetti Bolognese. Nur die Buchführung gibt Sabine Weißenfels jetzt an ein Steuerbüro ab. "Das ist mir zu heiß geworden." Der Arbeitskreis finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. afHintergrundIn nur 30 von 330 Schulen, die Mittagstisch anbieten, wird selbst gekocht. Das ergab kürzlich eine Untersuchung der Landesregierung (wir berichteten) 22 werden von Altenheimen beliefert, andere behelfen sich mit Partyservice und Caterern. Der Regionalverband will, so Gerold Fischer, die Küchen grundsätzlich als reine Verteilerküchen gestalten. Nach Auskunft des Regionalverbandes ist das Marie-Luise-Kaschnitz Gymnasium die einzige Schule, die einen Antrag auf Umrüstung ihrer Küche gestellt habe. af

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