Das Gedächtnis der Stadt wächst weiter

Saarbrücken · Von Franz-Josef Röders Amtszeit als Ministerpräsident erzählen rund 70 Dokumente, die neuerdings im Besitz des Saarbrücker Stadtarchivs sind. Zudem gibt es etwa 55 000 neue Fundstücke aus der deutschen Zeitgeschichte, die der Saarbrücker Fotokünstler Gerhard Heisler abgelichtet hat.

Das Saarbrücker Stadtarchiv hat im Januar dieses Jahres Dokumente aus dem Nachlass von Franz-Josef Röder (1909 bis 1979) erhalten. Das teilte der Leiter des Stadtarchivs, Hans-Christian Hermann, im Kulturausschuss des Saarbrücker Stadtrates mit.

Die rund 70 Archivalien hat Elisabeth Röder, die Tochter Röders, dem Stadtarchiv überlassen. Allerdings handelt es sich nicht um Dokumente, die neue Erkenntnisse über Röders NS-Vergangenheit gebracht und damit die Historiker besonders beschäftigt hätten.

Im Wesentlichen enthalte der Nachlass eine Vielzahl von Fotos, die in Röders Zeit als saarländischer Ministerpräsident (1959-1979) entstanden seien, erklärte Herrmann, der im Kulturausschuss über die Tätigkeiten und Pläne des Stadtarchivs im laufenden Jahr berichtete. Auch befänden sich in der Sammlung einige interessante Amtsdrucksachen und Kopien aus Akten und Dokumenten.

Laut Herrmann ist das Saarbrücker Stadtarchiv im Vergleich zu denen anderer Städte "sehr arm an Nachlässen", weshalb es stets bemüht sei, Nachlässe und Sammlungsgut einzuwerben. Sehr froh zeigte sich Herrmann daher, dass es gelungen ist, vom Saarbrücker Fotografen Gerhard Heisler (geboren 1941) einen so genannten Vorlass - eine Sammlung, die eine Person noch zu Lebzeiten einer Institution überlässt - zu übernehmen.

Der vielseitige Gerhard Heisler hat in den Jahren von 1963 bis 1966 als Fotograf der Bundesregierung viele Persönlichkeiten der Zeitgeschichte abgelichtet und später in Saarbrücken als Fotokünstler und Industriefotograf gearbeitet. Auf 55 000 Archivalien schätzt der Archivleiter Heislers Vorlass, von dem das Stadtarchiv bisher bereits 1500 erschlossen hat.

Bei der Erschließung der Fotobestände stützt sich das Stadtarchiv auch auf vier ehrenamtliche Helfer, darunter zwei Senioren und einen ehemaligen Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr, der Fotos erschließt, die er selbst in den 1960er und 1970er Jahren aufgenommen hat. Darüber hinaus konnte das Stadtarchiv laut Herrmann zwei zusätzliche Kräfte für ein Jahr über das Zentrum für Beruf und Bildung (ZBB) gewinnen. Hinzu kommt eine junge Kraft, die ihren Bundesfreiwilligendienst im Archiv leistet.

"Natürlich können wir damit nicht Personalengpässe im Bereich ausgebildeter Archivare kompensieren, aber trotzdem ist es sehr hilfreich, solche Persönlichkeiten zu gewinnen, die mit großem Interesse und Engagement unsere Arbeit unterstützen", sagte Herrmann.

Das Archiv hat derzeit - umgerechnet auf Stellen - 7,75 Mitarbeiter. Trotz dieser knappen Besetzung bemüht sich das Stadtarchiv, auch im Bereich Ausstellungen ein attraktives Programm zu bieten. Darüber hinaus leistet es historische Bildungsarbeit. Auf große Resonanz stieß laut Herrmann etwa der "Paläographische Salon", der Familienkundlern Kenntnisse in der deutschen Schrift des 18. und 19. Jahrhunderts vermittelt. Statt ursprünglich einem Kurs musste das Stadtarchiv in diesem Frühjahr drei Kurse dazu anbieten. Hermann: "Wir konnten uns vor Interessenten nicht retten."

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