Kleister und Tapete statt Sprühdose

Saarbrücken · Seine Kunst ist selten sozialkritisch. El Bocho aus Berlin versteht sich als Großstadt-Künstler. Und seine Großstadt ist romantisch. Bis Ende Februar stellt er in der Saarbrücker Galerie Neuheisel aus.

 Ein scheuer Blick in der Großstadt. Der Künstler El Bocho sprüht seine Werke nicht, sondern tapeziert sie. Fotos: Benjamin Knur/ Galerie Neuheisel

Ein scheuer Blick in der Großstadt. Der Künstler El Bocho sprüht seine Werke nicht, sondern tapeziert sie. Fotos: Benjamin Knur/ Galerie Neuheisel

 Die Werke von El Bocho werden auch außerhalb der Szene immer gefragter.

Die Werke von El Bocho werden auch außerhalb der Szene immer gefragter.

Schaulustige und Passanten bleiben neugierig vor der Galerie Neuheisel in Saarbrücken stehen und wundern sich. Ein vermummter Mann stellt sich auf den ebenerdigen Fenstersturz, kleistert blitzschnell ein Schaufenster zu und bringt in Windeseile ein Plakat mit einer überlebensgroßen, comicartigen Zeichnung eines Mädchens an. "Eigentlich hatten wir vor, einen Spaziergang durch Saarbrücken zu machen und mehrere der Zeichnungen des Berliner Urban Art Künstlers El Bocho zu plakatieren. Aber leider ist es viel zu nass und kalt", erklärt Galerist Benjamin Knur, dem mit der Ausstellung von El Bocho ein besonderer Coup gelungen ist.

Denn der Berliner Künstler, dessen Geburtsnamen er niemals verrät, ist berühmt in der Welt der Street Art und mittlerweile darüber hinaus auch in der Kunstszene. Dabei sprüht El Bocho seine Arbeiten aber nicht auf Wände. "Ich will nichts zerstören, ich will auch keinen Ärger, denn eigentlich ist meine Kunst äußerst positiv, und so soll sie auch rüberkommen", erklärt er. Daher malt er seine Kunstwerke auf Papier und klebt sie dann erst auf Wände. "Das sind immer nur temporäre Installationen", sagt er lachend, "denn der Regen wäscht sie irgendwann weg". Wobei seine aufgeklebten Zeichnungen mittlerweile auch gestohlen werden. Das zeigt die Wertschätzung der Szene - und das vollkommen zu Recht. Denn die schnellen, plakativen, großformatigen Zeichnungen von ihm sind gekonnt. Man sieht ihnen an, dass er ein Studium des Grafikdesigns abgeschlossen hat und er neben seiner Kunst auch als Illustrator arbeitet.

Die Gemälde, die in der Galerie Neuheisel zu sehen sind, erinnern dann auch an Werbeplakate. Sie sind kunterbunt, plakativ, und mit einzelnen Wörtern oder Sprüchen versehen. Meist sind junge Frauen zu sehen, deren große, runde Augen den Betrachter scheu anblicken und deren bunte Accessoires sie als echte Großstadtbewohnerinnen identifizieren. Und überraschend ist, dass sie trotz der comic-artigen Zeichensprache und den bunten Haarsträhnen zartbesaitet scheinen. "Ich bin nur ganz selten sozialkritisch in meiner Kunst", erklärt der gebürtige Frankfurter, der heute in Berlin lebt. "Es ist Großstadt-Kunst, aber für mich hat diese Großstadt auch was Romantisches". Und spätestens, wenn man sich die zwei mit Pinsel und Spachtel in herkömmlicher Weise gemalten, riesigen Porträts einer jungen Frau ansieht und daneben noch einen Holzschnitt entdeckt, erkennt man den Künstler El Bocho - jenseits der Urban Art.

"El Bocho". Ausstellung in der Galerie Neuheisel, Johannisstraße 3a. Geöffnet bis 22. Februar, Dienstag bis Freitag von 10 Uhr bis 13 Uhr und 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Samstags von 10 bis 14 Uhr.

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