Stadtarchiv-Chef klagt über Personalmangel

Saarbrücken · Weil die Hälfte seines Personals voraussichtlich für längere Zeit krank sei, fürchtet der Leiter des Stadtarchives Hans-Christian Herrmann, das Archiv könnte seinen Aufgaben bald nicht mehr gewachsen sein.

Das Stadtarchiv ist so etwas wie das Gedächtnis der Stadt Saarbrücken , Dokumente aus acht Jahrhunderten werden in der Deutschherrnstraße gelagert und zugänglich gemacht. Erinnerungslücken hat es nicht, der Bestand ist wohlsortiert.

Da nicht jede Urkunde, alle Zeitungen oder Bilder aufbewahrt werden können, müssen die Archivare ständig Entscheidungen treffen. Die "Aussonderung" städtischer Unterlagen, die Bewertung der "Archivwürdigkeit" ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe. 2014 kamen so 109,27 laufende Meter an Material hinzu, das in 4404 Verzeichniseinheiten archiviert wurde. Leiter Hans-Christian Herrmann erläuterte in seinem Jahresbericht vor dem Kulturausschuss der Stadt Saarbrücken jetzt im Rathaus das Kernproblem des Stadtarchivs. Die Hälfte seines Personals falle langfristig durch Krankheit aus. "Wir sind zu wenige." Durch das von den Krankenkassen getragene Krankengeld könnten zwar Lohnkosten eingespart werden, Gelder, die für die Beschäftigung von studentischen Hilfskräften genutzt werden, ohne professionelle Ausbildung seien die meisten Aufgaben aber nicht zu bewältigen. Das Stadtarchiv habe in den letzten fünf Jahren erhebliche Einsparleistungen erbracht, beim Personalabbau gebe es keinen Spielraum, teilweise Schließungen seien schon jetzt erforderlich. Um Drittmittel bemühe man sich, insbesondere Ausstellung und Buch zum 150- jährigen Bestehen der Bahnhofstraße hätten private Förderer gefunden. Das Interesse am Stadtarchiv wachse kontinuierlich. Ahnenforschung ist nur ein Gebiet, zu dem jeder Bürger im Stadtarchiv Anfragen stellen kann. Herrmann erwähnte arbeitsintensive Projekte wie die Erstellung nationaler und europäischer Rechercheplattformen, so die virtuelle Bibliothek "Europeana ".

Digitale Präsenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Wurden früher Bestände durch Feuer oder Ungezieferfraß vernichtet, zerfallen die bits and bytes ganz von alleine, und die technologische Entwicklung schreite fort ohne "Konzept für die dauerhafte Lesbarkeit elektronischer Daten". Ein generelles Problem: Wer kann heute eine floppy disc in seinen Computer schieben? Mit großem Stolz erwähnte Herrmann die Ehrung der Auszubildenden Kathrin Schmidt als Bundesbeste.

Dennoch verlange der Personalmangel, Prioritäten zu setzen, zunächst müsse verhindert werden, dass Wichtiges vernichtet werde. So blieben "Erschließungsrückstände," das heißt, die Dokumente sind gerettet, aber noch nicht wirklich verwertbar. Personal konnte der Kulturausschuss sich auch nicht aus den Rippen schneiden, und so blieb einzig die Frage, ob denn auch befähigte Senioren zum Einsatz kommen könnten.

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