Hoffen auf die Uniform

Saarbrücken · Es ist ein Novum im Saarland: Innerhalb von drei Monaten werden 30 Männer und Frauen als Hilfskräfte für den Polizeilichen Ordnungsdienst ausgebildet. Am Freitag auf dem Lehrplan: das Blitzen.

 Ralf Geisert, Chef der Verkehrspolizei, erklärt den künftigen Hilfspolizisten das Blitzen.Foto: Dietze

Ralf Geisert, Chef der Verkehrspolizei, erklärt den künftigen Hilfspolizisten das Blitzen.Foto: Dietze

Foto: Dietze

30 Frauen und Männer drängen sich am Freitag auf dem Hof der Polizei um ein Blitzgerät. Die meisten dürften die grauen Kästen höchstens aus der Perspektive des Autofahrers kennen, der nach dem Blitz kurz zusammenzuckt und innerlich flucht. Ab Juni werden sie diejenigen sein, die die Geräte aufbauen und Rasern auflauern. Sie werden derzeit zu Hilfskräften des Polizeilichen Ordnungsdienstes (POD) ausgebildet. Seit 2011 werden bei der saarländischen Polizei Stellen abgebaut - bis 2020 soll jede zehnte wegfallen. Angesichts von Terror-Gefahr und Flüchtlingskrise beschloss die Landesregierung im vergangenen Herbst, das drastische Sparprogramm abzufedern, und führte den POD ein - ein Novum im Saarland. Ersetzen sollen sie die regulären Polizeibeamten nicht, können sie nach drei Monaten Ausbildung auch gar nicht. Aber entlasten können sie sie, etwa bei Verkehrskontrollen, Abschiebungen, beim Objektschutz oder in der Landesaufnahmestelle.

Am Freitagmorgen steht auf dem Saarbrücker Wackenberg zunächst Theorie auf dem Stundenplan, unterrichtet vom Chef der Verkehrspolizei persönlich, Ralf Geisert. "Verkehrsüberwachung bedeutet nicht, dass man sich irgendwo hinstellt, abzockt und Geld verdient", sagt Geisert. Nein, es gehe darum, Unfälle zu verhindern. Dabei gilt es, einiges zu beachten, etwa bei der Aufstellung der Geräte, damit die Daten auch vor Gericht Bestand haben. 232 Stunden Ausbildung werden die Azubis am Ende hinter sich haben - reichlich Stoff, den sie bei der Prüfung parat haben müssen: vom Staatsrecht bis zum Verkehrsrecht, von der Einsatztaktik bis zur Berufsethik. Wer besteht, darf ab Juni die blaue Uniform tragen.

Unten im Hof erläutern die alten Hasen den Neuen schließlich in groben Zügen die verschiedenen Blitzer: ein Lasermessgerät, ein in den Wagen integriertes Radargerät, ein Sensormesser. In die Feinheiten der Technik werden sie später eingeweiht, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist und der erste Einsatz ansteht. Dann werden sie nochmal drei Tage intensiv geschult.

Es ist eine bunt gemischte Truppe, die sich um die Blitzer schart - vor allem jung und männlich. Doch die Altersspanne reicht von 19 bis 56 Jahre. Manche haben frisch den Schulabschluss in der Tasche, andere bereits die unterschiedlichsten Jobs hinter sich. Neun Frauen sind unter den 30 Azubis, eine von ihnen ist Karin Strauf, die in den vergangenen Jahren Hausfrau und Mutter war. Jetzt sind die Kinder groß, und die 54-Jährige will wieder ins Berufsleben einsteigen. Polizistin wollte sie eigentlich nie werden, sagt sie, aber Hilfskraft beim POD sei genau das Richtige: "Ich arbeite gerne mit Menschen." Ihre Töchter jedenfalls finden den neuen Job der Mutter "cool".

Benedikt Zewe hat "Game Programming" studiert, doch in der Computerspiele-Branche sehe es "düster" aus, sagt der 23-Jährige, kaum Jobs, schlechte Bezahlung. Deshalb nun Plan B: Polizist. Der POD ist für ihn der Einstieg, um "reinzuschnuppern" in den Beruf und zu entscheiden, ob er sich als Kommissar-Anwärter bewirbt.

Befristet für zwei Jahre sollen die Hilfskräfte eingestellt werden, bei einem Einstiegsgehalt von knapp 2200 Euro brutto. Natürlich hoffen alle, dass es danach weitergeht. Erste Signale, den POD weiterzuführen, gibt es bereits aus der Politik. Allerdings will man zunächst abwarten, ob er sich bewährt. Denn unumstritten ist er nicht. Die Opposition im Landtag hält wenig davon, fordert, stattdessen mehr Kommissar-Anwärter einzustellen. Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich bezeichnete die Hilfspolizisten gar als "leicht bewaffnete Briefträger". Schusswaffen werden sie nicht tragen, nur Handschellen und Pfefferspray zur "Eigensicherung", wie es im Beamtendeutsch heißt. Ausbildungsleiter Willy Lengler, der eigens für die Neuen aus dem Ruhestand zurückkehrte, ist jedenfalls zufrieden mit seiner Truppe: "Sie sind sehr motiviert."

Zewe und seine Kollegen ficht die Kritik wenig an. "Alles Neue wird erst mal kritisiert. Wir müssen uns eben beweisen", sagt er. Doch bevor sie dazu Gelegenheit haben, müssen sie die Prüfung bestehen. Einmal kann sie wiederholt werden, wer es beim zweiten Mal nicht packt, für den ist der Traum vom Polizeidienst ausgeträumt.

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